zwei Kinder drücken sich die Nasen an einem Fenster platt© Gins Wang / iStock / Getty Images Plus
Manchmal muss man sich einfach die Nase vor Neugier plattdrücken. Doch wer unter Morbus Osler leidet, sollte das lieber unterlassen.

Rezeptur – Mischen possible

EIN KLASSIKER GEGEN BLUTIGE NASEN: TRANEXAMSÄURE

Lea Brachwitz leitet das Rezeptur-Team der Engel Apotheke in Darmstadt. In unserer Serie „Rezeptur – Mischen possible“ gibt sie Tipps, wie Sie mit schwierigen Rezepturen umgehen können. Dieses Mal wird eine Creme gegen Nasenbluten angerührt.

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Dieses Jahr war es wieder soweit: Man durfte Feuerwerkskörper erwerben. Dementsprechend wurde viel geknallt, gefeiert und leider auch verarztet. Denn nicht jede Rakete findet ihren Weg in den Himmel, sondern landet schlimmstenfalls im Gesicht des Nachbarn.

Verletzungen zu Silvester gehören scheinbar dazu wie das Anstoßen mit Freunden und der Müll auf der Straße am Tag danach. Eine blutige „Raketen-Nase“ lässt sich in der Regel zügig stillen – vorausgesetzt es handelt sich um eine einfache Verletzung der Schleimhäute. Allerdings behaupte ich, jeder der schon mal Nasenbluten hatte, war froh, als dieses aufhörte. Manche haben vielleicht sogar sooft Blut durch die Nase gespendet, dass Gefäße verödet werden mussten.

Häufiges Nasenbluten – noch normal?

Das ist alles äußerst unangenehm, aber nichts zu dem, unter was der Kunde zu leiden hat, für den wir die nachfolgende Rezeptur hergestellt haben. Auch wenn in vielen Fällen leider immer noch keine Diagnose auf dem Rezept vermerkt ist, versteckt sie sich in diesem Fall im Namen der Rezeptur: „Morbus-Osler-Nasensalbe“.

Morbus Osler – was steckt dahinter?
Hinter hereditärer hämorrhagischer Teleangiektasie (HHT) oder Morbus Osler versteckt sich eine seltene Erbkrankheit, bei der sich krankhaft erweiterte Blutgefäße im Körper entwickeln, die durch kleinste Verletzungen anfangen zu bluten – teilweise heftig und lebensbedrohlich.

Bis jetzt gilt diese Erbkrankheit als unheilbar und kann nur symptomatisch behandelt werden. Leider manifestiert sich der genetische Fehler nicht bei allen Betroffenen gleich, sodass unterschiedliche Formen existieren. Bei unserem Kunden ist es tatsächlich „nur“ das Nasenbluten, das aber heftig und ohne Warnung eintritt, ihm sind aber auch Betroffene bekannt, bei denen der Darm oder andere inneren Organe unkontrolliert bluten können.

Morbus Osler Nasensalbe – die Rezeptur im Detail

Vielen wird der Wirkstoff bekannt vorkommen, wenn auch in einem anderen Zusammenhang.

Die Zusammensetzung lautet wie folgt:

  • Sesamöl, raffiniert: zwölf Gramm (g),
  • Vaseline, weiße: 70,5g,
  • Cetylalkohol 2,5g,
  • Tranexamsäure 100 Milligramm pro Milliliter (mg/ml) drei Ampullen,
  • Lavendelöl 0,1g.

Tranexamsäure wird üblicherweise zum Veröden von Besenreißern oder kleinen Krampfadern genutzt – andere Indikation, dennoch gleicher Wirkungsansatz: Tranexamsäure gehört zur Gruppe der Antifibrinolytika, der Wirkstoff verhindert das Auflösen von Blutgerinnseln.  Selbst in der Geburtshilfe findet er Anwendung, denn auch dort gilt es unter Umständen ausgeprägten Blutungen vorzubeugen oder sie zu schnell zum Stillstand zu bringen.

Die Herstellung

In einer ausreichend großen Fantaschale, gerne aus Glas, werden Vaseline und Cetylalkohol eingewogen. Dann wir das Ganze auf das Wasserbad gestellt und bis zu einer klaren Schmelze erwärmt. In dieser Zeit lassen sich die Abgabegefäße vorbereiten, in welche die Salbe abgefüllt werden soll. Unser Kunde bevorzugt Tuben mit Applikator.

Sind die beiden ersten Bestanteile gelöst und die Schmelze etwas abgekühlt, fügt man das Sesamöl hinzu und arbeitet es ein. Wird während dieses Prozesses die Grundlage bereits zu cremig, kann sie noch einmal vorsichtig erwärmt werden. Nun kommt die Tranexamsäure hinzu – es muss sauber und ausreichend gerührt werden, da sich ansonsten Öl- und Wasserphase voneinander abscheiden und keine homogene, verwertbare Creme entsteht. Hierfür ein kleiner Tipp: Wird der Ampulleninhalt zuvor in eine passende Spritze aufgezogen, kann einfach nach und nach Tranexamsäure ergänzt und eingearbeitet werden. Das Endergebnis sollte eine weißliche, opake Creme sein, die auch nach längerem Stehen kein Wasser abscheidet. Das zuletzt zugegebene Lavendelöl soll den leicht muffigen Geruch der Creme maskieren. Zum Schluss wird die Salbe in fünf Tuben zu je 20 Gramm abgefüllt.

Bei der Haltbarkeit und Aufbrauchfrist haben wir uns an den Empfehlungen des Universitätsklinikums Braunschweig orientiert; die Kollegen dort finden eine Haltbarkeit von zwei Monaten gerechtfertigt und die Aufbewahrung im Kühlschrank für angebracht.

Die Ärzte dort hatten zum ersten Mal diese Nasensalbe unserem Kunden verordnet.

Laut seinem Bericht verwendet er die Salbe sowohl zur Pflege, damit es erst gar nicht zu Blutungen kommt, als auch zur Behandlung von Blutungen.

Quellen: 
https://www.morbus-osler.de/de/was_ist_hht/Symptome.php
https://www.morbus-osler.de/de/
https://www.vorsorge-online.de/magazin/vorsorge-in-zahlen/details/fuenf-liter-blut-pro-minute
https://www.uniklinikum-jena.de/hno/Schlagw%C3%B6rter/Mb_+Osler+(Nasenbluten)-p-6662.html
https://flexikon.doccheck.com/de/Tranexams%C3%A4ure

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