Karottenscheiben in a-förmiger Schüssel. © Gargonia / iStock / Getty Images
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Vitamin A

KOSMETIK ODER ARZNEIMITTEL?

Es hilft gegen Sehschwäche, Fältchen und Akne. Man kann es einnehmen oder als Creme anwenden. Das klingt nach dem perfekten Wirkstoff. Doch so wirksam und vielseitig Vitamin A ist – hier ist Vorsicht geboten.

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Vitamin A wurde bereits um 1500 vor Christus medizinisch verwendet: Chinesen heilten Nachtblindheit mit einer Mischung aus Honig und Lebertran. Heute wissen wir, dass der Begriff Vitamin A eine ganze Gruppe chemisch verwandter Stoffe umfasst. Ein Mangel an dem fettlöslichen Vitamin ist selten. In Lebensmitteln tierischen Ursprungs kommt es in Form von Retinylpalmitat vor, in pflanzlichen als Carotine. Um die Wirksamkeit vergleichen zu können, gibt man den Gehalt in Retinoläquivalenten (RAE) an. Rindsleber enthält beispielsweise 7744 Mikrogramm (µg) Retinoläquivalent pro 100 Gramm (g), Karottensaft 950 µg/100 g und gekochte Löwenzahnblätter 300 µg/100 g.

In unserem Körper ist Vitamin A daran beteiligt, dass Haut und Schleimhäute aufgebaut werden, wachsen und richtig funktionieren. Auch für das Sehen, das Knochenwachstum und unsere Blutkörperchen ist Vitamin A wichtig. In der Haut und Schleimhaut beugt es als Radikalfänger Schäden am Erbgut vor. Vitamin A verdickt die Epidermis: Die Haut wirkt glatter, straffer, gleichmäßiger. Dabei ist Vitamin A deutlich wirksamer als Vitamin E.

Kosmetik, Arzneimittel, Nahrungsergänzung Vitamin A ist in Form von Cremes und Lotionen als rezeptfreie Kosmetik erhältlich. Auch als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) gibt es Vitamin A oder seine Vorstufen, die Carotine. Insbesondere gegen Altersfältchen ist Retinol beliebt, aber auch gegen unreine Haut. Bei schweren Akneformen können Ärzte Cremes mit der Vitamin-A-Säure Tretinoin verordnen, alternativ Isotretinoin zum Einnehmen. Sie erhöhen die Mitoserate der Hautzellen und hemmen die Keratinsynthese, sodass sich die Hornschicht der Haut leicht abschält. So können sich Poren öffnen und Talg kann wieder abfließen. Diese Therapie trocknet die Haut allerdings auch aus – Ihren Tretinoin-Kunden können Sie eine fettarme, feuchtigkeitsspendende Haut- und Lippenpflege empfehlen.

Kleines Lexikon

+ Vitamin A = Retinoide Überbegriff für Stoffe, die mit Retinol verwandt sind
+ Vitamin A1 = Retinol INCI: Retinol, auch als NEM
+ Provitamin A = beta-Carotin (und andere Carotine) INCI: Beta Carotene, Lebensmittel-Farbstoff: E160, auch als NEM
+ Vitamin-A-Aldehyd = Retinal ein Carotin, Bestandteil des Sehpurpurs in der Netzhaut
+ Vitamin-A-Säure = Retinsäure = Tretinoin verschreibungspflichtig
+Vitamin-A-Ester = Retinylpalmitat INCI: Retinyl Palmitate, Retinyl Linoleate, Retinol Palmitate, Linoleate

Schwangerschaft, Menopause, Raucher Tretinoin ist nach Thalidomid die am stärksten fruchtschädigende Substanz. Retinol beeinflusst die Entwicklung der Wirbelsäule und des Gehirns. Nervenzellen finden ihren richtigen Platz, indem sie sich an der Retinolkonzentration orientieren. Tretinoin als Retinol-Agonist greift hier störend ein. Frauen im gebärfähigen Alter dürfen Tretinoin-Cremes deshalb nur anwenden, wenn sie eine bestehende Schwangerschaft sicher ausschließen können. Studien zeigen zwar, dass Tretinoin die Haut kaum durchdringt, bei übermäßiger Anwendung oder wenn die Haut geschädigt ist, können dennoch größere Mengen in den Blutkreislauf übergehen.

Sicherheitshalber raten einige Ärzte sogar von kosmetischen Retinolcremes in der Schwangerschaft ab. Zwar ist das teratogene Risiko hier deutlich geringer als bei Tretinoin, ausgeschlossen ist es jedoch nicht. Hinzu kommt, dass Kosmetikhersteller die Menge an Retinol meist nicht ausweisen. Retinol als NEM darf in der Schwangerschaft nur nach ärztlicher Rücksprache eingenommen werden. Genauso verhält es sich nach der Menopause, da ein Vitamin-A-Überschuss mit verringerter Knochendichte in Zusammenhang steht (für Carotine gilt dies nicht, sie werden nur zu einem geringen Anteil resorbiert und in Vitamin A umgewandelt).

Bei Rauchern erhöhen Vitamin A und beta-Carotin das Lungenkrebs-Risiko. Das fettlösliche Vitamin reichert sich außerdem bei übermäßiger Einnahme im Körper an und verursacht Kopfschmerzen, Haarausfall und Leberschäden. Deshalb sollte man maximal 0,2 Milligramm (mg) RAE täglich zu sich nehmen. Bei erhöhtem Hirndruck und schwerer Niereninsuffizienz sind Retinol-Präparate sogar kontraindiziert. Der Gesamtbedarf von 0,8mg bei Frauen beziehungsweise 1mg bei Schwangeren und Männern lässt sich aber auch über die Nahrung gut decken.

Möhren gegen Sonnenbrand? Das Provitamin A Beta-Carotin ist, wie Vitamin A selbst, ein Radikalfänger. Deshalb setzt man es auch zum Schutz vor UV-Strahlen ein. Als Sonnencreme ist es aufgrund seiner intensiv orangen Farbe nicht geeignet, aber als NEM. Vier Wochen, bevor man beginnt sich zu sonnen, startet man die Carotin-Einnahme: in den ersten beiden Wochen täglich 100mg, dann nur noch 50mg. In diesen vier Wochen sammelt sich der Wirkstoff in den Hautzellen an – sie färben sich dabei sichtbar orangebraun.

Früher setzte man beta-Carotin deshalb auch als Bräunungsmittel in Kombination mit Canthaxanthin ein – dieses ist jedoch mittlerweile verboten, weil es sich im Auge ablagert und die Retina verfärbt. Beta-Carotin allein färbt die Haut jedoch deutlich orangestichig – nicht empfehlenswert. Als alleiniger Sonnenschutz reicht das Provitamin A nicht aus, man benötigt zusätzlich eine Sonnenlotion mit chemischem oder mineralischem UV-Filter.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe von DIE PTA IN DER APOTHEKE „Kosmetik – Inhaltsstoffe in Kosmetika“ ab Seite 42.

Gesa Van Hecke, PTA / Redaktionsvolontärin

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