Ein Schwarm Mücken© Kwangmoozaa / iStock / Getty Images Plus
Mücken in Massenproduktion: Spezielle Mücken sollen andere Arten verdrängen, die das Denguefieber übertragen.

Mückenfabrik

MIT DER WUNDERMÜCKE GEGEN DAS DENGUEFIEBER

Mücken, die den Erreger des Denguevirus übertragen, sind für den Menschen gefährliche Plagegeister. Doch es gibt eine Geheimwaffe: eine speziell gezüchtete Mücke, die das Denguevirus genetisch bedingt nicht überträgt. Brasilien plant den massenhaften Einsatz.

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

Sie ist zwar klein, die Mücke, und doch gilt sie als das tödlichste Tier der Welt: Schätzungen zufolge sterben jährlich zwischen 750 000 und einer Million Menschen an Krankheiten, die von Stechmücken übertragen werden.

Zum Beispiel das Dengue-Fieber. Wie wäre es nun, überlegte sich die gemeinnützige Organisation World Mosquito Program (WMP), wenn man eine Mücke züchtete, die sozusagen mit einem einzigen (für den Menschen unschädlichen) Kleinstlebewesen „belegt“ ist, sodass es keine anderen mehr übertragen kann? Gesagt, getan: Das WMP schuf eine Mücke, die mit dem Wolbachia-Bakterium infiziert ist.

Mücke in Spezialausfertigung

Wolbachia pipientis infiziert zwar emsig ungefähr die Hälfte aller Insektenarten, nicht aber Mücken der Gattung Aedes aegypti. Ausgerechnet jene können aber Dengue-, Zika- oder Chikungunya-Viren übertragen. Ein australischer WMP-Biologe gab auch nach tausenden von Versuchen nicht auf, bis er endlich den einen Zuchtstamm hatte: Wolbachia-infizierte Aedes aegypti, in denen sich das Dengue-Virus nicht vermehren konnte. Diese Mücken vererbten diese eine Besonderheit zuverlässig und verbreiteten sie innerhalb weniger Monate in der gesamten Population.

Eigentlich ein todsicheres Konzept – und dieses Prinzip wurde auch bereits mehrfach in ausgewählten Städten in Australien, Brasilien, Kolumbien, Indonesien und Vietnam erprobt. Eine Studie aus Indonesien ergab sogar, dass mit den Zuchtmücken das Auftreten von Denguefieber um 77 Prozent reduziert werden konnte.

Allerdings waren nicht alle Versuche so erfolgreich. In Brasilien bewegte sich der Erfolg bisher lediglich zwischen 38 und 69 Prozent. Eine weitere große randomisierte und kontrollierte Studie wird derzeit zusätzlich durchgeführt. Damit möchte man das Auftreten von Denguefieber in Gebieten, in denen sich Wolbachia-infizierte Mücken ausbreiten, mit dem in anderen Gebieten vergleichen.

Mückenfabrik soll in Milliardenproduktion gehen

Für diesen Zweck wird – kein Scherz – zurzeit gerade eine Mückenfabrik gebaut. Die soll 2024 in Betrieb gehen und jährlich bis zu fünf Milliarden Tiere produzieren. Die Insekten werden dann mit Drohnen, Motorrädern und Autos im ganzen Land verteilt. „Es wird die größte Anlage der Welt sein, um mit Wolbachia infizierte Mücken zu produzieren“, schwärmt Professor Dr. Scott O’Neill vom WMP, der den speziellen zuchtstamm der Mücke herauszüchtete.

Damit könnten dann mehr Menschen pro Zeiteinheit geschützt werden als in jedem anderen Land – Brasilien hat eine der höchsten Denguefieber-Infektionsraten der Welt. 2022 gab es mehr als zwei Millionen Fälle.

Die WHO muss es noch absegnen

Es gibt nur ein kleines Problem für Staaten, die sich die Wolbachia-Mücke zunutze machen wollen: Die Technologie ist nur in Brasilien zugelassen. Die Weltgesundheitsorganisation prüft noch; mit einer Entscheidung ist in Kürze zu rechnen.

Dr. Luciano Moreira, leitender Wissenschaftler bei der WMP, formuliert dann auch etwas vorsichtiger: Man sollte trotz der bisherigen Erfolge nicht von Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und der Entwicklung von Impfstoffen gegen das Denguefieber ablassen. „Die Wolbachia-Methode ist komplementär, und wir sollten mit integrierten Methoden arbeiten, um Dengue, Zika und Chikungunya zu kontrollieren. Die Wolbachia-Methode ist keine Wunderwaffe.“

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

×