Auf dunklem Hintergrund ist aus Kristallzucker ein Totenkopf-Symbol gestreut worden.© IRINA KROLEVETC / iStock / Getty Images
Die verschiedenen Diabetes-Typen haben eines gemein: erhöhte Blutzucker-Werte.

Blutzucker

DIABETES – THERAPIE UND BERATUNG NACH AKTUELLEM STAND

Müde, erschöpft, großer Durst – alles typische Symptome eines Diabetes mellitus. Etwa acht Millionen Menschen aller Altersklassen leiden in Deutschland an dieser lebensbedrohlichen Stoffwechselkrankheit. Ein Update.

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Die Bezeichnung Diabetes mellitus fasst verschiedene Stoffwechselkrankheiten zusammen, die sich durch krankhaft erhöhte Blutzuckerwerte auszeichnen. Ursache ist eine gestörte Regulation des Glucosestoffwechsels. Dabei können unterschiedliche Mechanismen betroffen sein.

Eine zentrale Rolle spielt das Hormon Insulin, das von den Beta-Zellen (B-Zellen) in den Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldruse (Pankreas) gebildet wird. Insulin ist im Organismus für die Aufnahme von Glucose aus dem Blut in die Körperzellen zuständig.

Typ-1- oder Typ-2-Diabetes?

Kommt es zu Defekten bei der Ausschüttung des Hormons und damit zu einem Insulinmangel, entwickelt sich ein Typ-1-Diabetes. Liegt eine unzureichende Wirksamkeit des Insulins beziehungsweise eine verminderte Ansprechbarkeit der Zellen auf Insulin vor, spricht man von einem Typ-2-Diabetes, der mit circa 90 Prozent den weitaus häufigeren Typus darstellt.

Aber nicht immer sind die Diabetes-Typen klar voneinander zu differenzieren. Es existieren schleichende Übergänge und Mischformen. Zudem können auch andere Faktoren den sich Glucosestoffwechsel stören:

  • Medikamente wie z. B. Glucocorticoide, Immunsuppressiva
  • Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse
  • andere hormonbedingten Krankheiten wie z. B. Morbus Cushing
  • Schwangerschaft (Gestationsdiabetes)

Diagnose Diabetes

Zur Diagnose entnimmt der Arzt dem nüchternen Patienten Blut aus der Vene, um die Nüchtern-Plasma-Glucose zu bestimmen. Nüchtern bedeutet, dass vor der Blutentnahme eine mindestens zehn- bis zwölfstündige Nahrungspause liegt.

  • Von einem manifesten Diabetes wird bei einem Plasma-Glucosewert von ≥ 126 mg/dl (7,0 mmol/l) ausgegangen.
  • Nüchternwerte zwischen 100 bis 125 mg/dl (5,6 bis 6,9 mmol/l) können auf eine Vorstufe eines Diabetes (Prädiabetes) hindeuten. Dann sind bereits erhöhte Blutzuckerspiegel zu messen, die aber noch unterhalb der Grenze zum Diabetes liegen.

Ist der Patient zum Zeitpunkt der Blutabnahme nicht nüchtern, wird ein Gelegenheitsblutglucosewert bestimmt.

  • Liegt dieser Gelegenheits-Plasma-Glucosewert ≥ 200 mg/dl (11,1 mmol/l), kann auch die Diagnose Diabetes gestellt werden.

Der orale Glucosetoleranztest (oGTT) ermittelt den Blutzuckerwert (oGTT-2-h-Wert), der zwei Stunden nach Gabe eines definierten Zuckergetränks gemessen wird (75 g Glucose in 250 bis 300 Milliliter Wasser innerhalb von 5 Minuten). Der Zuckerbelastungstest erfolgt morgens nach einer 10- bis 16-stundigen Nahrungs- und Alkoholkarenz im Sitzen oder Liegen. Mindestens drei Tage zuvor sollte sich der Patient kohlenhydratreich ernährt haben.

  • Werden im venösen Plasma oGTT-2h-Werte von mindestens 200 mg/dl (11,1 mmol/l) festgestellt, liegt ein Diabetes vor.
  • Bei Werten zwischen 140 und 199 mg/dl (7,8 bis 11,1 mmol/l) spricht man von einer gestörten Glucosetoleranz.

Leitlinien

Die Diabetes-Therapie ist nicht einfach und wird ständig verbessert. Aktuelle Behandlungskonzepte und Therapie-Algorithmen sind in verschiedenen Leitlinien nachzulesen:
+  S2k-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Alter, 2. Auflage 2018. Herausgeber: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
+  S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-Diabetes, 2. Auflage 2018. Herausgeber: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
+  Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) Typ-2-Diabetes, 2. Auflage 2021. Träger: Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF)

Typ-1-Diabetes

Eine altere Bezeichnung ist jugendlicher (juveniler) Diabetes, da dieser Typus häufig bereits im jugendlichen und jungen Erwachsenenalter auftritt. Inzwischen wird dieser Begriff nicht mehr verwendet, da eine Manifestation auch im späteren Lebensalter möglich ist und umgekehrt andere Diabetes-Typen schon im Jugendalter auftreten können.

Autoantikörper zerstören fortschreitend die insulinproduzierenden B-Zellen, sodass der Pankreas schließlich kein Insulin mehr produziert. Es resultiert ein absoluter Insulinmangel, der eine lebenslange Insulinsubstitution erforderlich macht. Daher sprach man früher von einem insulinpflichtigen Diabetes. Aber auch dieser Begriff ist obsolet, da eine Insulingabe ebenso bei anderen Diabetesformen notwendig werden kann.

Typische Beschwerden, Symptome und Blutwerte

Die typischen Diabetes-Symptome stellen sich schlagartig ein, wenn mehr als 80 bis 90 Prozent der B-Zellen vernichtet sind. Dazu gehören

  • vermehrter Durst (Polydipsie, tägliche Aufnahme mehrerer Liter Flüssigkeit),
  • häufiges Wasserlassen (Polyurie, auch in der Nacht),
  • Gewichtsverlust trotz Heißhunger,
  • Müdigkeit,
  • Konzentrationsprobleme,
  • Nachlassen der körperlichen Leistungskraft sowie
  • Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen.

Ohne Insulin können die Körperzellen Glucose nicht aufnehmen. Daher steigt der Glucosespiegel im Blut an (Hyperglykämie) und es sind erhöhte Blutzuckerspiegel messbar. Ab einer Zuckerkonzentration von 160 bis 180 mg/dl Blut ist die Rückresorption von Glucose in der Niere nicht mehr komplett möglich und der Körper scheidet vermehrt Glucose mit dem Urin aus (Glucosurie). Darauf bezieht sich auch der Name der Krankheit „honigsüßer Durchfluss“ (griechisch diabetes = Durchfluss, lateinisch mellitus = honigsüß).

Ein verstärkter Abbau von Fettsauren bedingt einen Anstieg von Ketonkörpern im Blut, was eine Übersäuerung des Blutes (Ketoazidose) nach sich zieht. Dies macht sich mit einem Acetongeruch der Atemluft und mit einer vermehrten Ausscheidung der Ketonkörper im Harn (Ketonurie) bemerkbar. Wird dem Organismus kein Insulin von außen zugeführt, steigt der Blutzuckerspiegel stark.

Extrem hohe Blutzuckerwerte haben schließlich ein lebensbedrohliches diabetisches Koma zur Folge. Betroffene müssen unverzüglich ins Krankenhaus. Oft ist die ketoazidotische Stoffwechselentgleisung der Moment, in dem ein Typ-1-Diabetes diagnostiziert wird.

Typ-2-Diabetes

Während Typ-1-Diabetiker in der Regel normalgewichtig sind, spielen beim Typ-2-Diabetes neben genetischen Faktoren Bewegungsmangel, Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas) eine Rolle. Viszerales Fett, das sich im Bauchraum um die inneren Organe ablagert, scheint dabei einen besonders schädlichen Einfluss auszuüben. Früher wurde von einem Altersdiabetes gesprochen, da die überwiegende Zahl der Betroffenen älter als 60 Jahre ist.

Da ein Typ-2-Diabetes aber bereits bei Kindern und Jugendlichen auftreten kann, ist die Bezeichnung heute nicht mehr gebräuchlich. Beim Typ-2-Diabetes kommt es anfangs lediglich zu einem relativen Insulinmangel, der sich dann im weiteren Krankheitsverlauf schleichend zu einem absoluten Defizit an Insulin entwickeln kann.

Ursache ist eine Insulinresistenz, das heißt die Körperzellen sprechen vermindert auf Insulin an. was durch das Übergewicht ausgelost wird. Das Hormon ist also beim Typ-2-Diabetes noch vorhanden. Es wirkt aber nicht mehr adäquat, da die Signal Übertragung an den Insulinrezeptoren gestört ist. Dadurch können die Körperzellen die Glucose aus dem Blut nicht mehr richtig aufnehmen und der Blutzuckerspiegel steigt.

B-Zellen erschöpfen mit der Zeit

Das ist wiederum für die Bauchspeicheldruse das Signal, vermehrt Insulin zu produzieren. Damit kann der Körper die Insulinresistenz zunächst kompensieren. Das Anfangsstadium des Typ-2-Diabetes ist sogar durch erhöhte Insulinspiegel im Blut gekennzeichnet (Hyperinsulinämie), wobei der Blutzuckerspiegel nahezu im Normbereich liegt.

Im Laufe der Jahre lasst die Insulinproduktion jedoch nach, da die insulinproduzierenden B-Zellen auf Dauer allmählich erschöpfen und den erhöhten Bedarf an Insulin somit nicht mehr decken können. Folglich beginnt der Insulinspiegel allmählich zu sinken, bis die Bauchspeicheldruse die Produktion ganz einstellt und sich schließlich ein absoluter Insulinmangel und damit eine Hyperglykämie manifestiert.

Zu Anfang verlaufen die Stoffwechselvorgänge nahezu unbemerkt, da die Diabetes-Symptome unspezifisch sind und Betroffene sie nicht gleich mit einem sich manifestierenden Diabetes in Zusammenhang bringen. Daher ist die Diagnose Typ-2-Diabetes häufig ein Zufallsbefund bei Routineuntersuchungen. Zu diesem Zeitpunkt haben sich jedoch bei mehr als der Hälfte der Betroffenen bereits diabetische Gefäßveränderungen entwickelt.

Problem Spätschäden

Zu den Langzeitfolgen zählen Schädigungen der kleinen (Mikroangiopathie) und großen Blutgefäße (Makroangiopathie). Sie werden durch eine irreversible Anlagerung der Glucose aus dem Blut an verschiedene Proteine ausgelost. Folge dieser Glykosylierung sind Gefäßerkrankungen mit nachfolgenden Durchblutungsstörungen.

Mikroangiopathien

Zu den typischen Mikroangiopathien zählen

  • Netzhautschaden (Retinopathie), die die häufigste Ursache für Erblindungen darstellen,
  • Schädigungen der Niere (Nephropathie), die in einer chronischen Niereninsuffizienz enden können,
  • periphere Polyneuropathie,
  • diabetischer Fuß.

Die periphere Polyneuropathie ist besonders häufig. Es handelt sich um eine Schädigung der Nerven, die sich mit brennenden Fußsohlen, extremer Berührungsempfindlichkeit, Taubheitsgefühl sowie Missempfindungen oder nächtlichen Wadenkrampfen bemerkbar macht. Ein besonderes Problem ist der diabetische Fuß.

Er wird durch Durchblutungs- und Gefühlsstörungen sowie eine verzögerte Wundheilung ausgelöst. Es entwickeln sich schwer therapierbare Geschwüre, die eine Amputation erforderlich machen können.

Makroangiopathie

Bei der diabetischen Makroangiopathie treten arteriosklerotische Veränderungen auf, sodass Diabetiker ein höheres Risiko für einen Herzinfarkt, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) oder einen Schlaganfall haben.

Eine Stoffwechselstörung kommt selten allein: Metabolisches Syndrom

Kurz vor Diagnosestellung oder nahezu gleichzeitig stellt sich bei Typ-2-Diabetikern häufig noch ein metabolisches Syndrom ein. Umgangssprachlich wird vom tödlichen Quartett gesprochen, da vier eng assoziierte Krankheiten gemeinsam auftreten, die das Risiko für Herzinfarkte oder Schlaganfälle erhöhen:

  • Typ-2-Diabetes,
  • bauchbetonte Fettleibigkeit (Adipositas),
  • Bluthochdruck (Hypertonie) und
  • Fettstoffwechselstörungen (Dyslipidämie).

Mediziner sprechen auch vom Prä-Typ-2-Diabetes-Syndrom, um auf den Zeitpunkt der Krankheitsentwicklung aufmerksam zu machen. Das Synonym Insulinresistenz-Syndrom rückt den Zusammenhang mit Diabetes in den Vordergrund. Merkmal des Symptomkomplexes ist, dass nicht nur jede der einzelnen Krankheiten einen entscheidenden Risikofaktor für Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall darstellt.

Zudem ist das kardiovaskulare Risiko durch ihr gemeinsames Auftreten stark erhöht.

Blutzuckermessung in der ...

... Selbstkontrolle

Eine optimale Insulintherapie erfordert regelmäßige Blutzuckermessungen. Diese kann der Patient selbst mit einem Blutzuckermessgerät und speziellen Teststreifen durchführen. Dafür gewinnt er mit einer Stechhilfe einen Tropfen Blut (Kapillarblut) aus der Fingerbeere oder dem Ohrläppchen, den er auf einen Teststreifen tropft. In wenigen Sekunden hat das Messgerät die aktuelle Blutglucose-Konzentration ermittelt.
Achtung: Die Werte, die der Patient zu Hause aus dem kapillären Vollblut erhält, können anders ausfallen können als die, die der Arzt aus venösem Plasma bestimmt. Im Plasma liegen die Werte höher als im Vollblut. So entspricht ein Plasma-Glucosewert von 125 mg/dl (7,0 mmol/l) einem Kapillarblut-Glucosewert von 110 mg/dl (6,1 mmol/l). Zumeist sind heute aber die Geräte zur Selbstkontrolle auf Plasma kalibriert und zeigen dann vergleichbare Werte an.

... Verlaufskontrolle
Während mit der Bestimmung des Blutzuckerwertes die aktuelle Stoffwechselsituation betrachtet wird, lässt der HbA1c-Wert Rückschlüsse über die Einstellung des Stoffwechsels in der Vergangenheit und damit über den Behandlungserfolg zu. Der HbA1c-Wert, der auch als Langzeit-Blutzucker oder Blutzuckergedächtnis bezeichnet wird, gibt an, wie viel Glucose sich im Blut an das Hämoglobin in den Erythrozyten angelagert hat. Diese Glykosylierung ist umso ausgeprägter, je höher der Blutzuckerspiegel in den letzten Wochen war. Der Anteil des glykosylierten Hämoglobins wird in mmol/mol oder Prozent angegeben.
Der Referenzbereich für Gesunde bewegt sich zwischen 20 mmol/mol (4 Prozent) und 42 mmol/mol (6 Prozent). Beim Typ-2-Diabetiker soll laut Nationaler Versorgungsleitlinie in Abhängigkeit vom Risikoprofil und den Begleitumständen der HbA1c-Zielbereich zwischen 48 mmol/mol (6,5 Prozent) und 69 mmol/mol (8,5 Prozent) liegen. Für den Typ-1-Diabetiker empfiehlt die S3-Leitlinie einen Wert ≤ 58 mmol/mol (7,5 Prozent), solange keine problematischen Hypoglykämien auftreten.

Arzneimitteltherapie

Ziel jeder Diabetestherapie ist es, erhöhten Blutzuckerwerte zu normalisieren, um Akutkomplikationen und diabetesassoziierte Spätschäden zu vermeiden. Während ein Typ-1-Diabetiker immer Insulin benötigt, muss ein Typ-2-Diabetiker häufig erst im fortgeschrittenen Stadium spritzen, wenn die körpereigene Insulinproduktion nicht mehr ausreichend gewährleistet ist.

Beim Typ-2-Diabetes vereinbaren Arzt und Patient gemeinsam individuelle Therapieziele, die realistisch sind und bestmöglich zur Lebenssituation und den Bedürfnissen des Betroffenen passen.

Beim Typ-2-Diabetes zählen orale und parenterale Antidiabetika zur Basismedikation. Leitliniengemäß sollen sie aber erst zum Einsatz kommen, wenn nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Ernährungsumstellung, Gewichtsabnahme und Bewegung die erhöhten Blutzuckerwerte nicht wie gewünscht reduzieren. Zusätzlich zu den Antidiabetika werden beim Typ-2-Diabetiker häufig noch weitere Verordnungen zur Regulierung erhöhter Blutdruck- und Lipidwerte erforderlich.

Humaninsulin und Insulin-Analoga

Für die Insulintherapie stehen verschiedene Insulinzubereitungen zur Verfügung, die sich hinsichtlich

  • ihres Wirkungseintritts,
  • ihrer Wirkdauer und
  • ihres Wirkungsmaximums

unterscheiden. 

Das heute gebräuchliche Humaninsulin wird biotechnologisch mit Hilfe genetisch modifizierter Hefen hergestellt und als Normalinsulin (früher Altinsulin) bezeichnet. Man spricht auch von einem kurzwirksamen Insulin, da seine Wirkung bereits nach etwa 30 Minuten einsetzt und nur circa fünf bis sieben Stunden anhält. 

Eine verlängerte Wirkdauer von bis zu 24 Stunden wird durch Bindung des Humaninsulins an ein Protein (NPH, neutrales Protein Hagedorn) erreicht (NPH-Insuline). Da mit diesen der tägliche Insulin-Grundbedarf gedeckt werden kann, spricht man auch von Basalinsulinen

Davon abzugrenzen sind Insulin-Analoga, bei denen die Aminosäure-Kette des Insulinmoleküls gezielt abgewandelt wurde, sodass sie sich durch verschiedene Wirkprofile auszeichnen. Insulin lispro, Insulin aspart und Insulin glulisin wirken beispielsweise besonders rasch (nach 10 bis 20 Minuten) und mit zwei bis fünf Stunden (je nach Präparat) kurz. Hingegen tritt die Wirkung der Insulin-Analoga Insulin detemir und Insulin glargin erst nach einer Stunde ein. Zugleich sind es Analoga mit einer verlängerten Wirkdauer von bis zu 24 beziehungsweise 27 Stunden. Insulin degludec weist sogar eine Wirkdauer von über 42 Stunden auf. Diese Insulin-Analoga werden daher auch als Langzeitinsuline bezeichnet.

Verschiedene Behandlungsschemata

Beim Typ-1-Diabetes gilt die intensivierte Insulintherapie (Intensified Conventional Therapie, ICT), als Behandlungsstandard. Mit der ICT kann die Insulinzufuhr bedarfsgerecht erfolgen, sodass der Diabetiker seine Mahlzeiten flexibel gestalten kann.

Dafür wird der tägliche Insulinbedarf mit einem (mittel-)lang wirksamen Insulin abgedeckt (Basis) und mit einem kurz wirksamen Normal- oder Analoginsulin zu den Mahlzeiten kombiniert (Bolus), weshalb man auch vom Basis- Bolus-Schema spricht. Die richtige Dosis wird dem vorher bestimmten Blutzuckerwert sowie der Nahrungsmenge und -art individuell angepasst. 

Das ICT-Schema erfordert mindestens vier Injektionen am Tag, alternativ kann es mittels einer kontinuierlichen subkutanen Insulin-Infusionstherapie (Pumpentherapie) durchgeführt werden, bei der eine kontinuierliche Basalrate durch eine zusätzliche Gabe von Bolusinsulin auf Knopfdruck nahrungsabhangig erfolgt. 

Auch bei Typ-2-Diabetikern kann Insulin erforderlich werden. Sie erhalten zur Nacht ein langwirksames Basalinsulin, wenn trotz Medikation die morgendlichen Zielwerte nicht erreicht werden. Dieses Behandlungsschema wird als basalunterstutzte orale Therapie (BOT) bezeichnet. 

Liegen die Blutzuckerwerte am Tage nicht im Zielbereich, erfolgt eine supplementäre Insulintherapie (SIT). Dafür spritzt der Betroffene zusätzlich zu seinen Antidiabetika ein schnellwirksames Insulin zum Essen (prandiale Insulintherapie). Voraussetzung für die BOT und SIT ist, dass der Diabetiker noch selbst ausreichend Insulin produziert, um Blutzuckerschwankungen auszugleichen. 

Daneben kann bei einem Typ-2-Diabetiker die konventionelle Therapie (Conventional Therapie, CT) mit einer zweimal täglichen Insulingabe in fester Dosierung eine Alternative sein. Üblicherweise wird dafür ein Mischinsulin verwendet, das etwa 30 Minuten vor dem Frühstück und dem Abendessen gespritzt wird. Die CT erfordert den Verzehr von Haupt- und Zwischenmahlzeiten, um Hypoglykämien zu vermeiden. Vor allem ältere Patienten mit einem regelmäßigen Tagesablauf schätzen dieses einfache Zweispritzen-Behandlungsschema.

Orale und parenterale Antidiabetika

Lassen sich die erhöhten Blutzuckerspiegel durch Veränderungen des Lebensstils nicht ausreichend senken, werden Antidiabetika notwendig. Leitliniengemäß bestimmt das individuelle Risikoprofil des Patienten die Wahl des Wirkstoffs. Demnach wird bei Diabetikern ohne hohes kardiovaskulares Risiko und/oder renale Ereignisse anders verfahren als bei Patienten, bei denen bereits eine klinisch relevante kardiovaskulare Erkrankung vorliegt.

Gestartet wird laut Leitlinie immer mit Metformin, wobei bei Patienten ohne hohes Risikoprofil das Biguanid zunächst als Monotherapie erhalten und erst im weiteren Verlauf kombiniert mit Sulfonylharnstoff oder einem DPP-4-Inhibitor. Patienten mit hohem Risikoprofil erhalten immer von Beginn an zusätzlich ein weiteres Antidiabetikum; einen SGLT2-Inhibitor oder GLP-1-Rezeptoragonisten.

Metformin verbessert die Glucoseaufnahme im Fettgewebe und der Skelettmuskulatur und hemmt die hepatische Neubildung von Glucose. Da es nicht die Insulinsekretion stimuliert, besteht nur eine geringe Hypoglykämiegefahr. Zudem hat es einen günstigen Effekt auf das Körpergewicht.

Hingegen fuhren orale Sulfonylharnstoffe (z. B. Glibenclamid, Glimepirid) zu einer Gewichtszunahme und sind daher weniger für adipöse Diabetiker geeignet. Da die Arzneistoffe über eine Blockade von Kaliumkanälen in den B-Zellen des Pankreas die Insulinausschüttung stimulieren, erhöhen sie das Risiko fur Hypoglykämien. Zudem sollen sie die Erschöpfung der Betazellen beschleunigen.

Ohne Hypoglykämie-Risiko und gewichtsneutral sind DPP4-Hemmer (Gliptine, z. B. Sitagliptin, Saxagliptin). Sie verstärken den Effekt der Inkretine, also der körpereigenen blutzuckersenkenden Darmhormone, ebenso wie die GLP-1-Agonisten (z. B. Liraglutid, Lixisenatid). Diese auch als Inkretin-Mimetika bezeichneten Substanzen sind allerdings keine oralen Antidiabetika im engeren Sinne, da sie subkutan gespritzt werden.

Die neueste Wirkstoffklasse, die SGLT-2-Inhibitoren (z.B. Dapagliflozin, Empagliflozin), ist wieder oral einzunehmen. Sie hemmen das Transportprotein SGLT-2, sodass weniger Glucose vom Primarharn ins Blut rückresorbiert wird.

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