Grafische Darstellung verschiedener Darmbakterien.
Wir teilen unseren Körper mit unzähligen Mitbewohnern: mit lebenden Mikroben wie Bakterien, Pilzen und Viren. © image_jungle / iStock / Getty Images Plus

Mikroben | Zellen

WAS PROBIOTIKA BEWIRKEN

Bakterien, Pilze und Viren gelten meist als schädlich. Doch die Mikroben sind auch wichtig für unsere Gesundheit. Probiotika spielen dabei eine besondere Rolle - sollte man sie gezielt einnehmen?

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Mehrere tausend Arten von Mikroben wie Bakterien, Pilzen und Viren leben auf unserer Haut, auf unseren Schleimhäuten und vor allem in unserem Darm. Da kommt einiges zusammen: „Jeder trägt rund 1,5 Kilogramm Mikroorganismen mit sich herum“, sagt Ursula Sellerberg von der Bundesapothekerkammer. Sie alle zusammen - die sogenannte Mikrobiota oder das Mikrobiom - übernehmen wichtige Funktionen für den Körper. Welche Arten von Mikroben und in welcher Zusammensetzung sie in und auf uns leben, das ist von Mensch zu Mensch verschieden - und ändert sich ständig. Hygiene, körperliche Aktivität, Medikamenteneinnahme, Infektionen und die Ernährung beeinflussen das Mikrobiom und vor allem die Besiedelung des Darms, die sogenannte Darmflora.

Die Vielfalt im Darm fördern
Grundsätzlich gilt: Je vielfältiger der Darm mit Mikroorganismen, insbesondere Probiotika, besiedelt ist, desto besser sei das für die Verdauung, aber auch das gesamte Immunsystem, sagt die Ökotrophologin Astrid Donalies von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Diese Vielfältigkeit lässt sich durch Ernährung fördern. Donalies empfiehlt: „Man sollte sich pflanzlich betont, abwechslungsreich und ballaststoffreich ernähren sowie täglich fermentierte Lebensmittel zu sich nehmen.“ Pflanzlich betont, das bedeutet, dass man laut den zehn Ernährungsregeln der DGE täglich Getreide, Getreideprodukte oder Kartoffeln sowie drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst essen sollte - dazu zählen auch Hülsenfrüchte und Nüsse.

Joghurt und Sauerkraut als Probiotika-Quellen
Mit fermentierten Lebensmitteln meint Donalies Milchprodukte wie Joghurt oder Kefir, die durch Milchsäuregärung hergestellt wurden. Solche Produkte enthalten besonders viele Probiotika. Gleiches gilt für Lebensmittel wie Sauerkraut oder Kimchi. Diese werden ebenfalls durch Fermentation - also durch kontrollierte Gärung - haltbar gemacht und sind eine gute Probiotika-Quelle.

Viel Zucker oder rotes Fleisch können die Mikrobiota indes aus dem Gleichgewicht bringen. Gleiches gilt für bestimmte Medikamente, etwa Antibiotika, Entzündungshemmer oder Antidepressiva, wie Apothekerin Sellerberg erklärt. Blähungen, Verstopfungen oder Durchfall sind mögliche Folgen, ebenso Müdigkeit oder Infektanfälligkeit.

Der Einfluss der Darmflora
Studien deuten außerdem darauf hin, dass eine ungünstige Zusammensetzung der Darmflora Auswirkungen auf andere Organe haben und Krankheiten fördern kann. „Zum Beispiel psychische Erkrankungen wie Depressionen aber auch Allergien und Diabetes werden im Zusammenhang mit der Mikrobiota gesehen“, so Donalies.

Welche Mikroben ungünstige oder günstige Auswirkungen haben, ist allerdings noch nicht abschließend erforscht. Außerdem kann das von Mensch zu Mensch verschieden sein.

Wir sind da noch nicht am Ende der Untersuchungen.

Neben ohnehin probiotischen Lebensmitteln gibt es Produkte, denen Probiotika zugesetzt wurden. Sellerberg und Donalies sind sich aber einig: Wer keine Erkrankung hat und sich ausgewogen ernährt, braucht solche Produkte nicht. Die meisten dieser Produkte mit zugesetzten Probiotika haben den Status eines Nahrungsergänzungsmittels, wie Sellerberg betont. Werden die Mittel dennoch eingenommen, rät sie: „Probiotika sollten 90 bis spätestens 30 Minuten vor den Mahlzeiten geschluckt werden, damit möglichst viele Mikroben den Dickdarm erreichen.“

Vorsicht mit Nahrungsergänzungsmitteln
In einigen Fällen können Probiotika-Mittel hilfreich sein: Etwa bei Durchfall, der durch die Einnahme von Antibiotika bedingt ist, können sie Studien zufolge dessen Dauer verkürzen. Sellerberg merkt aber an: „Durchfall ist ohnehin eine sich selbst limitierende Erkrankung.“ Auch bei der Behandlung des Reizdarmsyndroms kommen Probiotika zum Einsatz, sagt Donalies. „Die Auswahl der Bakterienstämme richtet sich nach dem Leitsymptom.“ Gerade wenn das Reizdarmsymptom Schmerzen oder Verstopfung verursacht, können Probiotika helfen.

Apothekerin Sellerberg warnt vor der unkritischen Einnahme von Probiotika als Nahrungsmittelzusatz oder in Kapselform.

Studien zeigen, dass eine langfristige Anwendung zu Fehlbesiedelungen im Darm führen kann.

Die Folgen können Verdauungsbeschwerden sein. Nicht geeignet sind Probiotika für Menschen, die Immunsuppressiva - das sind Medikamente, die die Immunabwehr senken - einnehmen. Grundsätzlich seien Probiotika aber gut verträglich. Apothekerin Sellerberg gibt zudem zu bedenken, dass man die Mengenverhältnisse sehen sollte: „Rund ein Kilogramm verschiedene Mikroben leben im Darm - was kann man da mit einer kleinen Kapsel erreichen?“

Quelle: dpa

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