Schwangerschaft und Geburt
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Schwangere gut beraten

Mit dem positiven Schwangerschaftstest beginnt für werdende Eltern eine aufregende Zeit. Zugleich ist vieles zu bedenken. Welche Beschwerden sind zu erwarten? Was sollte die Schwangere zu sich nehmen und worauf besser verzichten? So beraten Sie schwangere Kundinnen kompetent.

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Impfungen in der Schwangerschaft

Ebenso wie Vorsorgeuntersuchungen ist auch ein wirksamer Impfschutz der Schwangeren für eine komplikationslose Schwangerschaft und eine regelrechte Entwicklung des Ungeborenen von großer Bedeutung. Denn Impfungen schützen nicht nur die Schwangere. Ein guter Impfschutz hilft zudem, Schäden beim Kind im Mutterleib vorzubeugen. Aber nicht nur im Mutterleib, auch später als Neugeborenes profitiert das Kind von der Immunität der Mutter, da die von ihr gebildeten Antikörper aus dem mütterlichen Blut über die Nabelschnur auf das Kind im Mutterleib übergehen.

Damit ist das Kind bereits zu Beginn seines Lebens für einige Wochen bis Monate vor diesen Infektionen geschützt (Leihimmunität oder mütterlicher Nestschutz). Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) rät daher allen Frauen im gebärfähigen Alter beziehungsweise mit Kinderwunsch, ihren Impfstatus regelmäßig zu überprüfen und Lücken vor Beginn einer Schwangerschaft rechtzeitig zu schließen. Gelingt dies nicht rechtzeitigt, können Schwangere mit lückenhaftem Impfschutz dringend indizierte Impfungen ab dem zweiten Trimenon nachholen – allerdings nur solche, die mit inaktivierten Impfstoffen (Totimpfstoffen) und mRNA-Vakzinen erfolgen.

Lebendimpfstoffe kontraindiziert

Immunisierungen mit Lebendimpfstoffen, also mit abgeschwächten, aber noch vermehrungsfähigen Erregern, sind hingegen grundsätzlich kontraindiziert, da beim Übertritt auf das Ungeborene ein theoretisches Infektionsrisiko besteht. Daher werden beispielsweise Impfungen gegen Masern-Mumps-Röteln (MMR) und Varizellen (V) während der Schwangerschaft nicht durchgeführt. Zudem rät die STIKO, nach Verabreichung von Lebendimpfstoffen vier Wochen mit einer Schwangerschaft zu warten.

Doch gerade einige der Erreger, für die nur Lebendimpfstoffe zur Verfügung stehen, können für das Ungeborene lebensgefährlich werden, wenn die werdende Mutter sich mit ihnen infiziert. Beispielsweise gehen Röteln- und Varizella-Viren von der Schwangeren auf den Embryo oder Fetus über und schädigen ihn je nach Zeitpunkt der Infektion schwer (Röteln-Embryopathie, fetales Varizellen-Syndrom).

Um diese lebensgefährlichen Komplikationen zu verhindern, empfiehlt die STIKO ungeimpften Frauen oder Frauen mit unklarem Impfstatus im gebärfähigen Alter die zweimalige Impfung gegen Röteln mit einem MMR-Impfstoff. Auch Frauen, die bereits eine Impfung erhalten haben, sollen noch eine zweite MMR-Impfung erhalten. Zudem empfiehlt die STIKO seronegativen Frauen mit Kinderwunsch eine zweimalige Impfung gegen Varizellen.

Totimpfstoffe erlaubt

Impfungen mit Totimpfstoffen (z. B. gegen Influenza, Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hepatitis A und B) sind grundsätzlich während der Schwangerschaft durchführbar. Sie gelten als sicher für die Schwangere und das Ungeborene. Die STIKO rät, die Impfungen nicht in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft durchzuführen. Sie wären dann zwar prinzipiell bereits möglich, sind aber zu dem frühen Zeitpunkt nur bei dringender Indikation empfehlenswert. 

Eine versehentliche Impfung während oder kurz vor einer Schwangerschaft mit einem Lebendimpfstoff stellt keine Indikation zum Schwangerschaftsabbruch dar, da bislang kein erhöhtes Risiko für Fruchtschädigungen bekannt wurde.

Die Experten begründen ihre Empfehlung für Impfungen ab dem zweiten Trimenon damit, dass sie befürchten, die in der Frühschwangerschaft häufig auftretenden spontanen Fehlgeburten könnten fälschlicherweise mit der Impfung in Zusammenhang gebracht werden.

Explizit empfohlen

Die Impfung gegen Influenza wird Schwangeren von der STIKO sogar explizit ab dem zweiten Trimenon angeraten. Liegt eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung infolge einer Grunderkrankung vor, sogar bereits ab dem ersten Schwangerschaftsdrittel. Die Begründung dafür ist, dass ungeimpfte Schwangere aufgrund diverser physiologischer und immunologischer Veränderungen empfänglicher für schwere Influenzaverläufe sind, die zu Krankenhauseinweisungen oder gar Todesfällen führen. Zudem ist das Risiko für vorzeitige Wehen sowie für Fehl- oder Frühgeburten erhöht. Eine Influenza-Impfung schützt darüber hinaus das Neugeborene durch Übertragung mütterlicher Antikörper im Mutterleib vor Influenzaviren.

Ebenso wird die Impfung gegen Pertussis in jeder Schwangerschaft unabhängig vom Abstand zu vorher verabreichten Pertussis-Impfungen von der STIKO ausdrücklich empfohlen. Sie sollte zu Beginn des dritten Trimenons (ab 28. SSW) erfolgen und bei erhöhter Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt ins zweite Trimenon vorgezogen werden. Ziel der Impfung in der Schwangerschaft ist, Erkrankungen bei Neugeborenen und jungen Säuglingen zu reduzieren. Möglich ist dies, da auch hier mit der maternalen Immunisierung schützende Antikörper auf das Ungeborene übertragen werden. Wurde die Pertussis-Impfung während der Schwangerschaft versäumt, sollte sich die Mutter gleich in den ersten Tagen nach der Geburt impfen lassen, da die Impfung des Säuglings erst ab einem Alter von acht Wochen möglich ist.

Zudem sollten sich werdende Eltern vor dem Entbindungstermin rechtzeitig vergewissern, ob alle künftigen Kontaktpersonen des Neugeborenen einen ausreichenden Immunschutz gegen Pertussis besitzen. Die letzte Pertussis-Impfung sollte hierbei nicht länger als zehn Jahre zurückliegen.

COVID-19-Impfempfehlung

Die STIKO-Empfehlung zur COVID-19-Impfung ist für Schwangere die gleiche wie für Erwachsene ohne Vorerkrankungen unter 60 Jahren. Das bedeutet, auch schwangere Frauen sollten eine Basisimmunität aufbauen, die durch mindestens drei Kontakte mit Bestandteilen des Coronavirus erreicht wird. Dabei kann es sich um Corona-Schutzimpfungen oder Ansteckungen mit dem Coronavirus handeln.

Eine bestmögliche Basisimmunität wird durch mindestens zwei der drei Kontakte als Impfungen erreicht. Diese können – wie die kürzlich aktualisierten Empfehlungen der STIKO zur COVID-19-Impfung erläutern – in der Schwangerschaft erfolgen, und zwar ab dem zweiten Trimenon. Die aktuellen Impfempfehlungen sind im Epidemiologischen Bulletin des RKI 21/2023 vom 25. Mai 2023 nachzulesen.

Arzneimitteltherapie sorgfältig abwägen

So wie mütterliche Antikörper über die Plazenta zum Ungeborenen weitergegeben werden können, können auch fast alle Arzneimittel von der Mutter auf das Kind übergehen. Daher muss eine Arzneimitteltherapie während der Schwangerschaft mit großer Zurückhaltung und individueller Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Die größte Gefahr ist die Teratogenität eines Arzneistoffes. Die fruchtschädigenden Auswirkungen sind vielfältig und meist irreversibel.

  • Fehl- und Missbildungen unterschiedlichen Grades,
  • Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten und Entwicklung,
  • eine Beeinträchtigung der Organfunktion,
  • intrauterine Wachstumsverzögerungen
  • oder gar ein Absterben des Ungeborenen

können die Folge sein. Die Gefahr teratogener Schäden ist nicht nur von der auslösenden Noxe abhängig. Zudem spielen Dosis, Einnahmedauer, Einnahmezeitpunkt sowie die Anzahl der exogenen Einflüsse eine entscheidende Rolle. Prinzipiell nimmt mit höherer Dosierung die Störung der embryonalen Entwicklung zu. Außerdem gilt als besonders kritisch der Zeitraum der Organentstehung im ersten Trimenon.

Die Indikation für den Einsatz von Arzneimitteln ist immer streng zu stellen. Das betrifft auch vermeintlich harmlose Nahrungsergänzungsmittel sowie Phytopharmaka oder Pflanzentees, denn auch ihre Inhaltsstoffe können fruchtschädigend wirken. Grundsätzlich gilt die Devise „nur so viel wie nötig und so gering wie möglich“. Zudem ist eine kurze Therapiedauer anzustreben. 

„Nur so viel wie nötig und so gering wie möglich.“

Bei der Auswahl eines Arzneimittels sind altbewährte Präparate, für die bereits ausreichende Daten zur Bewertung der Unbedenklichkeit während der Schwangerschaft vorliegen, zu bevorzugen. Eine gute Hilfestellung bei der Arzneimittelauswahl bietet die Informationsseite des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin Embryotox.

Das Institut stellt unabhängige Informationen zur Verträglichkeit der wichtigsten Medikamente und zur Behandlung häufig vorkommender Krankheiten bei werdenden und stillenden Müttern online zur Verfügung. Die Datenbank ist hervorragend geeignet, um während des Beratungsgesprächs gemeinsam mit der Kundin gezielt Einsatzmöglichkeiten von Arzneistoffen in Schwangerschaft und Stillzeit nachzuschlagen. Ebenso können die am besten erprobten Mittel bei häufig vorkommenden Erkrankungen recherchiert werden. 

Frauen mit chronischen Erkrankungen, die eine Schwangerschaft planen, benötigen eine spezielle medizinische Beratung.

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