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Arthrose und Gelenkschmerzen
PTA-Fortbildung

Irreparabler Verschleiß

Arthrose ist nicht heilbar, da Schäden an Knorpel und Knochen nicht rückgängig gemacht werden können. Der Verlauf der Erkrankung lässt sich aber mit einer frühzeitigen Therapie positiv beeinflussen.

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Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. April 2020

Arthrose ist weltweit die häufigste Gelenkerkrankung. Circa 20 Millionen Menschen in Deutschland haben zeitweise Arthroseschmerzen, fünf Millionen leiden jeden Tag. Dabei steigt die Zahl mit zunehmendem Alter an. Während unter den 30-Jährigen nur jeder Zwanzigste die Diagnose erhält, ist es bei den über 60-Jährigen bereits jeder Zweite.

Degenerative Gelenkerkrankung Der Grund für die Zunahme an Betroffenen im höheren Alter liegt in der Pathogenese der Erkrankung. Bei der Arthrose handelt es sich um eine fortschreitende Degeneration des Knorpelgewebes im Gelenk sowie aller Strukturen, die am Aufbau eines Gelenks beteiligt sind. Es kommt dabei zum Knorpelverlust sowie zu Veränderungen des Knochens und der Gelenkinnenhaut (Synovialis). Reizzustände der Sehnen- und Bandansätze, Schwellungen und Schmerzen im Gelenk sind die Folge. Die Krankheit verläuft langsam aber stetig. Ursache sind nicht nur übermäßige altersbedingte Abnutzungserscheinungen.

Es trifft auch zunehmend junge Menschen. Bei ihnen spielen vor allem angeborene Fehlstellungen, Bewegungsmangel, Übergewicht, extreme Beanspruchungen beim Sport oder belastende Tätigkeiten im Beruf sowie Verletzungen eine Rolle. Zudem scheinen hormonelle Zusammenhänge zu bestehen. Während in der Altersklasse 65 plus circa ein Drittel Männer unter Arthrose leiden, sind von den Frauen sogar mehr als die Hälfte erkrankt. Ein gehäuftes Auftreten der Gelenkerkrankung innerhalb bestimmter Familien lässt zudem auf eine genetische Komponente schließen. Darüber hinaus können auch verschiedene Stoffwechselerkrankungen den Knorpelstoffwechsel stören (z. B. Hypercholesterinämie).

Unverzichtbare Knorpelschicht Ein Blick auf die Anatomie soll das Krankheitsgeschehen verdeutlichen. Für die Beweglichkeit des Körpers werden Gelenke als Verbindungen zwischen den Knochen benötigt. Insgesamt verfügt der menschliche Organismus über mehr als 100 dieser Verbindungsstellen, die sich in unechte und echte Gelenke unterteilen lassen. Unechte Gelenke (Synarthrosen) verbinden die Gelenkkörper mittels Knorpel oder Bindegewebe und lassen lediglich eingeschränkte Bewegungen zu (z. B. an den Bandscheiben, zwischen den Schädelknochen). Echte Gelenke (Diarthrosen) ermöglichen hingegen einen größeren Bewegungsradius aufgrund eines Hohlraums zwischen den Knochenenden, dem Gelenkspalt.

Damit echte Gelenke reibungslos funktionieren, sind die Knochenenden von einem glasigen (hyalinen) Knorpel überzogen. Dieser besteht zu 95 Prozent aus extrazellulärer Knorpelmatrix (Wasser, Kollagen, Proteoglykane). Der Rest des Knorpelvolumens wird von Knorpelzellen (Chondrozyten) ausgefüllt, die für den Auf- und Abbau der Knorpelmatrix zuständig sind. Der glatte Knorpel wirkt als schützender elastischer Stoßdämpfer, der Krafteinwirkungen abfedern beziehungsweise gleichmäßig über das Gelenk verteilen kann. Zudem verhindert er, dass die Knochen bei Bewegungen direkt aufeinander stoßen und es zu Knochenabrieb kommt.

Zusätzlich vermindert ein zähflüssiges Sekret die Reibung, indem es den Knorpel mit einem dünnen Gleitfilm überzieht. Es handelt sich dabei um die Gelenkflüssigkeit (Synovia), die sich zwischen den Knochenenden im Gelenkspalt, einem Teil der Gelenkhöhle, befindet. Die Gelenkhöhle wird durch die Gelenkkapsel begrenzt, die aus einer äußeren Bindegewebsschicht (Membrana fibrosa) sowie einer elastischen, stark durchbluteten Innenhaut, der Gelenkinnenhaut (Synovialis), besteht. Die Synovialis produziert die Gelenkflüssigkeit und gewährleistet die Ernährung des Knorpels. Da dieser keine Blutgefäße besitzt, müssen Nährstoffe aus der gefäßdurchsetzten Synovialis an die Gelenkflüssigkeit abgegeben und mittels Diffusion in den Knorpel transportiert werden.

Ein optimaler Stoffaustausch wird dabei durch Bewegung der Gelenke erzielt. Bei Entlastung saugt der Knorpel wie ein Schwamm neue Nährlösung auf. Bei Druckbelastung wird verbrauchte Flüssigkeit samt Stoffwechselprodukten aus dem Knorpel herausgepresst und wieder ans Blut abgegeben. Da der gesunde Knorpel Druckbelastungen über die gesamte Gelenkfläche gleichmäßig verteilt, können alle Bestandteile des Knorpels ausreichend ernährt und anschließend von Abbauprodukten befreit werden.

Kontinuierlicher Knorpelverlust Der Gelenkknorpel unterliegt während seiner gesamten Lebensdauer Aufbau- und Abbauprozessen. Während Belastung innerhalb physiologischer Grenzen mit einem Knorpelaufbau einhergeht, bewirkt Überlastung einen Abbau. Bei der Arthrose gerät der Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht und die katabolen (abbauenden) Mechanismen überwiegen, was schließlich eine Zerstörung von Kollagenen in der Knorpeloberfläche nach sich zieht. Anfänglich versucht der Organismus, den Abbau mit einer gesteigerten Knorpelneubildung zu kompensieren. Allerdings bildet sich Kollagen mit einer verminderten Qualität.

Dies kann zwar noch eine weitgehend normale Gelenkfunktion gewährleisten, es hält aber Gelenkbelastungen nicht mehr so gut stand, sodass irreversible Schädigungen des Knorpelgewebes die Folge sind. Zuerst wird das Kollagennetz zerstört, später fasert die oberste Lage des Knorpelgewebes aus. Die ehemals glatte Knorpeloberfläche ist dann durch Risse, Unebenheiten und Aufrauungen gekennzeichnet. Aufgeraute Knorpelschichten reiben aneinander und stören den reibungslosen Ablauf der Bewegung. Abrieb ist die Folge, durch den der Knorpel schrittweise abgetragen wird bis der Knochen teilweise oder ganz frei liegt.

Umbauvorgänge im Knochen Reibt Knochen an Knochen, stellen sich nicht nur unangenehme Schmerzen ein. Zudem reagiert der Knochen mit Verdichtung und Verhärtung, was seine stoßdämpfenden Eigenschaften stark vermindert. Auch ist im Zuge der Knochenbeteiligung eine Erhöhung des Gelenkinnendrucks und damit die Entstehung von Vertiefungen in der Knochensubstanz (Zysten, Geröllzysten) möglich, die mit abgestorbenem Gewebe, Bindegewebe und Flüssigkeit gefüllt sind.

Am Rand der Gelenkflächen können sich zum Druckausgleich knöchernde Auswüchse (Osteophyten) neu bilden, was durch knotig verdickte und deformierte Gelenke sichtbar wird. Im weiteren Verlauf schreitet die Zerstörung des Gelenks fort. Sie geht mit zunehmenden Bewegungseinschränkungen bis hin zu irreversiblen Funktionseinbußen und andauernden Schmerzen einher, wodurch die Lebensqualität der Betroffenen erheblich eingeschränkt wird.

Entzündliche Vorgänge Gleichzeitig gelangt abgeriebenes Knorpel- und Knochenmaterial in die Gelenkflüssigkeit. Dadurch wird die Synovialis gereizt und es können sich schmerzhafte Entzündungsreaktionen (Synovitis) entwickeln, die schließlich zu einer Überproduktion von Gelenkflüssigkeit (Gelenkerguss) führen. Dieses Entzündungsgeschehen ist akut und tritt phasenweise nach bereits fortgeschrittener Zerstörung des Knorpels auf. Dieses als aktivierte Arthrose bezeichnete Stadium macht sich mit einer Schwellung, Rötung und Überwärmung der Gelenke bemerkbar.

Häufig sind die Symptome bei Nässe und Kälte besonders ausgeprägt (Wetterfühligkeit). Während der Entzündungsreaktionen werden Enzyme (Metalloproteinasen) und weitere entzündungsfördernde Substanzen (z. B. Interleukin 6/IL-6) freigesetzt. Sie beschädigen noch mehr Knorpel und setzen einen Teufelskreis in Gang, der schließlich in einer Degeneration des Knochens endet.

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