Frau liegt im Bett hat die Hände vor dem Gesicht und vor ihr steht ein Wecker© Tero Vesalainen / iStock / Getty Images Plus
Das Fibromyalgie-Syndrom (FMS) tritt meistens vermehrt bei Frauen zwischen dem 40. Und 60. Lebensjahr auf. Zu den Symptomen zählen Müdigkeit, Schlaflosigkeit oder Erschöpfung mit oder ohne Magen-Darm-Beschwerden und Depressionen.

Fibromyalgie-Syndrom

NEUE ERKENNTNISSE, ABER KEINE NEUEN ARZNEIMITTEL

Schmerzen, Erschöpfung, Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden – das Fibromyalgie-Syndrom (FMS) gilt als schwer greifbar und ist immer noch eine Ausschlussdiagnose. Nach neuen Therapieansätzen wird händeringend gesucht.

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Zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr tritt die Krankheit typischerweise auf, vermehrt bei Frauen. Rund drei Prozent der deutschen Bevölkerung leidet unter den unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Schlafstörungen oder Erschöpfung mit oder ohne Magen-Darm-Beschwerden und Depressionen. Leitsymptom stellen Schmerzen dar, die in mehreren Körperbereichen auftreten können, entweder lokal, wandernd oder überall – und das für mindestens drei Monate.

„Letztlich ist das FMS jedoch eine Ausschlussdiagnose – die Verdachtsdiagnose wird also erst dann gestellt, wenn andere Ursachen für die beobachteten Beschwerden ausgeschlossen wurden“, sagte Professor Dr. Nurcan Üçeyler, Oberärztin an der Neurologischen Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum Würzburg auf einer Pressekonferenz des diesjährigen Deutschen Schmerzkongresses. Ihre Arbeitsgruppe gehörte 2013 zu den ersten, die das Syndrom körperlich nachweisen konnte. Denn Schäden oder Entzündungen an den Bereichen, an denen die Schmerzen empfunden werden, gibt es nicht. Daher wurden die Beschwerden lange als psychosomatische Störung betrachtet. 
 

Neue Erkenntnisse zur Pathophysiologie

„Wir konnten damals bei einem Teil der Betroffenen eine Störung der kleinen, schmerzleitenden Nervenfasern (Small Fibers) außerhalb des zentralen Nervensystems nachweisen, was wir Small-Fiber-Pathologie nennen“, berichtet Üçeyler. So ließen sich eine reduzierte Sensibilität, Missempfindungen und übersteigerte Schmerzwahrnehmung erklären. Diese Störung ist auch als Langzeitfolge eines Diabetes mellitus bekannt. 
Seither wird man Stück für Stück schlauer, auch wenn es nur bei Teilen der FMS-Patienten der Fall ist. Beispielsweise fanden sich Antikörper gegen körpereigene Strukturen im Blut, sowie veränderte Mengen oder Aktivitäten von Zellen und Botenstoffen. Dies lässt auf ein autoimmunes Geschehen vermuten. „Diese Erkenntnisse könnten uns helfen, mögliche Untergruppen des vielfältigen Krankheitsbildes FMS zu identifizieren“, sagte Üçeyler. Die „eine“ Ursache werde es wohl aber nicht geben, eher ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren.
 

Neue S3-Leitlinie, aber wenig neues zur Therapie

„An erster Stelle stehen nicht Medikamente gegen die Schmerzen, sondern die Aufklärung über das Krankheitsbild und der Umgang damit“, sagt Üçeyler. Körperliche Aktivität, Ausdauer- oder Krafttraining, Gymnastik, Stretching oder Wärmetherapie, zusammen mit einer kognitiven Verhaltenstherapie werden auch in der neuen Leitlinie, die im kommenden Jahr erscheinen soll, vorrangig Therapie bleiben. Medikamentöse Behandlungen bleiben reiner off label-use: Duloxtin, Pregabalin oder Amitriptylin sowie Schmerzmittel kommen aktuell zum Einsatz. Zulassungen seien hier in naher Zukunft nicht zu erwarten, sagt Üçeyler. Die Ärztin sieht deren Einsatz kritisch und empfiehlt einen zeitlich begrenzten Einsatz in niedriger Dosis. Die Hoffnung bleibt bestehen, irgendwann auf spezifische FMS-Medikamente zurückgreifen zu können.

Quelle: Pharmazeutische Zeitung
 

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