Sand rieselt aus der Hand.© EHStock / iStock / Getty Images

Frauengesundheit

EINE TROCKENE ANGELEGENHEIT

Scheidentrockenheit gehört noch immer zu den Tabuthemen, über die man nicht gerne spricht, auch wenn sie vor allem bei Frauen in oder nach den Wechseljahren ein weit verbreitetes Phänomen ist.

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Laut der nordamerikanischen Menopause-Gesellschaft (North American Menopause Society, NAMS) leiden 27 bis 84 Prozent der postmenopausalen Frauen an vaginaler Trockenheit, die von Jucken und Brennen in der Intimzone begleitet wird. Dadurch können Sportarten wie Fahrradfahren zur Qual oder Geschlechtsverkehr derart schmerzhaft werden, dass betroffene Frauen sportliche oder sexuelle Aktivitäten einstellen. Zudem können neben den genitalen Beschwerden Harndrang und wiederkehrende Harnwegsinfektionen auftreten. Der ganze Symptomkomplex trägt daher den Fachterminus urogenitales Menopausensyndrom.

Zahlreiche Auslöser Vaginale Trockenheit und sich dazugesellende Symptome treten aber nicht nur aufgrund sinkender Estrogenspiegel in den Wechseljahren auf. Ebenso können Hormonschwankungen in Schwangerschaft und Stillzeit dazu führen, dass es der Intimzone an Feuchtigkeit fehlt. Auch gestagenbetonte Kontrazeptiva, Antiestrogene in der Brustkrebstherapie und Operationen an Gebärmutter oder Eierstöcken führen zu einem Mangel an Estrogenen.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche nichthormonelle Auslöser für Scheidentrockenheit, beispielsweise Stress, Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Bluthochdruck, Genussmittel wie Kaffee oder Nikotin, die Verwendung von Tampons oder eine übertriebene Intimhygiene, die sich durch zu häufiges Reinigen der Intimzone mit alkalischen Seifen, parfümhaltigen Intimsprays oder Vaginalspülungen auszeichnet.

Schleichender Prozess Die früher oder später sinkenden Estrogenspiegel sind dennoch das Hauptproblem, da sie Veränderungen der Vagina mit sich bringen. Der Mangel an Estrogenen geht mit einer Geweberückbildung und schließlich einem Gewebeschwund einher, der als vaginale Atrophie bezeichnet wird. Dadurch wird die Schleimhaut dünner und schlechter durchblutet. Folglich nimmt die Produktion von Scheidensekret ab, wodurch die Vagina trockener und zugleich empfindlicher wird.

Die Penetration beim Geschlechtsverkehr wird erschwert und häufig als äußerst schmerzhaft erlebt. Die Schmerzen dabei sind bei älteren Frauen meist stärker als bei jüngeren Geschlechtsgenossinnen. Sie leiden nicht nur unter der fehlenden Feuchtigkeit, die für eine schmerzfreie Gleitfähigkeit notwendig ist. Sie empfinden auch die Reibung an der dünneren und weniger elastischen Scheidenwand stärker. Hinzu kommt, dass die Schleimhaut leichter verletzlich wird und vor allem am Eingang der Vagina schneller einreißt.

Erhöhtes Infektionsrisiko Außerdem resultieren aus dem Feuchtigkeitsmangel pH-Verschiebungen im Scheidenmilieu, die eine Besiedlung mit pathogenen Bakterien und Pilzen erleichtern. Eine besondere Rolle spielen dabei Milchsäurebakterien (Laktobazillen). Sie besiedeln die Vagina und wandeln das im Vaginalsekret befindliche Glykogen in Milchsäure um, die bei einer geschlechtsreifen Frau für einen vaginalen pH-Wert von 3,8 bis 4,4 sorgt.

Dieses saure Scheidenmilieu bildet einen wichtigen Schutz vor Infektionen, indem es das Wachstum potenziell krankmachender Keime hemmt. Bei mangelnder Befeuchtung der Vagina steht dieser Schutzmechanismus nicht mehr ausreichend zur Verfügung. Es wird zu wenig Glykogen gebildet, das die dort ansässigen Laktobazillen als Nährboden brauchen. Folglich überleben weniger Bakterien und die Konzentration an Milchsäure sinkt, was das Risiko für vaginale und uropathogene Infektionen erhöht.

Praxistipps

+ Binden oder Menstruationstassen statt Tampons verwenden, da Tampons nicht nur Menstruationsblut, sondern auch Scheidensekret aufsaugen.
+ Keine mit Joghurt getränkten Tampons einführen: Bakterien aus Joghurt gehören nicht in die Scheide, da sie dort natürlicherweise nicht vorkommen.
+ Gleitmittel beim Geschlechtsverkehr einsetzten.
+ Sanfte Intimhygiene: Weniger ist mehr. Die Intimzone am besten nur mit lauwarmem Wasser reinigen. Wenn Waschlotionen eingesetzt werden, dann Produkte, die auf den pH-Bereich der Intimregion abgestimmt sind und sehr milde Tenside enthalten.
+ Keine alkalischen Seifen, Intimsprays oder Vaginalduschen verwenden.
+ Auf enge und scheuernde Slips oder String-Tangas verzichten, da sie die trockene Vaginalschleimhaut reizen können.
+ Für Entspannung und Bewegung sorgen, um eine ausreichende Durchblutung im Intimbereich und damit die Feuchtigkeitsproduktion anzuregen.

Befeuchtungsmittel helfen Vaginale Trockenheit lässt sich gut lokal behandeln. Die Apotheke hält eine Vielzahl an freiverkäuflichen Topika zum Befeuchten, sogenannte Lubrikanzien, für die tägliche Pflege bereit. Die Verwenderin kann unter hormonfreien Cremes, Gelen oder Vaginalzäpfchen wählen. Einige der Präparate lassen sich auch als Gleitmittel für den Geschlechtsverkehr verwenden. Bei gleichzeitiger Benutzung von Kondomen müssen die Befeuchtungsmittel aber fett- beziehungsweise ölfrei sein, um nicht die Sicherheit des Verhütungsmittels zu beeinträchtigen.

Viele Präparate zur Befeuchtung enthalten Hyaluronsäure oder Glycerol. Sie regulieren den Feuchtigkeitsgehalt in der Vagina und haben zudem regenerierende und wundheilfördernde Effekte auf die gereizte Schleimhaut. Einige Produkte tragen mit einem Zusatz an Milchsäure zur Einstellung des physiologischen pH-Wertes in der Scheide bei und geben damit den milchsäureproduzierenden Bakterien optimale Wachstumsbedingungen. Ist das Vaginalmikrobiom nachhaltig gestört, ist die Applikation eines Laktobazillen-Präparates sinnvoll.

Lokale Estrogenbehandlung Bei älteren Frauen reichen hormonfreie Präparate häufig nicht aus. Dann können Estrogene in Form von Cremes, Ovula, Zäpfchen, Tabletten oder als Vaginalring lokal in die Vagina eingeführt werden. Die vaginale Estrogentherapie wird auch von der 2020 aktualisierten S3-Leitlinie „Peri- und Postmenopause – Diagnose und Interventionen“ für Frauen in oder nach den Wechseljahren mit Beschwerden empfohlen. Dabei raten die Leitlinienautoren zu Estriol-haltigen Präparaten.

Estradiol-haltige Topika sind ihrer Meinung nach hingegen zu vermeiden, da diese zu relevanten systemisch wirksamen Estradiolspiegeln führen können. Die Wirkung der estrogenhaltigen Topika entfaltet sich direkt am Eingang der Vagina und in der Vagina selbst. Es lassen sich damit deutliche proliferative Effekte auf das Schleimhautgewebe der Vagina und Harnblase erzielen. Die Durchblutung steigt, so dass sich die Scheidenhaut wieder aufbaut, sich das Bindegewebe festigt und sich die Verschlusskraft der Harnröhre kräftigt. Milchsäurebakterien können sich wieder ansiedeln und für die Wiederherstellung eines physiologischen Scheidenmilieus sorgen, sodass es seltener zu Infektionen kommt.

Allerdings wirken die Topika nur so lange, wie sie auch zur Anwendung kommen. Nach Absetzen kehren die unangenehmen Symptome in der Regel zurück. Zumeist wird den Frauen vom Arzt empfohlen, die Präparate anfänglich über einen Zeitraum von etwa drei Wochen jeden Tag anzuwenden. So lange benötigt die Scheidenhaut, bis sie sich wiederaufgebaut hat. Im Anschluss reicht eine Applikation zweimal pro Woche aus, um die positiven Resultate aufrechtzuerhalten.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2022 ab Seite 114.

Gode Chlond, Apothekerin

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