Frau am Strand© H. Armstrong Roberts / iStock / Getty Images

Sonne und Haut

ALLES DREHT SICH UM DIE SONNE

Was macht die Sonne eigentlich genau mit der Haut? Warum kann sich die Haut nicht selbst ausreichend schützen? Und wieso wird gelegentlich behauptet, dass Nutzer von Sonnenschutzprodukten eine höhere Hautkrebsrate aufweisen?

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Um in der Haut eine Wirkung auszuüben, ganz gleich ob positiv oder negativ, müssen die Sonnenstrahlen in die Haut eindringen. Die Eindringtiefe ist abhängig vom Energiegehalt und damit von der Wellenlänge der Strahlung. Unsere Haut ist ziemlich intelligent aufgebaut, nämlich so, dass die energiereichste Strahlung, die am meisten Schaden anrichten könnte, am wenigsten tief eindringen kann. Das Energiereichste, was die Sonne aussendet, ist die UVC-Strahlung, deren Wellenlängenbereich schließt sich vom Energiegehalt her direkt an die Röntgenstrahlung an.

UVC wird zwar fast vollständig von der Erdatmosphäre absorbiert, aber eine geringe Menge kommt eben doch auf der Erde an. Um lebende Zellen zu schützen, ist unsere Haut so aufgebaut, dass UVC-Strahlung nur bis in die tote Hornschicht gelangt. UVB-Strahlen, die sich an den UVC-Bereich anschließen, gelangen hingegen zu etwa 10 Prozent bis in die Basalschicht der Epidermis, erreichen also auch lebendes Gewebe. Der Rest wird von der Hornschicht aufgenommen.

Die UVA-Strahlung mit noch größerer Wellenlänge, also niedrigerem Energiegehalt, dringt durch die Epidermis bis in die Lederhaut vor. Für Infrarotstrahlung, die noch etwas weniger Energie besitzt, ist die Haut besonders durchlässig. Sie gelangt bis unter die Haut, ihre Absorption erzeugt lediglich Wärme, die wir bis in die Muskulatur hinein spüren können.

Die Energie geht nicht verloren Wenn man sagt, die Strahlen werden von der Haut aufgenommen, dann bedeutet dies, dass die Energie dieser Strahlen in Form einzelner Portionen, den Lichtquanten, mit den Molekülen der Haut in Wechselwirkung tritt. Einzelne Atome aus diesen Molekülen werden durch Aufnahme von Energie aus einem niedrigeren Energieniveau in ein höheres gehoben.

Möglich ist das nur, wenn der Energiegehalt des eintreffenden Lichtquants exakt mit der Energie, die für die Anhebung des Elektrons nötig ist, übereinstimmt. Dafür sorgt unsere Haut mit ihrem Aufbau. Sie stellt der Strahlung entsprechende Reaktionspartner zur Verfügung. Der angeregte Zustand des Moleküls ist allerdings instabil und wird in den meisten Fällen durch Abgabe der Energie in Form von Wärme wieder beendet.

Hautmoleküle können sich durch die Strahlung verändern Es kann aber auch zu Reaktionen im Molekül, beispielsweise Polymerisationen oder Umlagerungen, kommen. UVB-Strahlen sind sogar in der Lage, Elektronen ganz von ihrer Umlaufbahn um den Kern zu entfernen. Es entstehen Ionen oder, wenn ein einzelnes, ungepaartes Elektron zurückbleibt, freie Radikale. Die folgenschwerste Wirkung der UVB-Strahlen ist ihr Effekt auf die Nukleinsäuren. Bausteine der DNA werden dadurch verändert. Falls die Schäden nicht zum Zelltod führen oder durch körpereigene Reparatursysteme behoben werden können, treten Mutationen auf.

Dies erklärt das Auftreten von Präkanzerosen und Hautkrebs bei jahrelanger UVB-Exposition. Eine weitere Folge ist das vorzeitige Altern der Haut in Form einer immer dünner werdenden Epidermis mit unregelmäßiger Verhornung und Trockenheitsfältchen. Eine Akutreaktion auf zu viel UVB-Strahlung ist der Sonnenbrand. UVA-Strahlung wurde lange Zeit für ungefährlich gehalten, da sie von den UVB-induzierten Schäden in den Hintergrund gedrängt wurde.

Erst durch die Entwicklung von Lampen, die fast reine UVA-Strahlung aussenden, wie sie in Solarien verwendet werden, konnte der Einfluss des isolierten UVA-Anteils untersucht werden. Heute weiß man, dass eine UVA-Exposition, weil die Strahlung in tiefere Hautschichten pene- triert, vor allem die Lederhaut verändert. Elastin- und Kollagenfasern brechen, sodass die Haut an Elastizität und Spannung verliert. Es entstehen Falten, die bis tief in die Lederhaut reichen.

Mit dem Bikini fing es an Mit der Industrialisierung wandelte sich in den 1920er Jahren die ganze Gesellschaft. Man hielt sich jetzt gerne draußen auf, gebräunte Haut stand nicht mehr für Land- und Straßenarbeiter oder Seeleute, sondern für Freizeit in der Natur. Blasse Haut war nicht mehr vornehm, sondern wies auf Fließbandarbeit in der Industrie hin. Und als die Bademode knapper wurde, rückte auch der Sonnenbrand erstmals in den Fokus. 1933 wurde die erste auf Lichtschutzsubstanzen basierende Sonnencreme eingeführt.

Als 1946 der Bikini vorgestellt wurde und sich in den 1950er und 1960er Jahren als Modetrend durchsetzte, wurde gebräunte Haut endgültig zum Statussymbol einer aufstrebenden industriellen Gesellschaft. Man reiste in den Süden, um dort am Strand ausgiebig zu bräunen. Eine so plötzliche und massive Sonnenexposition gibt der Haut keine Chance, sich selbst an die UV-Strahlung zu adaptieren. Von den schädlichen Wirkungen der UV-Strahlung wusste man noch nicht viel. Man kannte nur den Sonnenbrand. Also war es das Ziel, diesen zu verhindern.

Lichtschutzsubstanzen sollten lediglich die dafür verantwortlichen Strahlen abfangen. So konnte man länger in der Sonne bleiben und noch brauner werden, ohne einen Sonnenbrand zu riskieren. Sonnenbrände waren trotzdem an der Tagesordnung, denn der Sonnenschutz war teuer und wurde viel zu sparsam aufgetragen. Und tatsächlich gibt es Statistiken, dass die Menschen, die sich mit diesen ersten Sonnenschutzprodukten ohne UVA-Schutz sehr lange in der Sonne aufhielten – länger als das ohne Sonnenschutz möglich gewesen wäre – heute häufiger an weißem oder schwarzem Hautkrebs erkranken als Menschen, die diese Produkte nicht verwendet haben.

Für moderne Sonnenschutzprodukte gilt das freilich nicht mehr. Sie halten UVB- und UVA-Strahlung sehr gut ab, enthalten zusätzlich Antioxidanzien, die vor freien Radikalen schützen und sind dazu häufig noch hypoallergen.

LSF und PPD 1962 definierte der österreichische Chemiker Franz Greiter den Lichtschutzfaktor. Er hatte sich Jahre zuvor beim Bergsteigen auf dem Piz Buin, einem Berg an der Grenze zwischen Österreich und der Schweiz, einen sehr starken Sonnenbrand zugezogen und forschte seitdem am Thema Sonnenschutz. Es dauerte jedoch noch Jahre, bis es einen Lichtschutzfaktor über 8 gab. Anfangs wurde der Begriff LSF nur unter Dermatologen verwendet, durchsetzen konn- te er sich erst, als er von der Stiftung Warentest ab 1966 regelmäßig zur Bewertung der Produkte herangezogen wurde.

Der LSF-Wert wird nach einer international üblichen, standardisierten Messmethode an freiwilligen Probanden ermittelt. Dabei wird die mit Sonnenschutzmittel behandelte Haut mit einer definierten Dosis UV-Licht bestrahlt, bis ein Sonnenbrand entsteht. Aus Bestrahlungsdosis und -zeit wird der Lichtschutzfaktor bestimmt. An der Entwicklung von In-vitro-Methoden wird geforscht. Da die Schutzwirkung eines gut formulierten Sonnenschutzproduktes durch die unterschiedlichsten Ursachen beeinflusst wird, ist es allerdings problematisch, ohne die Prüfung auf der Haut auszukommen.

Schwieriger als der UVB- ist der UVA-Schutz zu bestimmen, weil die Haut auf UVA-Strahlung keine schnell sichtbare Reaktion zeigt, die man auswerten könnte. Bis 2007 waren die Angaben zum UVA-Schutz auf den Produkten nicht sehr aussagefähig, weil es keine allgemein anerkannten Standards gab und quasi jedes Unternehmen eigene Prüfmethoden hatte. Heute wird die Höhe des UVA-Schutzes mit der PPD (persistent pigment darkening)- Methode bestimmt. Dabei wird die Zeitspanne bis zum Auftreten einer dauerhaften Bräune einmal ohne und einmal nach Auftragen des Sonnenschutzmittels gemessen. Die mit dem UVA-Logo (UVA im Kreis) gekennzeichneten Produkte bieten einen UVA-Schutz, der den aktuell gültigen Empfehlungen entspricht.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Sonnenkosmetik 2022 von DIE PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 6.

Sabine Breuer, Apothekerin/Chefredaktion

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