Eine Frau macht eine Übung auf einer Yogamatte. Dabei schaut sie in ihren Laptop, daneben liegt ihr Smartphone.© shurkin_son / iStock / Getty Images Plus
Digitale Gesundheitsanwendungen gibt es zum Beispiel bei Rückenschmerzen, Diabetes oder Stress.

Digitale Gesundheitsanwendungen

WIE GUT UND WEM HELFEN DIGA-APPS?

Digitale Gesundheitsanwendungen gibt es als App oder im Internet. Ärzt*innen können sie verordnen, die Krankenkassen die Kosten übernehmen. Überraschend ist, wer die Angebote nutzt.

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Ob Selbsthilfeprogramme im Internet für Menschen mit Depression oder Apps für Übergewichtige: Digitale Gesundheitsanwendungen boomen auch in Hessen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat zahlreiche Angebote dieser Art zertifiziert, etwa für Multiple Sklerose oder Brustkrebs, Tinnitus oder Migräne. Die Krankenkassen sehen das überwiegend positiv und auch Ärzt*innen finden, dass es sich um sinnvolle Ergänzungen handelt.

Die AOK Hessen etwa berichtet von steigender Nachfrage: Seit es dort die sogenannten Apps auf Rezept gibt, gingen mehr als 2400 Anträge ein. Am häufigsten wurde eine App zur Therapie von Rückenschmerzen nachgefragt. „Insgesamt sind rund 91 Prozent der Anträge bewilligt und nur 9 Prozent abgelehnt worden“, berichtete ein AOK-Sprecher. Abgelehnt wurden sie etwa dann, wenn eine beantragte App nicht zugelassen war. „Bislang fielen Kosten in Höhe von rund 680 000 Euro für die hessische Gesundheitskasse an.“

Was genau sind nochmal DiGA?

Möglich sind solche Anwendungen seit Ende 2019. Damals trat das Digitale-Versorgung-Gesetz in Kraft. Das BfArM führt eine Liste, welche Anwendungen auf Rezept erhältlich sind. Zuletzt standen 45 Anwendungen im Verzeichnis.

Sie kosten zum Teil mehrere Hundert Euro, die die Kasse übernimmt, wenn ein Arzt sie verschreibt oder die Versicherten eine entsprechende Diagnose nachweisen können.

Was sagen die Anwender*innen?

Die Nutzer*innen bewerten die digitalen Gesundheitsanwendungen überwiegend positiv, wie eine bundesweite Online-Befragung unter mehr als 2600 AOK-Versicherten ergab, die eine App auf Rezept bekommen hatten. 58 Prozent bewerteten die Nutzung als sinnvolle Ergänzung zu ihrer Therapie.

Als größten Vorteil sahen sie, dass sie sich die Behandlung mit einer digitalen Gesundheitsanwendung zeitlich flexibel einteilen können.

40 Prozent gaben an, dass ihnen die Anwendung geholfen habe, ihre Erkrankung besser in den Griff zu bekommen.
Allerdings würden nur 38 Prozent Freunden oder Bekannten mit vergleichbarer Diagnose die Methode weiterempfehlen.
Knapp ein Fünftel der Befragten hatte Probleme bei der Umsetzung der digitalen Therapieinhalte, weitere 28 Prozent gaben an, sie hätten teilweise Probleme gehabt.
Für 15 Prozent der Versicherten passten die Inhalte nicht zu ihrer individuellen Krankheitssituation.

Die Techniker Krankenkasse (TK) findet solche Angebote grundsätzlich gut. „Digitale Gesundheitsanwendungen helfen Patientinnen und Patienten, ihre Erkrankungen zu überwachen und zu begleiten“, sagt die Leiterin der TK-Landesvertretung in Hessen, Barbara Voß, betont aber auch: „Wir sehen aber Optimierungsbedarf.“

Die TK hat seit Oktober 2020 bundesweit rund 61 150 Freischaltcodes an Versicherte ausgegeben. Die Top drei waren Angebote gegen Rückenschmerzen, Tinnitus und Adipositas. Angesichts der Neuheit des Themas liege die Nachfrage „im erwartbaren Rahmen“, sagte Voß.

Problem: Fehlende Studien

Hersteller müssen den Nutzen der Apps mit Studien belegen - aber die meisten legen laut TK zum Start keine Beweise vor. Sie dürfen das Angebot dann „zur Erprobung“ anbieten, müssen dann aber innerhalb eines Jahres den Nutzen nachweisen. Bei vielen gelinge das nicht, so dass Krankenkassen auch schon Kosten für Apps ohne belegten Nutzen erstatten mussten, wie Voß beklagt.

Wer nutzt DiGA?

Auffällig ist, dass weder junge Menschen, die mit der Digitalisierung vertrauter sind, noch Männer, die angeblich eine höhere Affinität zu Technik haben, zu den Hauptnutzern gehören. Eine TK-Auswertung ergab vielmehr, dass 67 Prozent Frauen waren und die stärkste Altersgruppe die der 50- bis 60-Jährigen ist. Als Grund vermutet die TK, dass jüngeren Menschen Apps tendenziell seltener verschrieben werden, weil sie einfach seltener krank sind.

Was denken die verordnenden Ärzt*innen?

Auch hessische Ärzt*innen finden solche Angebote gut: Sie könnten Ärzte unter anderem dabei unterstützen, Patienten bei der Therapie von Krankheiten zu begleiten, einzelne Fragen zu beantworten oder gegebenenfalls Symptome einzuordnen, sagt eine Sprecherin der Landesärztekammer.

So könnten sie zum Beispiel Mediziner anhand von Fotos dabei unterstützen, Hautkrankheiten zu erkennen. Apps seien „eine sinnvolle Ergänzung zu diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen“, dürften aber «keinesfalls den Arztbesuch ersetzen».

Quelle: dpa

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