behandschuhte Hände halten Petrischale mit Erde. Auf einem Spatel ist eine Erdprobe.©megaflopp / iStock / Getty Images Plus
Eine Petrischale Erde in einem Labor kann ein Sammelsurium an Forschungsmaterial beinhalten.

Malaria und MRSA

NEUE ANTIBIOTIKA-KLASSE WECKT GROSSE HOFFNUNGEN

Diese Entwicklung sorgt für verhaltene Aufregung: Forscher des Helmholtz-Institutes haben einen Naturstoff entdeckt, der sowohl gegen Infektionen mit dem Krankenhauskeim MRSA als auch gegen den Malariaerreger wirkt. In Zeiten zunehmender Antibiotika-Resistenzen wird der neue Wirkstoff dringend gebraucht.

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Weltweit werden so viele Fälle antibiotikaresistenter bakterieller Krankheitserreger gemeldet, dass die WHO schon 2014 offiziell Alarm schlug. Damit weiterhin genug Antibiotika zur Verfügung stehen, muss in dieser Richtung mit Hochdruck geforscht werden. Und das haben Wissenschaftler des Helmholtz-Institutes für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) getan: Sie setzen dabei auf die Naturstoffklasse der Chlorotonile.

Wirkstoff-Gerüste aus Naturstoffen sind wichtige Quellen für Antibiotika. Diese oft hochwirksamen Substanzen werden von Bakterien oder Pilzen produziert, um sich in ihrem natürlichen Umfeld (zum Beispiel dem Boden) einen Vorteil gegenüber konkurrierenden Mikroben zu verschaffen. Bevor diese Moleküle allerdings zum Zuge kommen und an Menschen getestet werden können, müssen sie in langwierigen Prozessen geprüft werden. Dieser Aufgabe hat sich das Team um Rolf Müller am HIPS verschrieben.

Das Molekül aus der Natur löst sich schnell in Luft auf

Chlorotonile wurden bereits 2007 zum ersten Mal aus dem Bodenbakterium Sorangium cellulosum beschrieben. Zusätzlich zur hohen Wirksamkeit gegen den Malariaerreger Plasmodium falciparum teilen sie auch kräftig gegen grampositive Bakterien wie den gefürchteten multiresistenten Stamm des Krankenhauskeims Staphylococcus aureus (MRSA) aus. Einziger Haken bei den Chlorotonilen: Ihre Moleküle waren bisher nicht besonders stabil und noch dazu schwer wasserlöslich. Das Team um Rolf Müller begann daher, gezielt diese Eigenschaften zu verbessern, um den Wirkstoff für die frühe präklinische Entwicklung zugänglich zu machen.

Hinzu kam, dass es nur geringe Erträge, aber hohe Kosten gab, wenn Chlorotonile mittels chemischer Synthese hergestellt wurden. Das Müller-Team fand heraus: Wenn man den natürlichen Produzenten S. cellulosum fermentiert, lassen sich Derivate herstellen, die zwar in der Natur so nicht vorkommen, die aber gezielt verändert werden können – zum Beispiel in Hinsicht auf bessere Löslichkeit und Stabilität. Dr. Walter Hofer, Erstautor der Studie, meint dazu: „Naturstoffe sind sehr komplexe Moleküle und schon kleine Modifikationen können einen großen Effekt haben. Bei der Optimierung via Semisynthese besteht die Schwierigkeit darin, die Substanz so zu verändern, dass die negativen Eigenschaften beseitigt werden, aber die hohe Wirksamkeit trotzdem erhalten bleibt.“.

Mit mehr Stabilität wird Chlorotonil hochwirksam

Man stellte also eine Art Supermolekül her, das dann gegen eine ganze Reihe mehrfach resistenter Bakterien hochaktiv war. An mit S. aureus infizierten Mäusen wurde der neue Wirkstoffkandidat getestet – und siehe da: Die Gabe des verbesserten Chlorotonilderivates führte zu einer bis um das zehntausendfache reduzierten bakteriellen Belastung der Tiere. Die Wissenschaftler zeigten sich hinterher zuversichtlich, dass die neuen Moleküle auch für eine Anwendung am Menschen geeignet sein könnten: „Um das Risiko zu minimieren, dass hier unerwartete Nebeneffekte auftreten, müssen vorher allerdings noch weitere Parameter untersucht werden“, sagte die Biologin Jennifer Herrmann.

Ein weiterer Vorteil der Neuentwicklung: Es gab bisher keine Resistenzentwicklung. Das lässt hoffen. Man arbeitet nun mit Hochdruck an möglichen Darreichungsformen des Wirkstoffs und damit, wie die Substanz in infizierte Gewebe transportiert werden kann. Das übergeordnete Ziel ist die Entwicklung eines neuen Antibiotikums, welches für die Behandlung schwerwiegender Infektionserkrankungen genutzt werden kann, für die es kaum oder sogar keine Therapieoptionen mehr für Patienten gibt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das diese Entwicklung finanziell unterstützt, setzt dabei auch große Hoffnung in den Kampf gegen Malaria.

Quellen:
Informationsdienst wissenschaft
Bundesministerium für Bildung und Forschung

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