anatomische Darstellung des weiblichen Körpers. Fortpflanzungsorgan ist in orange eingefärbt.© magicmine / iStock / Getty Images
Zu den schambehafteten Themen bei Frauen zählen vor allem Beschwerden, die den Intimbereich betreffen.

Repetitorium

TABUTHEMEN – TEIL 1

Schambehaftete Themen gibt es viele. Bei den Frauen zählen vor allem Beschwerden dazu, die den Intimbereich betreffen. Probleme wie Scheidentrockenheit, Inkontinenzbeschwerden und Vaginalmykosen stehen dabei an erster Stelle.

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Obgleich die Probleme häufig vorkommen, fällt es vielen Frauen schwer, unbefangen darüber zu sprechen. Dabei geht es darum, dass man sich auch bei diesen Themen wohlfühlt. Das funktioniert mit dem richtigen Mix aus Wissen, Vorsorge und Offenheit.

Es lohnt sich auch bei diesen Themen in der Apotheke genau hinzuhören und nachzufragen, denn es gibt gute Therapieoptionen, auch für die Selbstmedikation.

Scheidentrockenheit

Es ist ein weit verbreitetes Phänomen, das vielen Frauen peinlich ist. Etwa jede fünfte Frau leidet unter einer trockenen Vaginalhaut. Ab dem 45. Lebensjahr ist sogar nahezu jede zweite Frau betroffen. Der häufigste Auslöser sind sinkende Estrogenspiegel in den Wechseljahren.

Bei jüngeren Frauen führen häufig gestagenbetonte Kontrazeptiva, Antiestrogene in der Brustkrebstherapie, Operationen an Gebärmutter oder Eierstöcken sowie eine Geburt zu Veränderungen im Hormonhaushalt, die eine Geweberückbildung und einen Gewebeschwund hervorrufen. Aber auch Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, schlecht eingestellter Bluthochdruck), falsche Intimhygiene (z. B. zu häufiges Waschen, Spülungen, alkalische Seifen, parfümhaltige Intimsprays) oder Stress können eine Rolle spielen.

Unangenehme Folgen

Die Gewebeveränderungen werden als vaginale Atrophie bezeichnet und sind durch einen Feuchtigkeitsmangel in der Scheide gekennzeichnet. Die immer dünner werdende Vaginalhaut kann nicht mehr so gut Feuchtigkeit speichern, was mit verschiedenen Funktionseinschränkungen verbunden ist. Die Vaginalhaut verliert an Elastizität, bildet weniger Vaginalsekret und kann schließlich das natürliche Scheidenmilieu nicht mehr aufrechterhalten.

Folge ist daher nicht nur eine zunehmende Scheidentrockenheit, die sich durch Jucken, Brennen und einer Empfindlichkeit gegen Reibung bemerkbar macht. Zugleich erhöht sich das Risiko für Mikroverletzungen der Vaginalhaut, die zu Eintrittspforten für pathogene Bakterien (z. B. Gardnerella vaginalis) und Pilze (z. B. Candida albicans) werden können.

Da aus dem Feuchtigkeitsmangel zudem pH-Wert-Verschiebungen ins Alkalische resultieren, erhalten die Erreger ideale Wachstumsbedingungen, was mit einer erhöhten Infektionsgefahr beziehungsweise mit vermehrten vaginalen Infektionen (z. B. bakterielle Vaginose, Vaginalmykose) einhergeht.

„Durch eine zunehmende Scheidentrockenheit kommt es häufig auch zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.“

Regelmäßig befeuchten

Vaginale Trockenheit lässt sich gut lokal behandeln. Die tägliche Anwendung von Vaginalcremes, -gelen oder -zäpfchen – auch als Lubrikanzien bezeichnet – sorgt meist schnell für Erleichterung. Etliche Produkte stellen auch gute Gleitmittel für den Geschlechtsverkehr dar. Fett- oder ölfreie Varianten (ohne lipophile Hilfsstoffe wie dünnflüssiges Paraffin) eignen sich auch für die gleichzeitige Verwendung mit Kondomen, ohne deren Reißfestigkeit oder Elastizität zu beeinträchtigen.

Viele der Vaginaltherapeutika enthalten als feuchthaltende Komponente Hyaluronsäure oder Glycerol. Einigen sind zusätzlich regenerierende und wundheilfördernde Inhaltsstoffe (z. B. Hamamelis, Ringelblume) gegen Juckreiz, Wundsein oder kleine Verletzungen zugesetzt. Produkte mit Milchsäure tragen zur Einstellung des physiologischen sauren pH-Wertes in der Scheide bei.

Sie geben damit den auf der Vaginalhaut ansässigen milchsäureproduzierenden Bakterien (Lactobazillen) optimale Lebensbedingungen, womit sich die Gefahr von vaginalen Infektionen reduzieren lässt. Ist das Scheidenmilieu bereits nachhaltig aus der Balance geraten, ist eine kurmäßige Applikation von Zubereitungen, die bereits Lactobazillen enthalten, sinnvoll.

Lokale Estrogene

Nach der Menopause reichen in der Regel Präparate mit Hyaluronsäure, Milchsäure oder Lactobazillen nicht mehr aus, um den Feuchtigkeitsmangel zu kompensieren. Dann kann eine vom Arzt verordnete lokale Estrogenapplikation (z. B. als Creme, Ovula, Zäpfchen, Tabletten, Vaginalring) Abhilfe schaffen. Die vaginale Estrogentherapie wird auch von der 2020 aktualisierten S3-Leitlinie „Peri- und Postmenopause – Diagnose und Interventionen“ für Frauen in oder nach den Wechseljahren mit Beschwerden empfohlen.

Dabei raten die Leitlinienautoren zu Estriol-haltigen Präparaten. Estradiol-haltige Topika sind ihrer Meinung nach hingegen zu vermeiden, da diese zu relevanten systemisch wirksamen Estradiolspiegeln führen können. Die Wirkung estrogenhaltiger Topika entfaltet sich direkt am Scheideneingang und in der Scheide. Sie zeigen deutliche proliferative Effekte auf das Gewebe der Scheide sowie der Harnblase. Die Durchblutung steigt, sodass sich die Scheidenhaut wieder aufbaut und sich das Bindegewebe festigt.

Zugleich wird die Verschlusskraft der Harnröhre gekräftigt. Lactobazillen können sich wieder ansiedeln und für die Wiederherstellung eines physiologischen Scheidenmilieus sorgen. Vaginale und urogenitale Infektionen stellen sich seltener ein. Wichtig ist eine regelmäßige Anwendung der Hormonpräparate. Sie wirken nur so lange, wie sie verwendet werden. Nach Absetzen kehren die unangenehmen Symptome in der Regel wieder zurück.

Am Anfang der Therapie ist zudem Durchhaltevermögen gefragt, da die Lokalbehandlung nicht sofort wirkt. Die Scheidenhaut benötigt ungefähr drei Wochen bis sie sich wiederaufgebaut hat. Im Anschluss ist eine dauerhafte, zweimalige Applikation pro Woche erforderlich, um die positiven Resultate aufrecht zu erhalten.

Vaginalmykosen

Auch Scheidenpilzinfektionen (Vaginalmykosen) sind ein tabuisiertes und zugleich häufiges Problem. 20 Prozent erkranken mehrmals und bei fünf Prozent der Frauen wird die Infektion chronisch, das heißt sie tritt mindestens vier Mal im Jahr auf. Vielleicht gehören Vaginalmykosen zu den Tabuthemen, weil oftmals immer noch der Irrglaube besteht, dass man sich Pilze durch eine mangelnde Hygiene oder beim Geschlechtsverkehr „holt“.

Dabei erfolgt eine Übertragung nicht durch Ansteckung in öffentlichen Schwimmbädern oder beim Toilettenbesuch. Ebenso wenig handelt es sich um eine Geschlechtskrankheit. Eine Vaginalmykose entwickelt sich vielmehr aus Erregern, die bereits Bestandteil der physiologischen Besiedlung von Vagina und Darm sind. Unter diesen spielt insbesondere Candida albicans eine Rolle.

Dieser Hefepilz besitzt in niedrigen Keimzahlen keinen Krankheitswert und ist zusammen mit diversen weiteren Keimen Bestandteil des physiologischen Mikrobioms der Vagina (veralteter Begriff: Vaginalflora). Erst in dem Moment, in dem das Scheidenmilieu aus der Balance gerät, können die Hefen einen Wachstumsvorteil erhalten, sich unkontrolliert vermehren und zur Vaginalmykose führen. 

„Etwa 75 Prozent der Frauen leiden mindestens einmal im Leben an einer Vaginalymkose.“

Verschiedene Auslöser können das natürliche Gleichgewicht stören. Eine große Rolle spielt dabei der saurer pH-Wert des Scheidenmilieus. Er stellt einen wichtigen Schutzmechanismus dar, weil er das Wachstum potenziell krankmachender Keime und damit auch das von Pilzen hemmt. Eine falsche Intimhygiene kann beispielsweise den physiologischen sauren pH-Wert ins Alkalische verschieben.

Ebenso ist in und nach den Wechseljahren der pH-Wert nicht mehr so sauer, da immer weniger milchsäureproduzierende Lactobazillen vorhanden sind. Aufgrund der Hormonveränderung finden sie in dem nicht mehr ausreichend estrogenisierten Vaginalepithel zu wenig Glykogen als Substrat zum Überleben vor. Aber auch ein verstärkter Estrogeneinfluss, wie er in der Schwangerschaft auftritt, kann sich negativ auswirken. Er lässt den Zuckergehalt in den Zellen der Vaginalhaut steigen, was den Pilzen einen idealen Nährboden bietet.

Ebenso kann das Tragen synthetischer oder zu enganliegender Kleidung den Erregern optimale Wachstumsbedingungen verschaffen, da ein feucht-warmes Milieu begünstigt wird. Die Zusammensetzung des physiologischen Mikrobioms kann sich durch folgende Punkte verändern:

  • Stress,
  • eine gestörte Immunabwehr
  • Einnahme von Antibiotika

Lokale antimykotische Behandlung

Eine Vaginalmykose ist in der Regel für eine gesunde Frau nicht gefährlich, aber sehr unangenehm. Der Pilzbefall geht mit einem quälenden Juckreiz und Brennen im Vaginalbereich einher. Zugleich zeigt sich ein weißlich-gelber krümeliger Ausfluss. Auch kann das Scheidengewebe geschwollen und sehr schmerzempfindlich sein. In der Regel lässt sich eine Vaginalmykose gut mit lokal anzuwendenden Antimykotika im Rahmen der Selbstmedikation behandeln.

Vor allem kommen das speziell gegen Hefen wirksame Nystatin, die fungizid wirkenden Antiseptika Povidon-Jod und Octenidin sowie die Azole Fenticonazol und Clotrimazol zur Anwendung. Dabei gilt das Breitbandantimykotikum Clotrimazol als Goldstandard unter den lokal wirksamen Antimykotika. Es ist gegen Hefen, Dermatophyten, Schimmelpilze und Gram-positive Bakterien wirksam. Sein Wirkmechanismus beruht auf dem Angriff in die Biosynthese des Ergosterols in der Pilzwand, was zur Wachstumshemmung (fungistatische Wirkung) und in höheren Konzentrationen zum Absterben des Pilzes (fungizide Wirkung) führt.

Als besonders effektiv haben sich Clotrimazol-haltige Vaginaltabletten mit einem Milchsäurezusatz erwiesen. Die bessere Löslichkeit des Antimykotikums im sauren Bereich führt zu einer optimierten Freisetzung des Wirkstoffs. Zudem beschleunigt die Milchsäure die Gewebepenetration von Clotrimazol, sodass die Infektionssymptome schnell abklingen können. Darüber hinaus trägt sie zur Regeneration des natürlichen Scheidenmilieus bei.

Das Azolderivat steht in einer großen Auswahl an rezeptfreien Präparaten für die 1-Tages- oder 3-Tage-Therapie als Vaginalcreme, -tablette oder Kombipackung rezeptfrei zur Verfügung. Präparate für die Sechstagestherapie sind verschreibungspflichtig. Ein wichtiger Hinweis für die Kundin ist, dass die Beschwerden auch nach Verwendung der Einmaldosis erst nach drei Tagen abklingen, da es sich um eine Depotform handelt, die über 72 Stunden ihre Wirkung entfaltet.

Zudem benötigt die moderne Kurzzeittherapie ein feuchtes Vaginalmilieu zum Auflösen der Vaginaltablette, weshalb sie für Frauen mit trockenen Vaginalhäuten (z. B. nach der Menopause) nicht geeignet ist. Soll die Vaginaltablette in der Schwangerschaft zur Anwendung kommen, sollte zuvor mit dem behandelnden Arzt Rücksprache gehalten und zudem die Tablette vorsichtig mit dem Finger und nicht mit einem Applikator platziert werden.

Prinzipiell empfiehlt es sich, zusätzlich zur vaginalen Applikation noch den äußeren Scheidenbereich zwei- bis dreimal täglich einzucremen, da dieser häufig ebenfalls infiziert ist. Eine Behandlung während der Menstruation ist nicht empfehlenswert beziehungsweise sollte vor deren Beginn abgeschlossen sein. Die Creme kann auch vom Partner verwendet werden. Eine routinemäßige Mitbehandlung ist nicht zwingend notwendig. Sie ist allerdings sinnvoll, wenn er Symptome zeigt, um Reinfektionen zu vermeiden.

Inkontinenz

Ein äußerst unangenehmes Thema, das mit viel Leidensdruck einhergeht, ist für viele ungewollter Harnverlust. Insbesondere ist das weibliche Geschlecht betroffen. Etwa die Hälfte aller Frauen über 50 Jahre leidet unter unfreiwilligem Harnabgang. Häufig wird eine Harninkontinenz nur mit Betagten in Verbindung gebracht. Dabei wirken sich bereits in den Wechseljahren sinkende Estrogenspiegel negativ auf die Blase aus.

Das Bindegewebe wird durch die nachlassende Hormonproduktion schlaffer, sodass die Blase weniger gestützt wird und leichter Urin verliert. Aber auch seelische Belastungen oder häufige Blasenentzündungen können für ungewollten Harnverlust verantwortlich sein. Vorschub leisten zudem mit zunehmendem Alter vermehrt eingenommene Medikamente wie

  • Diuretika
  • Betablocker
  • ACE-Hemmer
  • Neuroleptika
  • Antidepressiva

Liegt eine Dranginkontinenz vor – eine der häufigsten Inkontinenzformen bei älteren Frauen – löst bereits ein geringer Füllungszustand der Blase einen nicht unterdrückbaren Harndrang aus (imperativer Harndrang). Somit meldet sich bei den Betroffenen in kurzen Zeitabständen – auch nachts – die Blase, obwohl sie nur kleine Urinmengen enthält. Zusätzlich kommt es zum unfreiwilligen Harnverlust. Hilfe leistet ein Blasentraining, bei dem erlernt wird, die Blase bewusst zu kontrollieren. Dabei sollte der Gang zur Toilette hinausgezögert und das Trinkverhalten angepasst werden.

Medikamentös kommen meist Anticholinergika zum Einsatz (z. B. Trospiumchlorid). Eine Alternative sind Botulinumtoxin-Injektionen in die Blasenmuskulatur. Von der Dranginkontinenz ist eine Belastungs- oder Stressinkontinenz zu unterscheiden, bei der es durch Druckerhöhung im Bauchraum zum unbeabsichtigtem Urinabgang kommt. Typischerweise hält dann der schwächelnde Schließmuskelapparat der Blase beim Husten, Lachen oder Heben schwerer Gegenstände nicht stand.

Mit zunehmender Funktionsschwäche verlieren Betroffene dann sogar ohne große Belastung ungewollt Urin. Häufig liegt einer Belastungsinkontinenz eine Beckenbodenschwäche zugrunde, die wiederum altersbedingt oder durch Übergewicht, vorausgegangene Schwangerschaften oder Operationen bedingt ist.

Die wirksamste Maßnahme ist ein konsequentes Beckenbodentraining, das die Muskulatur und Bänder des Halteapparates kräftigt. Dies kann mit einer medikamentösen Behandlung mit dem selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer Duloxetin kombiniert werden. Alternativ erhalten Frauen nach der Menopause estrogenhaltige Vaginaltherapeutika, die die Verschlusskraft der Harnröhre kräftigen.

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