Eine junge Frau hat einige Pigmentverschiebungen im Gesicht. Sie schaut grimmig in den Spiegel und hat den Kopf auf die Hände gestützt.© Doucefleur / iStock / Getty Images Plus
Wer gegen seine Hyperpigmentierungen vorgehen möchte, kann das mit dieser Rezeptur mit Hydrochinon und Tretinoin tun - aber ist die Zusammensetzung stimmig?

Rezeptur – Mischen possible

HYDROCHINON UND TRETINOIN IN DER REZEPTUR – DER FLECK MUSS WEG

Lea Brachwitz leitet das Rezeptur-Team der Engel Apotheke in Darmstadt. In „Rezeptur – Mischen possible“ gibt sie Tipps, wie Sie schwierige Rezepturen meistern. Dieses Mal zu Dermatika mit Hydrochinon, Tretinoin beziehungsweise Vitamin-A-Säure und wie Sie sicher damit arbeiten.

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Es wird zwar langsam Frühling, aber noch lassen sich die Sonnenstunden an einer Hand abzählen. Doch auch, wenn die Sonne noch recht tief steht, sind immer UVA- und UVB-Strahlung vorhanden. Deshalb eignet sich diese Zeit besonders, um unliebsamen Pigmentverschiebungen den Kampf anzusagen.

UVA und UVB: Was ist was?
UVA-Strahlung ist hauptverantwortlich für eine frühzeitige Hautalterung und Pigmentverschiebungen, sie kann aber auch Sonnenallergien und Hautkrebs verursachen. Das Tückische an dieser Strahlung ist, dass sie nahezu ungehindert durch Dunst und Wolken auf unsere Erde und tief in unsere Haut eindringt.
UVB-Strahlung dringt weniger tief in die Haut ein, ist aber energiereicher und führt zu Sonnenbrand. Und sie kann ebenfalls Hautkrebs auslösen, denn sie schädigt die Erbsubstanz der Epidermis-Zellen.

Woher kommen die dunklen Flecken auf der Haut?

Bei einer Pigmentverschiebung oder Hyperpigmentierung enthalten manche Hautzellen ungewöhnlich viel Melanin. Das macht sich in Form von dunklen Flecken auf der Haut bemerkbar.

Manche Hauttypen sind stärker von Hyperpigmentierung betroffen als andere. Auch genetische Faktoren spielen eine Rolle. Bei manchen Betroffenen werden die dunklen Stellen erst spät im Leben sichtbar, bei manchen werden sie durch Schwangerschaft oder Medikamente ausgelöst.

Hyperpigmentierung: Was tun?

In der Dermatologie stehen unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, zum Beispiel

  • Laser- Behandlungen,
  • chemische Peelings
  • und Mirko-Dermabrasion.

Dies sind alles invasive Behandlungen, die deutlich sichtbare Spuren hinterlassen, bevor sich die Haut in neuer Schönheit zeigen kann. Begibt man sich frühzeitig in Behandlung, kann mit weniger invasiven Methoden gearbeitet werden: mit wirkstoffhaltigen Dermatika. Eine solche Rezeptur schauen wir uns nun an.

Die Verordnung: Hydrochinon-Salbe

  • Hydrochinon 2,5 g
  • Ascorbinsäure 0,05 g
  • Vitamin-A-Säure 0,05 g
  • Hydrophile Salbe DAB zu 50,0 g

Die Dosierung lautet „Einmal täglich auftragen“. Bei dieser Zusammensetzung ist die abendliche Anwendung zu bevorzugen. Tagsüber sind eine leichte Feuchtigkeitspflege und unbedingt einen an die Gewohnheiten angepassten Sonnenschutz zu verwenden.

Plausibilität

Schauen wir uns nun die Zusammensetzung genauer an.

  • Wurden die Normdosen eingehalten?
  • Passen die Wirkstoffe untereinander zusammen?
  • Passen die Wirkstoffe zur Grundlage?

Bei der Plausibilitätsprüfung fallen mehrere Dinge auf. Zum einen soll Hydrochinon hier in fünfprozentiger Konzentration verarbeitet werden. Die Empfehlung für die patientenindividuelle Herstellung liegt bei maximal drei Prozent. Für kurzzeitige Anwendungen sind auch höherprozentige Zubereitungen bekannt, haben dann aber auch ein höheres Nebenwirkungspotenzial.

Eine weitere Problematik zeigt sich in der Grundlage. Hydrophile Salbe enthält emulgierenden Cetylstearylalkohol Typ A. Hydrochinon gehört zu den phenolischen Wirkstoffen und kann somit den Emulgator ausfällen und die Emulsion brechen lassen. Auch für die Vitamin-A-Säure (Tretinoin) ist die Grundlage nicht optimal.

Eine Rücksprache mit dem verordnenden Arzt ergab, dass die Salbe wie verordnet hergestellt werden sollte. Allerdings begrenzten wir die Haltbarkeit auf vier Wochen – dann sollte der Patient ohnehin wieder vorstellig werden.

Inhaltsstoffe der Aufhellungs-Creme

Betrachten wir nun die Wirkstoffe, Hilfsstoffe und ihre Eigenschaften.

Hydrochinon: Der Aufheller

Hydrochinon wird als Depigmentierungsmittel für die Haut verwendet. Es hemmt das Enzym Tyrosinase, das an der Formation unseres Haar-, Augen- und Hautpigments Melanin beteiligt ist. So entsteht weniger Pigment, die Haut wird heller. Allerdings kann die Haut sich auch schlechter vor UV-Strahlung schützen und es kommt leicht zu Sonnenbrand. Außerdem können die Flecken bei hoher Einstrahlung wiederkommen – dann häufig dunkler als vor der Behandlung.

In der EU ist Hydrochinon in Kosmetika verboten; es steht auf der Liste der unerlaubten Stoffe, also im Annex II der Kosmetikverordnung. Das liegt am hohen Nebenwirkungspotenzial: Auf die Haut aufgetragen, kann Hydrochinon zu (schweren systemischen) allergischen Reaktionen führen, außerdem ist es immunotoxisch und vermutlich nephrotoxisch. Als Arzneimittel ist es jedoch zugelassen. Für die Rezeptur ist außerdem interessant:

  • Hydrochinon ist ein Phenol-Derivat.
  • Es liegt als farbloser Feststoff vor.
  • Es ist sehr gut wasserlöslich, auch bei Raumtemperatur.
  • Ab einer zweiprozentigen Konzentration schützt es das Arzneimittel antimikrobiell.
  • Die Herstellung sollte zügig von statten gehen, denn Hydrochinon kann sich bei Lichteinfluss verfärben.

Tretinoin: Der Enthorner

Auch der zweite Wirkstoff dieser Rezeptur macht die Haut photosensibler: Tretinoin, auch Vitamin-A-Säure genannt. Das Retinoid gehört zu den wirksamsten Stoffen zur Aknebehandlung. Es erhöht die Zellteilung der Keratinozyten und hemmt gleichzeitig die Produktion von Keratin. Das sorgt dafür, dass die Hornschicht der Haut dünner wird und die Haut vermehrt Keratinozyten ausscheidet. So wirkt es der übermäßigen Verhornung entgegen, die einer Akne zugrunde liegt. Talg fließt leichter ab, weniger Komedonen bilden sich neu. Aber auch ungleich pigmentierte Haut kann sich erneuern. Da Akne auch Pigmentverschiebungen auslösen kann, ist die Akne-Therapie auch ein Ansatz, Hyperpigmentierungen vorzubeugen.

Tretinoin kann oral oder topisch angewedet werden. Unabhängig davon, welche Applikationsart der Dermatologe vorschlägt, die Vorsichtsmaßnahmen sind fast die gleichen, denn Tretinoin ist teratogen. Ist eine orale Anwendung notwendig, müssen Maßnahmen zur Empfängnisverhütung ergriffen werden – unabhängig vom Geschlecht des Anwenders. Bei sind regelmäßige Schwangerschaftstest erforderlich. Bei topisch angewendeten Präparten darf ebenfalls keine Schwangerschaft vorliegen, keine Stillende darf mit dem Produkt behandelt werden.

Vorsicht bei Verarbeitung

Auch bei der Herstellung soll die Exposition so gering wie nötig gehalten werden. Im Idealfall stellt eine Person die Rezeptur her, die nicht mehr im gebärfähigen Alter ist. Insbesondere, wenn das nicht möglich ist, aber auch generell sind Arbeitsschutzmaßnahmen nötig:

  • FFP2-Maske tragen
  • Handschuhe tragen
  • Fertige Verreibungen verwenden
  • kurze Arbeitswege
  • keine Unterbrechungen
  • möglichst alleine arbeiten
  • Im gleichen Raum steht keine weitere (halb fertige) Rezeptur.

Tretinoin ist gelbes, sehr feines Pulver, welches im Kühlschrank gelagert wird. Die Richtkonzentration liegt bei 0,025 bis 0,1 Prozent. Es ist unlöslich in Wasser, wenig löslich in Paraffin oder Mittelkettigen Triglyceriden. Vitamin-A-Säure hat seine optimale Wirkung bei einem pH-Wert von 5; zusätzlich sollte der Rezeptur ein Antioxidans hinzugefügt werden, hier wird Ascorbinsäure, Vitamin C, in gleicher Menge dazu gegeben.

Hydrophile Salbe DAB: Die Grundlage

Diese transparent fettige Salbe besteht aus drei Komponenten:

  • 30 % Emulgierende Cetylstearylalkohl, Typ A
  • 35 % Dickflüssiges Paraffin
  • 35 % Weißes Vaselin

Die Salbe ist wasserfrei, es kann aber Wasser eingearbeitet werden. Vermutlich wurde diese Grundlage gewählt, um einem Austrocken der Haut entgegenzuwirken, allerdings wurde der phenolische Charakter des Hydrochinons außer Acht gelassen.

Vitamin C: Das Antioxidans

Ascorbinsäure wird hier eingesetzt, um für Stabilität zu sorgen. Es ist ein feines weißes Pulver und sehr gut wasserlöslich. Vielleicht haben Sie schon festgestellt, dass in dieser Rezeptur kein Wasser oder anderes Lösungsmittel vorkommt. Das wird sich später noch bemerkbar machen.

Hydrochinon-Tretinoin-Salbe herstellen

Halten Sie alles griffbereit, sodass Sie zügig arbeiten können und nicht viel hin und her laufen müssen. Geben Sie Ihren Kolleginnen und Kolleginnen Bescheid, damit sie die Rezeptur während der Herstellung nicht betreten.

Als erstes wird das Hydrochinon, etwas mehr als tatsächlich benötigt, zügig gemörsert, dann die entsprechende Menge abgewogen. Damit der Wirkstoff nicht lange dem Luftsauerstoff ausgesetzt ist, wird er sogleich in einer Fantaschale in etwas Grundlage eingearbeitet.

Danach wiegen wir Tretinoin und Ascorbinsäure auf der Analysenwaage ab und führen sie dem Ansatz zu. Nach dem Homogenisieren wurden verwendete Waagen und eventuell kontaminierte Stellen gereinigt – immerhin sieht man die gelbe Vitamin-A-Säure gut.

Trotz sorgfältigen Rührens und mehrmaligen Abschabens sind immer noch Partikel hörbar. Eigentlich soll in solchen Fällen der Drei-Walzen-Stuhl die Zubereitung homogenisieren. Da wir die Rezeptur aber so wenig Licht und Luft wie möglich aussetzen wollten, entschieden wir uns für das automatische Rührsystem bei niedriger Umdrehung und ließen die Salbe mehrfach rühren.

Fertig ist die Salbe?

Das Endprodukt ist eine kräftig gelbe Salbe. Das Ergebnis ist jedoch nicht recht zufriedenstellend. Dies beruht auf der nicht optimalen Grundlage, der hohen Konzentration an Hydrochinon und dem fehlenden Lösungsmittel für die Ascorbinsäure.

Die Abgabe erfolgt in einer Aluminiumtube mit diesen Hinweisen:

  • Im Kühlschrank lagern
  • Außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahren
  • Verschreibungspflichtig

Über die unbedingte Empfängnisverhütung wurde der Kunde von dem behandelten Dermatologen aufgeklärt und von uns noch einmal daran erinnert.

Die niederländische Alternative

Eine gute Alternative wäre eine Rezeptur aus dem NRF gewesen:

  • Hydrochinon 2,5 g
  • Tretinoin 0,05 g
  • Butylhydroxytoluol 0,025 g
  • Dickflüssiges Paraffin 2,48 g
  • Glycerin 5,0 g
  • Propylenglykol 5,0 g
  • Natriumedetat 0,025 g
  • Natriummetabisulfit 0,25 g
  • Anionische hydrophile Creme SR DAC (Vorschrift S. 27) zu 50,0 g

Diese Zubereitung ist eine Anlehnung an eine standardisierte Rezeptur des Formularium Nederlandse Apothekers (FNA), das niederländische Pendant zu unserem NRF. Bei dieser Creme sind die einzelnen Komponenten kompatibel und ausreichen stabilisiert. Sie wird mit einer Haltbarkeit von vier Monaten geführt – deutlich kundenfreundlicher.

Quellen:
"Normdosen gebräuchlicher Arzneistoffe und Drogen" Deutscher Apothekerverlag
https://flexikon.doccheck.com/de/Hydrophile_Salbe_DAB
https://flexikon.doccheck.com/de/Hydrochinon
https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=hydrochinon
https://www.gd-online.de/german/veranstalt/images2005/Tretinoin.pdf
https://dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/dac/nrf-wissen/rezepturenfinder/apo/einzelansicht/3565
https://www.eucerin.at/ueber-haut/hautprobleme/hyperpigmentierung-sonne https://www.eucerin.at/ueber-haut/die-haut-grundlagen/sonne-und-haut
https://www.drbresser.de/aesthetik-schoenheit/hyperpigmentierungen/

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