© DIE PTA IN DER APOTHEKE

200. Geburtstag von Dr. Schüßler

EIN MANN MIT ECKEN UND KANTEN

Schüßler-Salze sind heute Millionen Menschen bekannt. Weniger bekannt ist der Mann, der hinter dieser Therapie steht und sie quasi erfunden hat: Dr. med. Wilhelm Heinrich Schüßler (1821 – 1898).

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Durch seine Therapie ist Dr. Schüßler auf allen fünf Kontinenten bekannt geworden – und damit auch seine Heimat Oldenburg. Am 21. August 2021 jährt sich zum 200. mal sein Geburtstag. Schüßler war ein Mann der klaren Sprache. Er hat nicht lange um Dinge herumgeredet und sich selbst mit Professoren, wenn er anderer Meinung war, angelegt – nicht zuletzt hat er den anerkannten Physiologen Prof. Eduard von Grauvogl als Schafskopf bezeichnet. Das war Dr. Schüßler. Und dennoch, er ist seinen Weg gegangen – schnurstracks geradeaus und überall hat er seine Lehre vertreten und verteidigt.

Dabei hatte er nur ein Ziel im Auge: Den Menschen zu helfen. Zwischen arm und reich gab es keinen Unterschied – 73 Pfennige (heute etwa 5 Euro) war sein einheitliches Honorar für die Behandlung. Therapien, von denen er nichts hielt, wie Kneipps Wasserkur, hat er öffentlich kritisiert. Und auch zum Thema Impfen hatte er eine kritische Einstellung wie seine Veröffentlichungen zur Diphtherie-Behandlung und dem Diphtherie-Heilserum zeigen.

Viele medizinische Themen hat er kritisch beleuchtet. Auch damit machte er sich nicht immer beliebt. Im Sprechzimmer von Dr. Schüßler sah es anders aus als bei den konventionellen Ärzten seiner Zeit. Kein weißer Mantel, stattdessen ein dunkler Gehrock und stets seine Pfeife zur Hand. Übrigens: Patienten hat er das Rauchen verboten. An den Sonntagen, wenn Oldenburgs Bürger an der Hunte prominierten, sah man zuweilen auch den Altmeister der Biochemie (so nannte Dr. Schüßler später seine Heilmethode). Im Sommer war er etwas auffällig angezogen, aber modisch: Ein Kanarien-gelber Gehrock, den Schirm wie ein Gewehr geschultert, eine Mütze und weiße Handschuhe. Auch das war Wilhelm Heinrich Schüßler.

Sanfte Therapie für die ganze Familie Dr. Schüßlers Heilweise ist heute das, was ihm selbst vorschwebte, eine Volksheilweise. In den 1920er Jahren erlebte die biochemische Lehre Dr. Schüßlers schon einmal einen Boom. Über 200 000 Menschen trafen sich deutschlandweit regelmäßig in den biochemischen Gesundheitsvereinen zum Austausch. Nachdem die biochemische Heilweise in den 1950er bis 1980er Jahren mehr in den Vereinen als in der Öffentlichkeit lebte, haben sich Ende der 1990er Jahre immer mehr Menschen mit den Schüßler-Salzen beschäftigt.

Als die Schüßler-Salze Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt wurden, befand sich Europa im Umbruch. Der einsetzende Aufschwung läutete die Gründerzeit ein. Deutschland versuchte mit der Industrialisierung den Vorsprung anderer europäischer Nationen aufzuholen. Diese Zeit war geprägt von großen Erfindungen und wissenschaftlicher Forschung, die die Menschheit heute noch beeinflusst.

Mineralstoffe in Geweben entdeckt Neue Erkenntnisse revolutionierten das Leben, die Wissenschaft und auch die Medizin. Professor Dr. Rudolf Virchow studierte die menschliche Zelle und entdeckte, dass unsere kleinste Lebenseinheit wiederum aus vielen kleinen Organen (Zellorganellen) besteht. Sie beeinflussen die Energiegewinnung und den Stoffwechsel des ganzen Organismus. Die Physiologie-Professoren Jacob Moleschott und Wilhelm Wundt wiesen im menschlichen Körper verschiedene Mineralstoffe nach und spekulierten darüber, warum der Muskel Magnesium, die Knochen Calcium und die Schleimhäute Kaliumchlorid enthalten.

Dr. Schüßler: Einzigartiges geschaffen Genau in dieser Zeit wandte sich der Arzt Dr. med. Wilhelm Heinrich Schüßler endgültig von der Homöopathie ab und begründete seine eigene Heilmethode. Er konnte erklären, warum der Körper, die Organe und Gewebe Mineralsalze benötigen. Nicht nur für deren Aufbau, sondern auch für deren Funktion. Das war einmalig und außergewöhnlich für die damalige Zeit. Innerhalb kürzester Zeit stieß seine neue Therapie auf so großes Interesse, das Hunderttausende sich ihr zuwandten.

Die Biochemie nach Schüßler zählt zu den bewährten und logisch nachvollziehbaren Naturheilverfahren. Das Grundprinzip der Naturheilkunde heißt: Mit sanften Methoden zu helfen und zu heilen. Heilen im Sinne der Natur bedeutet, dem Körper Impulse zur Selbstheilung zu geben. Also weder Symptome zu unterdrücken noch Ursachen „unter den Teppich zu kehren“. Schüßler-Salze wirken dort, wo sie der Körper benötigt – oder wo der Defekt, die Störung entstanden ist. Fehlgesteuerte Prozesse werden umgekehrt und können wieder optimal ablaufen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2021 auf Seite 63.

Günther H. Heepen, Heilpraktiker und Autor

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