Ein Strang weißer Creme tritt aus einer weißen Tube aus.© AlxeyPnferov / iStock / Getty Images Plus
Statt einer typischen Rezepturgrundlage ist ein Kosmetikum wie Excipial® U Lipolotio verordnet - geht das? Und was müssen Sie beachten?

Rezeptur – Mischen possible

KOSMETIKA ALS REZEPTURGRUNDLAGE – WANN IST ES ERLAUBT?

Lea Brachwitz leitet das Rezeptur-Team der Engel Apotheke in Darmstadt. In „Rezeptur – Mischen possible“ gibt sie Tipps, wie Sie schwierige Rezepturen meistern. Dieses Mal zu Rezeptur-Verordnungen, bei denen ein Kosmetikum als Grundlage verwendet werden soll.

Seite 1/1 6 Minuten

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Mittlerweile ist es draußen nicht mehr knackig kalt, von sommerlichen Temperaturen sind wir aber auch noch weit entfernt. Vielen Menschen machen Temperaturschwankungen zu schaffen. Einige leiden an Kopfschmerzen, andere sind ständig erkältet und bei manchen spielt die Haut verrückt.

Theoretisch wissen wir, dass unser größtes Organ Pflege benötigt, aber oft genug cremen wir erst dann, wenn die Haut juckt, sich rötet oder schuppt. Heute geht es um eine intensiv pflegende Rezeptur, deren Zusammensetzung zunächst etwas verwundert, bei genauem Hinsehen aber durchaus Sinn ergibt.

Die Zusammensetzung

Diese Rezeptur enthält nichts Exotisches oder Teures, sondern durchaus gängige Inhaltsstoffe. Einen davon würde man aber nicht unbedingt in einer Zubereitung zum Eincremen vermuten:

  • Harnstoff 10,0 g
  • Natriumchlorid 10,0 g
  • Wasser, gereinigt 25,0 g
  • Excipial® U Lipolotio ad 200,0 g

Schauen wir uns nun die einzelnen Bestandteile an.

Die Grundlage: Kosmetika in Rezepturen?

Verwenden wir in Rezeptur eine Grundlage, die wir eigentlich als Kosmetikum kennen, stellt sich die Frage: Dürfen wir das überhaupt? Für Kosmetika gelten weniger strenge Auflagen an den Hersteller als für Arzneimittel. Kosmetika dürfen wir deshalb nur in Rezepturen einsetzen, wenn sie

  • in Arzneibuchqualität hergestellt wurden (aktuelle GMP-Richtlinien),
  • geprüft wurden und
  • dies durch ein Analysenzertifikat nach §§ 6 und 10 der ApBetrO nachgewiesen wird.

Das müssen wir erst einmal nachprüfen, in diesem Fall im Fachbereich der Webseite von Excipial®. Tatsächlich, Hersteller Galderma stellt für viele seiner Produkte Zertifikate zur Verfügung. Sie können sie herunterladen und/oder ausdrucken, um sie in den entsprechenden Ordnern abzuheften.

Außerdem findet sich dort eine interessante Tabelle zu sogenannten Magistralrezeptur-Empfehlungen. Sie liefert Informationen zu standardisierten Rezepturen, die bereits auf Plausibilität und Stabilität überprüft wurden. Mit dieser Tabelle lässt sich unkompliziert eine Kompatibilität zwischen Grundlage und Wirkstoffen feststellen.

Sowohl Harnstoff wie auch Wasser sind in dieser Tabelle zu finden. Harnstoff kann bis zu zehn Prozent in Excipial® U Lipolotio eingearbeitet werden; in unserer Verordnung sind es fünf Prozent. Eine solche Zusammensetzung ist galenisch stabil, die Haltbarkeit kann mit acht Wochen angegeben werdenDie Lagerung sollte bei Raumtemperatur erfolgen

Wasser fungiert hier als Lösungsmittel. Im Übermaß kann es eine Lotion jedoch auch brechen lassen. Wegen des zusätzlichen Wassers in der Zubereitung haben wir die ursprüngliche Haltbarkeit sicherheitshalber von acht auf sechs Wochen reduziert.

Mehr aus der Rezeptur:

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Eigenschaften der Grundlage

Es handelt sich, wie gesagt, um ein Hautpflegemittel, welches in fast allen Apotheken zu finden ist. Excipial® U Lipolotio ist eine Wasser-in-Öl Emulsion mit einem Lipidgehalt von 36 Prozent. Von Haus aus enthält sie bereits vier Prozent Harnstoff. Sie zieht schnell ein und dient zur täglichen Pflege von trockener und rauer Haut.

Verkauft wird dieses Produkt zu 200 und 500 Millilitern (ml). Da wir für diese Rezeptur genau 200 ml benötigen, verwenden wir die kleinere Flasche und nutzen sie später auch als Abgabegefäß, indem wir die fertige Rezeptur zurückfüllen.

Harnstoff

Harnstoff, auch Urea pura genannt, ist eine weißlich kristalline Substanz, die hygroskopisch (wasseranziehend) ist und somit auch gut wasserlöslich. Falls dieser Wirkstoff große Agglomerate gebildet hat, muss die entsprechende Menge vor der Weiterverarbeitung gemörsert werden.

Harnstoff, wie wir ihn aus der Rezeptur kennen, ist vollkommen synthetisch hergestellt und somit absolut hygienisch. Sonst ist er ein Stoffwechselprodukt, welches mit dem Harn und Schweiß ausgeschieden wird. Und zwar von allen Säugetieren, auch dem Menschen.

Am bekanntesten ist Harnstoff für seine keratolytische (Hornhaut-erweichende) und durchfeuchtende Eigenschaft. Er kann dazu beitragen, dass andere Wirkstoffe in tiefere Hautschichten eingeschleust werden können. Die befeuchtende Eigenschaft macht man sich zunutze in vielen Hautpflege- und Kosmetikprodukten. Bei regelmäßiger Anwendung solcher Produkte wird der transepidermale Wasserverlust (TEWL) reduziert, da die äußere Hautschicht (Stratum corneum) besser durchfeuchtet wird. Somit wir die Haut unempfindlicher gegenüber schädigenden Umwelteinflüssen, Bakterien und Viren. Des Weiteren glättet sich das Hautprofil, Schuppungen lösen sich.

Harnstoff ist sehr gut verträglich und birgt kaum allergenes Potenzial. Wird er in wässrigen Rezepturen verwendet, ist darauf zu achten, dass die Entnahmeöffnung des Abgabegefäßes möglichst klein gehalten wird. Verdunstet zu viel Wasser oder sonstiges Lösungsmittel, kommt es zu einer Rekristallisierung; diese ist deutlich auf der Haut spürbar als feine Körnchen.

Natriumchlorid

Natriumchlorid oder auch Kochsalz kennen wir hauptsächlich von steriler Kochsalzlösung für Augentropfen oder Injektionslösungen, in Nasensprays oder Spülungen jeglicher Art. Es ist gut wasserlöslich. Im menschlichen Körper finden wir das meiste Natriumchlorid in der extrazellulären Flüssigkeit und im Blutplasma.

Auf die Haut hat Salz eine reinigende, desinfizierende und wundheilungsfördernde Wirkung. Nicht umsonst fahren Menschen mit Hauterkrankungen zur Besserung ans Meer. Ekzeme heilen ab, das Hautprofil wird glatter und weicher. Das trägt zum Wohlbefinden bei. Genau dies will man sich in dieser Rezeptur zunutze machen.

Zu erwähnen ist: Beide Substanzen, sowohl Harnstoff als auch Natriumchlorid, sollten nicht auf beschädigter oder verletzter Haut verwendet werden; das kann brennen. Das heißt, besonders aufgekratzte oder blutig-rissige Stellen sollten ausgespart oder mit einer fettigen Zubereitung geschützt werden. Nach der Abheilung kann dann der ganze Körper mit dieser Zubereitung eingecremt werden. Nur bitte nicht in die Augen oder auf Schleimhäute aufbringen; Brennen und Irritationen können die Folge sein.

Lotion herstellen

Ich habe mich bei dieser Rezeptur für die Herstellung in der Fantaschale entschieden, damit ich die Veränderungen während der Herstellung besser überwachen kann. Sollten Sie sich bei Harnstoff-Rezepturen für ein automatisches Rührsystem entscheiden, beachten Sie bitte, dass der Harnstoff längere Rührzeiten erfordern kann, bis er sich völlig gelöst hat.

Als erstes wird Harnstoff in die tarierte Fantaschale eingewogen und große Agglomerate zerstoßen. Dann gibt man den größten Teil gereinigtes Wasser dazu und löst den Harnstoff unter Rühren. Dabei kühlt die Außenseite der Fantaschale deutlich ab, denn Urea entzieht dem Wasser beim Lösen Energie (der Vorgang ist also endotherm).

Ist der Harnstoff gelöst, geben wir das Kochsalz hinzu und das restliche Wasser, auch das Kochsalz muss sich vollständig lösen. Das Zwischenprodukt sollte eine wässrige Lösung sein und keine ungelösten Bestandteile mehr enthalten (eine leichte Trübung ist in Ordnung). Kurz: Beim Rühren sollten keine schabenden Geräusche mehr zu hören sein.

Nun kann portionsweise die Grundlage zugefügt und in das Wasser eingearbeitet werden, bis die Endmasse von 200 Gramm erreicht ist.

Eine zweite Möglichkeit ist, die kristallinen Bestandteile in ein tariertes Becherglas einzuwiegen und unter Rühren in der vorgeschriebenen Wassermenge zu lösen, die Grundlage in einer tarierten Fantaschale vorzulegen und dann die Lösung portionsweise einzuarbeiten. Dies ist die elegantere Herstellungsmethode, erfordert aber bei Harnstoff-Agglomeraten, diese erst im Mörser zu zerstoßen und die Substanz anschließend in das Becherglas zu überführen.

Das Ergebnis ist das gleiche: eine homogene, leicht Eierschalen-farbige Lotion mit dem charakteristischen Geruch, den alle Excipial® Produkte innehaben. Somit haben wir wieder eine Rezeptur kennengelernt, die erst auf den zweiten Blick ihr Potenzial enthüllt.

Quellen:
https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=harnstoff
https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Natriumchlorid
https://www.hautinfo.at/salz-auf-deiner-haut
https://www.usz.ch/damit-aus-badespass-kein-badefrust-wird/
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2011/daz-6-2011/harnstoff-in-dermatologie-und-kosmetik
https://www.excipial.de/produkte/urea/u-lipolotio/
https://www.deutschesapothekenportal.de/rezept-retax/rezeptur-news/september-2018/monatsfrage/ 

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