Schwangerschaft und Geburt
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Schwangere gut beraten

Mit dem positiven Schwangerschaftstest beginnt für werdende Eltern eine aufregende Zeit. Zugleich ist vieles zu bedenken. Welche Beschwerden sind zu erwarten? Was sollte die Schwangere zu sich nehmen und worauf besser verzichten? So beraten Sie schwangere Kundinnen kompetent.

24 Minuten

Typische Schwangerschaftskomplikationen

Komplikationen treten nicht nur auf, wenn vorab Risikofaktoren identifiziert wurden. Sie können sich auch plötzlich und unvermutet entwickeln.

  • Beispielsweise kann im Verlauf der Schwangerschaft ein Gestationsdiabetes auch bei Frauen auftreten, die kein erhöhtes Diabetesrisiko haben.
  • Auch besteht für alle Schwangeren das Risiko für eine Fehlgeburt (Abort) ebenso wie für
  • Infektionen, die für Mutter und Kind gefährlich werden können (z. B. Zytomegalie, Listeriose, Toxoplasmose) oder für
  • plötzliche Blutungen während der gesamten Schwangerschaft.
  • Am Anfang einer Schwangerschaft zählen extremes Schwangerschaftserbrechen (Hyperemesis gravidarum),
  • später Eisenmangel beziehungsweise Blutarmut (Anämie) zu den typischen gesundheitlichen Problemen.
  • Eine Muttermundschwäche (Zervixinsuffizienz) kommt am häufigsten zwischen dem vierten und sechsten Schwangerschaftsmonat vor.
  • Hingegen werden vorzeitige Wehen,
  • eine eingeschränkte Funktion der Plazenta (Plazentainsuffizienz) oder
  • eine vorzeitige Ablösung der Plazenta von der Gebärmutter (Abruptio placentae) ebenso wie
  • eine Präeklampsie meist gegen Ende der Schwangerschaft diagnostiziert. Diese Komplikationen können Gründe sein, früher als geplant die Geburt einzuleiten, meist per Kaiserschnitt.
  • Ebenso sind eine falsch liegende Plazenta (Placenta praevia), die den natürlichen Geburtsweg versperrt, oder
  • eine falsche Lage des Kindes (Querlage) Indikationen für einen Kaiserschnitt.

Wann zum Arzt? Alarmsignale!

+ Extremes Erbrechen
+ Blutungen
+ Schmerzen im Unterbauch/Rücken
+ Brennen beim Wasserlassen
+ pH der Vagina über 4
+ Vorzeitige Wehen
+ Starke Kopfschmerzen/Augenflimmern
+ Schwächere/keine Kindsbewegungen
+ Kontraktionen, die stärker sind als sonst
+ Verlust von Fruchtwasser/vorzeitiger Blasensprung

Diagnose Präeklampsie

Eine Schwangerschaftsvergiftung oder Gestose, wie die Präeklampsie früher genannt wurde, gehört zu den gefährlichsten Schwangerschaftskomplikationen. Im Prinzip handelt es sich um eine hypertensive Erkrankung, bei der ein erhöhter Blutdruck (über 140/90 mmHg) in Kombination mit einer vermehrten Eiweiß-Ausscheidung im Urin (Proteinurie) auftritt.

Gleichzeitig kommt es zu einer verminderten Durchblutung der Plazenta. Eine Präeklampsie manifestiert sich bei zwei bis acht Prozent aller Schwangerschaften in der zweiten Schwangerschaftshälfte (selten vor der 20. SSW). Viele der Betroffenen bemerken selbst zunächst nichts, da die Symptome unspezifisch sind. Umso wichtiger sind die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen beim Gynäkologen. Warum einige Frauen eine Präeklampsie entwickeln, ist nicht abschließend geklärt. Eine Vermutung ist, dass es zu einer Störung bei der Einnistung der Plazenta kommt, wobei die Mutter mit einer Entzündung als überschießende Reaktion auf die Schwangerschaft reagiert.

  • Gesichert ist, dass bereits bestehender Bluthochdruck mit einem erhöhten Risiko für eine Präeklampsie einhergeht.
  • Ebenso kommt es vermehrt zu der Schwangerschaftskomplikation bei erstgebärenden Frauen, die noch sehr jung
  • oder älter als 35 sind,
  • die an einem Diabetes Typ 1
  • oder einer anderen Autoimmunerkrankung leiden,
  • bei übergewichtigen Frauen,
  • bei Mehrlingsschwangerschaften,
  • nach künstlicher Befruchtung,
  • bei familiärer Vorbelastung
  • oder bei Frauen, bei denen in einer vorherigen Schwangerschaft bereits eine Präeklampsie aufgetreten ist.

Präeklampsie-Screening

Vor allem Frauen, bei denen das Auftreten einer Präeklampsie vermutet wird, können bereits zwischen der 11. und 14. SSW einen nicht-invasiven Früherkennungstest machen, bei dem unter anderem zwei Eiweißstoffe aus dem mütterlichen Blut (PAPP-A und PIGF) bestimmt werden. Zeigt sich ein erhöhtes Risiko, kann der Arzt der Schwangeren eine tägliche Einnahme von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (ASS) verordnen. Durch eine regelmäßige und frühzeitige ASS-Einnahme (100 bis 150 Milligramm (mg)) lässt sich oftmals das Auftreten einer Präeklampsie vor der 37. SSW reduzieren.

Das Auftreten der Präeklampsie ist sehr gefürchtet, da sie sich bislang nicht ursächlich behandeln lässt. Zwar kann man versuchen, den Bluthochdruck medikamentös zu senken. Allerdings entstehen auch Komplikationen durch die Fehlfunktion der Plazenta entstehen. Und diese lassen sich bislang nur durch eine Entbindung beenden.

Die frühe Form der Präeklampsie (Auftreten vor der 34. SSW) verläuft besonders schwer. Die eingeschränkte Funktionsfähigkeit der Plazenta führt beim Kind zu einem verminderten Wachstum, einem verringerten Geburtsgewicht und einer Verzögerung der Lungenreife. Zudem besteht das Risiko einer vorzeitigen Plazentaablösung und für die Mutter die Gefahr einer Hirnblutung aufgrund des möglicherweise stark erhöhten Blutdrucks. Nicht selten ist es notwendig, eine vorzeitige Geburt einzuleiten, um Mutter und Kind vor lebensbedrohlichen Komplikationen zu schützen.

Während bei der späten Form das Ungeborene bereits so weit herangereift ist, dass es gefahrlos geboren werden kann, muss der Arzt bei einer frühen Präeklampsie genau zwischen Nutzen und Risiko einer (zu) frühen Geburt abwägen. Falls möglich, wird er dann versuchen, noch einige Wochen für die Entwicklung des Kindes zu gewinnen. Voraussetzung dafür ist, dass sich bei der Schwangeren der Blutdruck medikamentös einstellen lässt und beim Ungeborenen keine Mangelversorgung zu befürchten ist.

Eine Präeklampsie ist reversibel. Spätestens drei Monate nach der Entbindung soll weder Protein mehr im Urin nachweisbar sein noch ein erhöhter Blutdruck gemessen werden.

Präeklampise – Eklampsie – HELLP-Syndrom

Kommt es zusätzlich zur Hypertonie und Proteinurie auch zu starken Wassereinlagerungen an Händen, im Gesicht oder an den Füßen (Ödeme) und treten bei der Schwangeren noch Kopfschmerzen, Schwindel, Sehstörungen und Erbrechen auf, kann das ein Indiz für einen schweren Verlauf der Präeklampsie sein. Steigern sich die Symptome bis hin zu tonisch-klonischen Krämpfen spricht man von einer Eklampsie (Schwangerschaftskrampf), die lebensbedrohlich ist. Ebenso gehört eine Schwangere mit dem HELLP-Syndrom sofort in die Klinik.

HELLP steht für
H = Hämolyse (Blutabbau)
EL = Elevated Liver enzymes (erhöhte Leberenzyme) und
LP = Low Platelets (geringe Anzahl an Blutplättchen für die Blutgerinnung).

Bei dieser besonders schweren Verlaufsform der Präeklampsie entgleisen die Blut- und Leberwerte, da die Blutzellen zerfallen, die Blutgerinnung gestört ist und die Leber nicht richtig funktioniert. Starke Schmerzen im Oberbauch können ein Warnzeichen für diese schwere Komplikation sein. Zudem kann es in seltenen Fällen durch einen stark erhöhten Blutdruck zu einer Hirnblutung kommen.

Diagnose Gestationsdiabetes

Der Gestationsdiabetes ist eine der häufigsten Schwangerschaftskomplikationen in Deutschland. Bei etwa jeder 20. Frau werden während der Schwangerschaft Blutzuckerspiegel gemessen, die zwar nicht die Kriterien eines manifesten Diabetes mellitus erfüllen, jedoch über dem normalen Bereich liegen. Kurze Zeit nach der Entbindung reguliert sich der Blutglucosestoffwechsel in der Regel wieder.

Allerdings besitzen die betroffenen Frauen ein erhöhtes Risiko, bei der nächsten Schwangerschaft wieder eine Glucosetoleranzstörung oder später im Leben einen manifesten Diabetes zu entwickeln. Man geht davon aus, dass ungefähr jede zweite Frau in den acht bis zehn Jahren nach der Schwangerschaft an einem Typ-2-Diabetes erkrankt.

Ein erhöhtes Risiko für Gestationsdiabetes haben vor allem Frauen ab einem Alter über 30 Jahre, Übergewichtige oder wenn eine familiäre Vorbelastung für Diabetes vorliegt. Zudem sind Frauen mit Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder unter Cortison-Einnahme für die Stoffwechselstörung gefährdet.

Ursache ist ein veränderter Hormonhaushalt, der Veränderungen im Zuckerstoffwechsel nach sich zieht. Ähnlich wie bei einen Typ-2-Diabetes ist ein Gestationsdiabetes das Resultat einer erhöhten Insulinresistenz und einer eingeschränkten Insulinausschüttung.

Hormonell bedingt kommt es ab der 20. SSW zu einem geringeren Ansprechen der Zellen auf Insulin und damit zunächst zu einer gesteigerten Insulinausschüttung der Bauchspeicheldrüse. Im weiteren Verlauf nimmt die Insulinresistenz zu und die Bauchspeicheldrüse schafft es schließlich nicht mehr, ausreichende Insulinmengen für die Aufnahme der Glucose in die Zellen zur Verfügung zu stellen, was sich durch erhöhte Blutglucosewerte zeigt. 

Anders als bei einem üblichen Diabetes verläuft die Glucosetoleranzstörung während der Schwangerschaft symptomarm. Typische Diabetesanzeichen wie starker Durst, verstärkter Harndrang oder Müdigkeit fehlen meist. Damit ein Gestationsdiabetes rechtzeitig entdeckt und behandelt werden kann, sehen die Mutterschaftsrichtlinien für jede Schwangere ein Screeningverfahren auf erhöhte Blutglucosewerte vor.

Unbehandelt geht die Erkrankung mit einem verstärkten Auftreten von Frühgeburten einher. Zudem ist das Risiko für eine Beeinträchtigung der Gesundheit bei Mutter und Kind erhöht. Harnwegsinfektionen, Bluthochdruck oder eine Präeklampsie sind typische Komplikationen, die die Schwangere entwickelt. Beim Ungeborenen leidet der Blutzuckerstoffwechsel.

Infolge des erhöhten Blutzuckerspiegels der Mutter kommt es zu einer gesteigerten Insulinausschüttung beim Kind, das damit versucht, dem Glucoseüberschuss entgegenzuwirken. Zugleich wirkt das Insulin wachsstumssteigernd, was ein hohes Geburtsgewicht des Säuglings (über 4000 g) zur Folge hat und nachfolgend Komplikationen während der Geburt begünstigen kann (z. B. Geburtsverletzungen bei Mutter und Kind). Um diese zu vermeiden, werden Kinder von Müttern mit Gestationsdiabetes häufiger per Kaiserschnitt geholt.

Nach der Geburt müssen die Neugeborenen vermehrt auf die Intensivstation aufgenommen werden. Sie leiden nicht nur unter einer Unterzuckerung und sind daher schlapp und trinken zu wenig. Das Überangebot an Zucker hemmt zudem die Ausreifung der Lunge und beeinträchtigt Leber- und Nierenfunktion des Neugeborenen. Langfristig ist für das Kind das Risiko erhöht, Übergewicht, eine gestörte Glucosetoleranz oder einen manifesten Diabetes zu entwickeln.

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