Manhattan, New York City© Ultima_Gaina / iStock / Getty Images Plus
Nach Berlin, London und Düsseldorf jetzt auch New York: Eine weitere Person wurde von HIV geheilt. Ihre afroamerikanische Abstammung erforderte ein neues Vorgehen.

Stammzellen

ERSTE FRAU VON HIV UND LEUKÄMIE GEHEILT

Berlin, London, Düsseldorf – diese Städtenamen stehen für die Orte, an denen bisher die einzigen Heilungen von HIV mit Stammzelltransplantationen gelungen sind. Nun könnte New York City dazukommen.

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Das erste Mal konnten Forschende in New York eine Frau sowohl von ihrer Leukämie als auch von ihrer HIV-Erkrankung heilen. Die genetische Abstammung der Patientin macht das Ergebnis zusätzlich besonders.

Am New York Presbyterian Hospital ist es gelungen, für eine Leukämie-Patientin mit, wie sie selbst es nennt, gemischter Abstammung einen geeigneten Stammzellspender zu finden. Das klingt zunächst nicht nach einem besonderen Erfolg, ist es aber. Denn die Mutation, die die gespendeten Stammzellen resistent gegen HIV macht, ist extrem selten.

Doppelschlag mit Stammzellen

Bei der Patientin handelt es sich um die erste Frau weltweit, die von HIV und akuter myeloischer Leukämie (AML) geheilt werden konnte. Bei AML handelt es sich um eine Form von Blutkrebs, die unbehandelt rasch zum Tod führt. Die einzige Behandlungsmöglichkeit besteht bisher in einer Chemotherapie, die das Knochenmark der erkrankten Person zerstört. Durch die anschließende Stammzellspende kann die betreffende Person dann wieder gesunde Blutzellen bilden. Doch eine HIV-Infektion macht die Therapie zusätzlich riskant.

Für die New Yorker Patientin wurde ein passender Stammzellspender gefunden, der außerdem eine seltene Erbgut-Mutation namens CC5-delta-32 trägt. Den transplantierten Stammzellen fehlt dadurch eine wichtige Bindungsstelle für das HI-Virus. Ohne den sogenannten CC5-Rezeptor sind die Viren nicht in der Lage, in die menschlichen Immunzellen einzudringen und eine Infektion auszulösen.

Die entsprechende Mutation kommt nur bei rund einem Prozent aller weißen Menschen vor, in Menschen mit gemischter Abstammung noch seltener. Deshalb wurde bei der Patientin in New York Nabelschnurblut verwendet. Dieses erlaubt aufgrund seiner Eigenschaften die Verwendung von Stammzellen mit nicht ganz exakt passenden Merkmalen, ohne eine Abstoßungsreaktion auszulösen. Somit erhöht sich die Zahl der in Frage kommenden Spender.

Geringe Chance genutzt

Bereits zuvor wurden drei Männer erfolgreich mit Stammzelltransplantationen sowohl gegen HIV als auch gegen Krebs therapiert. Der erste war der als Berliner Patient bezeichnete Timothy Ray Brown, ein US-Amerikaner, der 2007 an der Charité behandelt wurde. Er starb 2020 an einem AML-Rezidiv, ohne dass bei ihm HIV jemals zurückkehrte.

Der sogenannte Londoner Patient, der seit 2019 als geheilt gilt, ist der gebürtige Venezolaner Adam Castillejo. Sein Vater war spanischer und niederländischer Abstammung. Für den Londoner Patienten konnte ein deutscher Stammzellspender mit der CC5-delta-32-Mutation gefunden werden. Seine Chancen, diesen Spender zu finden, betrugen rund 40 Prozent.

Die nun behandelte Frau hatte nur eine Wahrscheinlichkeit von unter 20 Prozent aufgrund ihrer afroamerikanischen Abstammung. Bei dem im Februar als Düsseldorfer Patient bekannt gewordenen Mann, wie auch bei Timothy Ray Brown, lagen die Chancen dagegen bei 72 Prozent.

Forschung mit Hochdruck

Die Forschenden weltweit hoffen, mit den gewonnenen Erkenntnissen in Zukunft weitere Menschen von ihrer HIV-Infektion heilen zu können. Die Stammzelltransplantation ist mit Risiken behaftet, weshalb sie nur für die Therapie lebensbedrohlicher Erkrankungen angewendet wird. Vor und nach der Stammzelltransplantation ist wegen der Zerstörung des Knochenmarks das Infektionsrisiko extrem erhöht. Die für die Chemotherapie verwendeten Medikamente haben starke, sehr unangenehme Nebenwirkungen.

Außerdem ist, wie bereits erwähnt, die CC5-delta-32-Mutation sehr selten und verkompliziert die ohnehin schon schwierige Suche nach einem geeigneten Spender. Da heutzutage mit den modernen Wirkstoffen bereits eine gute Kontrolle der HIV-Infektion möglich ist, kommt die Stammzelltherapie nur in besonderen Fällen in Frage. Die Forschung wird also weitergehen.

Quellen:
https://www.uniklinik-duesseldorf.de/ueber-uns/pressemitteilungen/detail/duesseldorf-patient-hiv-heilung-nach-stammzelltransplantation-bestaetigt 
https://www.nature.com/articles/s41591-023-02213-x 
https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(23)00173-3 
https://www.nytimes.com/2020/03/09/health/hiv-aids-london-patient-castillejo.html 

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