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Forschung Pharma

PROBIOTIKA ALS NEUER ­THERAPIEANSATZ BEI AUTISMUS

Unsere Darmbakterien scheinen nicht nur bei vielen Krankheiten eine Rolle zu spielen, sondern über die Darm-Hirn-Achse auch die Psyche und das Verhalten zu ­beeinflussen.

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Studie – Probiotika mit Einfluss auf die Psyche – sogenannte Psychobiotika – könnten in Zukunft bei psychiatrischen Erkrankungen an Bedeutung gewinnen. Das gilt auch für den Einsatz von Lactobacillus plantarum PS128 bei Menschen mit Autismus. Unser Körper wird von über 100 Billionen Bakterien besiedelt, deren Gesamtheit man als Mikrobiota bezeichnet. Sie leben mit uns in einer engen Symbiose und sind unabdingbar für die Gesundheit. Die meisten dieser Bakterien besiedeln den Darm (intestinale Mikrobiota) und können über die sogenannte Darm-Hirn-Achse mit dem zentralen Nervensystem kommunizieren, erklärte Prof. Dr. Thomas Baghai aus Regensburg. Unter anderem wurden bereits Auswirkungen auf Stressreaktionen, Verarbeitung von Emotionen und Verhalten des Menschen gezeigt.

Eine gesunde Mikrobiota (Eubiose) zeichnet sich durch eine hohe Vielfalt an Bakterien aus. Bei einer Dysbiose kommt es dagegen zu Verschiebungen in der Zusammensetzung der Darmbakterien und die Vielfalt wird geringer. Solch eine Dysbiose mit gastrointestinalen Beschwerden wurde auch vermehrt bei Patienten mit Autismus-Spektrum-Störungen beobachtet. Hierbei handelt es sich um tiefgreifende neuropsychiatrische Entwicklungsstörungen mit Defiziten im Sozialverhalten, des nonverbalen kommunikativen Verhaltens und in der Entwicklung und Pflege von Beziehungen, erklärte Dr. Ingo Spitczok von Brisinski aus Viersen. Möglicherweise kann eine gestörte Kommunikation zwischen Darm und Hirn solche neuropsychologischen Erkrankungen begünstigen.

Für das Probiotikum Lactobacillus plantarum PS128 sind in mehreren Untersuchungen positive Auswirkungen auf die Psyche von Tieren und Menschen gezeigt worden. Dr. Christian Queckenbeck aus Langenfeld stellte dazu aktuelle Ergebnisse einer Studie mit 71 autistischen Jungen zwischen 7 und 15 Jahren vor. Die Kinder hatten über vier Wochen 3 x 1010 koloniebildende Einheiten PS 128 (angeboten als Nahrungsergänzungsmittel neuraxBIOTIC Spectrum®) oder ein Scheinmedikament (Placebo) erhalten. In der Gruppe mit der Psychotropikum-Gabe wurde zum Studienende eine deutliche Verbesserung einiger Autismus-Kernsymptome wie gestörtes Sozialverhalten, Ängstlichkeit sowie Widerstand und Trotzverhalten beobachtet.

Der positive Effekt war bei jüngeren Kindern stärker ausgebildet als bei den Teenagern. Dies kann als erster Hinweis auf eine positive Wirkung von Lactobacillus plantarum PS128 bei Kindern mit Autismus gewertet werden, meinen die Experten. Um den Stellenwert der Probiotikagabe im Gesamtkonzept der Autismus-Behandlung richtig einordnen zu können, sind aber noch weitere Studien mit höheren Patientenzahlen notwendig. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2020 auf Seite 8.

Quelle
Pressekonferenz „Neue Wege in der ­Autismus-​Behandlung?“, 29.11.2019 in Berlin, Veranstalter Neuraxpharm.

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