Ein Mann liegt im Dunkeln im Bett und schaut auf sein Smartphone. Das Display leuchtet ihm ins Gesicht.© Cristian Blázquez Martínez / iStock / Getty Images Plus
Der Nachtmodus unserer Smartphones wirkt gelber und weniger blau - aber beeinflusst die Lichtfarbe wirklich unseren Schlaf?

Schlafstudie

DAS MÄRCHEN VON DER INNEREN UHR, BLAUEM UND GELBEM LICHT

Licht am Abend ist schlecht für den Schlaf. Und angeblich spielt es auch eine Rolle, welche Farbe das Licht hat. Forschende haben sich des Themas nun angenommen: Wie wirken sich verschiedene Lichtfarben auf unsere Müdigkeit und unseren Schlafrhythmus aus? So viel vorweg: Anders als gedacht.

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Wenn es am Abend dunkel wird, schüttet die Zirbeldrüse im Gehirn automatisch Melatonin aus. Wir werden müde. Licht unterdrückt diesen Prozess, indem es die Ganglienzellen in der Netzhaut des Auges aktiviert. Die senden dann Signale ans Gehirn, die uns auf Tagesaktivität einstellen.

Besonders stark reagieren diese Zellen auf kurzwelliges Licht mit einer Wellenlänge von etwa 490 Nanometern. Diese Wellenlänge nehmen wir mit Hilfe unserer auf Farben spezialisierten Sehzellen, den Zapfen, als blau wahr. Man rätselte jedoch schon lange: Spielt die Farbe des Lichtes eine Rolle?

Licht und innere Uhr

Was bei Mäusen funktioniert, gilt anscheinend nicht unbedingt für Menschen. Bei den Nagern beeinflusst die Lichtfarbe die innere Uhr. Bislang nahmen wir an, dass das auch für uns gilt – dass blaues Licht uns stärker wach mache als gelbes. Tatsächlich scheint die Lichtfarbe aber keinen Einfluss auf den Schlaf zu haben. Viel wichtiger ist die Intensität.

Fokus auf die Ganglienzellen

Dr. Christine Blume von der Uni Basel fand heraus: „Die lichtempfindlichen Ganglienzellen werden nicht nur selbst durch Licht aktiviert, sondern erhalten zusätzlich auch Informationen von den Zapfen“, erklärt sie. „Daher kann man sich fragen, ob die Zapfen und damit auch die Farbe ebenfalls eine Rolle für die innere Uhr spielen.“

In einer Studie setzte ihr Team Testpersonen am späten Abend eine Stunde lang blauem, gelbem oder als Kontrolle weißem Licht aus. Dabei schuf das Team für die Probanden verschiedene Lichtbedingungen, die diese an mehreren Tagen in unterschiedlicher Reihenfolge durchliefen.

Vor, während und nach der Lichtexposition füllten die Probanden jeweils Fragebögen zu ihrer Müdigkeit aus und absolvierten Tests zur Reaktionsfähigkeit. Außerdem wurden anhand von Speichelproben die Melatonin-Konzentration gemessen, per Elektroenzephalogramm (EEG) die Hirnströme erfasst und im Schlaflabor überwacht, wie lange die Testpersonen zum Einschlafen brauchten und wie tief sie schliefen.

Blau oder gelb? Auf die Lichtstärke kommt es an!

„Wir fanden keine Belege dafür, dass die Variation der Lichtfarbe entlang einer Blau-Gelb-Dimension eine relevante Rolle für die menschliche innere Uhr oder den Schlaf spielt“, fasst Schlafforscherin Blume die Ergebnisse zusammen. Ein ähnlicher Versuch mit Mäusen hatte anderes ergeben – da wirkte gelbes Licht stärker als blaues. Blume schlussfolgert: „Unsere Resultate stützen vielmehr die Ergebnisse vieler anderer Studien, dass die lichtempfindlichen Ganglienzellen die größte Bedeutung für die innere Uhr des Menschen haben.“

Zugegeben, die Probandenanzahl war bei diesem Versuch begrenzt. Dennoch liefert er Hinweise für schlaffreundliche Lichtkonzepte in Innenräumen oder auch bei Smartphones, Tablets und Co.: Man sollte einfach die lichtempfindlichen Ganglienzellen beachten, und die reagieren wohl eher auf die Stärke denn auf die Farbe des Lichts.

Viele Smartphones haben einen Nachtmodus, bei dem der Anteil des kurzwelligen Lichtes reduziert wird. Dabei verschieben sich die Farben auf dem Display ins Gelbliche. Laut Blumes Erkenntnissen ist die Farbverschiebung jedoch nicht maßgeblich: „Unsere Studie deutet darauf hin, dass etwaige Effekte des Nachtmodus darauf beruhen, dass die Aktivierung der Ganglienzellen verringert wird.“ Also: Man könnte vor dem Einschlafen auch den Anteil des kurzwelligen Lichtes reduzieren ohne dabei die Farbe zu wechseln.

Quelle: Wissenschaft.de

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