Tiere in der Apotheke
ATOPISCHE DERMATITIS BEI KATZEN
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Vor allem junge Katzen sind prädisponiert für Atopie, die meisten zeigen innerhalb der ersten drei Lebensjahre klinische Anzeichen einer Allergie. Meist nach wiederholter Exposition gegenüber saisonalen und nichtsaisonalen Allergenen aus der Innen- und/oder Außenumgebung, wie zum Beispiel Hausstaubmilben, Pollen oder Pilzsporen. Bei etwa 22 Prozent der atopischen Katzen können jedoch auch erst nach dem siebten Lebensjahr allergische Reaktionen auftreten.
Hauptsymptom Pruritus Es gibt kein eindeutiges Bild des typischen Katzenatopikers. Meist äußerst sich eine allergische Hauterkrankung durch chronischen Juckreiz. Dieser kann lokal, vor allem an Kopf, Ohren und Nacken, oder generalisiert sein. Juckreiz und kutane Läsionen können saisonal oder nichtsaisonal auftreten, abhängig von den Allergenen, die sie verursachen. Bedingt durch den starken Juckreiz können sich Katzen mit ihren spitzen Krallen selbst Läsionen zufügen, die durch ausgedehnte und großflächige Krusten, Papeln und Alopezie vor allem im Kopf- und Halsbereich gekennzeichnet sind.
Atopische Katzen können zudem unter felinem Asthma leiden. Dabei handelt es sich um eine Atemwegserkrankung mit rezidivierenden Episoden von Husten, keuchendem Atem und Dyspnoe. Ebenso werden bei atopischen Katzen häufig sekundäre Hautinfektionen, Seborrhoe, Pyodermien und eine Malassezia-Dermatitis beobachtet. Denn bei einer Atopie ist die Hautbarriere defekt, sodass die Haut durchlässiger für Allergene, Bakterien und Hefepilze ist.
Jucken oder Putzen? Es kommt vor, dass sich Katzen nur lecken oder kratzen, wenn sie unbeobachtet sind; daher bemerkt der Tierbesitzer den Juckreiz nicht. Auch kann sich Juckreiz nur in starkem Putzverhalten äußern: So können die Hautläsionen durch das intensive Belecken mit der rauen Zunge hervorgerufen werden und zu einer bilateralen symmetrischen Alopezie führen, was vor allem in der Bauchregion beobachtet wird. Diese kann fälschlicherweise als psychogene Alopezie interpretiert werden, die die atopische Dermatitis verschleiert.
Ausschluss zahlreicher Differenzialdiagnosen Die Liste der Differenzialdiagnosen der atopischen Dermatitis ist lang. So müssen neben der selbst herbeigeführten psychogenen Alopezie unter anderem Flohspeichelallergie, Ektoparasitenbefall, Futtermittelunverträglichkeiten, Insektenstiche und Dermatophytosen als Ursache für den Juckreiz und die Läsionen an Kopf, Hals und Nacken in Betracht gezogen werden. Bei Krusten im Gesicht und an den Ohren müssen Autoimmunerkrankungen wie Pemphigus foliaceus und Lupus erythematodes ausgeschlossen werden.
Rezidivierende Otitis externa, miliäre Dermatitis und eosinophile Granulom-Komplex-Läsionen sind weitere Erscheinungsbilder, die mit feliner Atopie in Verbindung gebracht werden. Viele Allergene können mittels eines Allergietests festgestellt werden. So kann mit einem Intradermaltest die Reaktion auf verschiedene injizierte Allergene untersucht werden. Außerdem können Allergen-spezifische Antikörper in einer Blutuntersuchung gemessen werden.
Es gibt jedoch keinen Test, mit dem eine Atopie bei Katzen zuverlässig und eindeutig nachgewiesen werden kann. Die diagnostische Abklärung ist meistens langwierig und umfasst in der Regel eine zwei- bis dreimonatige Eliminationsdiät, eine Flohprophylaxe – aller im Haus lebenden Tiere – für mindestens vier bis sechs Wochen, die Behandlung von Sekundärinfektionen und eine mykologische Untersuchung.
Eingedampft
Katzen mit atopischer Dermatitis leiden vor allem unter starkem Juckreiz. Kratzen sie sich oder putzen sie sich intensiv, können Hautläsionen und Fellverlust die Folge sein. Atopische Katzen können auch Asthma oder Allergien haben, wobei Allergietests bei Katzen langwierig sind. Therapiert wird die atopische Dermatitis bei Katzen mit Corticoiden, Ciclosporin, Antihistaminika, einer allergenspezifischen Immuntherapie und off-label mit Oclacitinib.
Behandlung der Atopie Je nach Schwere der Erkrankung, der Compliance und dem Gesundheitszustand der Katze wird ein individueller Behandlungsplan erstellt. Eine symptomatische Behandlung mit Glucocorticoiden oder Cyclosporin ist hilfreich, um den Juckreiz rasch zu lindern und dadurch die Lebensqualität zu verbessern. Da Katzen von Natur aus einen hohen Cortisonspiegel haben und bei ihnen deshalb seltener Glucocorticoid-induzierte Nebenwirkungen auftreten, wird diese Therapieform häufiger eingesetzt als beispielsweise bei Hunden.
Dennoch erfordert eine langfristige Corticoid-Therapie eine kontinuierliche Überwachung sowie eine Aufklärung des Tierbesitzers über mögliche unerwünschte Begleiterscheinungen. Grundsätzlich sollte eine Behandlung mit Corticosteroiden nur so lange wie nötig und in der niedrigst möglichen Dosis durchgeführt werden. Vom Einsatz eines Langzeitcortisons wird heute abgeraten, da dies lebensbedrohliche kardiale Auswirkungen haben kann. Weitere systemische Nebenwirkungen sind Diabetes und Harnwegsinfektionen.
Eine Dauertherapie darf niemals einfach beendet werden, sondern die Cortisondosis muss über mehrere Wochen bis Monate langsam reduziert werden. Ciclosporin kann besonders hilfreich für Katzen mit allergischen Hauterkrankungen sein, die Glucocorticoide nicht vertragen oder bei denen Diabetes diagnostiziert wurde. Antihistaminika oder Nahrungsergänzungsmittel mit essenziellen Fettsäuren wirken zwar juckreizlindernd, aber meist reichen diese Maßnahmen allein nicht aus.
Für den Wirkstoff Oclacitinib fehlen Langzeitstudien beziehungsweise Studien mit einer großen Anzahl atopischer Katzen, die damit behandelt werden. Die Anwendung bei Katzen ist daher noch off-label. Die allergenspezifische Immuntherapie (ASIT) ist eine Langzeitbehandlung, die als sicher und mit einer Erfolgsrate von 50 bis 75 Prozent als wirksam gilt. Eine klinische Besserung tritt in der Regel innerhalb von drei bis acht Monaten ein.
Prognose Die Prognose ist bei den meisten Katzen mit atopischer Dermatitis gut, wenn eine weitestgehende Allergenvermeidung möglich ist und/oder eine deutliche Linderung des Pruritus durch die Therapiemaßnahmen erzielt wird. In der Regel ist eine lebenslange Therapie erforderlich.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 05/2022 ab Seite 106.
Dr. Astrid Heinl, Tierärztin