Ein Weizenfeld in der Abendsonne.
Warum Weizen schlechter verträglich ist als Dinkel, ist immer noch unklar. © Trebor Eckscher / iStock / Getty Images Plus

Proteine | Zöliakie

WEIZENUNVERTRÄGLICHKEIT: STECKT DIE URSACHE IM DETAIL?

Mehl aus Weizen und Dinkel unterscheiden sich deutlich in der Eiweißzusammensetzung. Auch zwischen den einzelnen Sorten innerhalb dieser Arten gibt es Unterschiede: Der Gehalt an potenziell allergenen Proteinen kann sogar um den Faktor 20 schwanken. Doch diese Proteine kann man beeinflussen.

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Für bessere Backqualität, aber auch bessere Verträglichkeit von Weizen soll eine Humanstudie Licht ins Dunkel bringen. Verbraucher klagen nach dem Verzehr von Weizenmehlprodukten immer öfter über Symptome, die von Kopfschmerzen über Bauchweh, Durchfall und Erbrechen bis hin zu Neurodermitis und Depressionen reichen. Eine Erklärung, warum Dinkel oft besser verträglich ist als Weizen, fehlt noch immer, denn Brotweizen (Triticum aestivum ssp. aestivum) und Dinkel (Triticum aestivum ssp. spelta) sind eng miteinander verwandt.

Eine Forschungsgruppe der Universität Hohenheim versucht mithilfe einer Studie möglichen Ursachen dafür auf die Spur zu kommen. Eine Rolle könnten manche im Mehl enthaltenen Proteine spielen. „Einige wenige Menschen leiden unter Zöliakie oder allergischen Reaktionen nach dem Verzehr von Weizen. Und beide Krankheitsbilder werden durch verschiedene Proteine ausgelöst“, erklärt Professor Dr. med. Stephan C. Bischoff vom Institut für Ernährungsmedizin. „Der Auslöser der Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität (NCWS) dagegen ist noch nicht geklärt, doch man hat auch hier Proteine im Verdacht“.

In dem Forschungsprojekt wollen Bischoff und sein Team Folgendes untersuchen: Die Proteine in verschiedenen Weizen- und Dinkelsorten, dann wie sie sich während der Brotherstellung verändern und schließlich eine Humanstudie. Bisher liegen die Ergebnisse zur ersten Teilstudie vor.

Die Forscher haben 15 Sorten Weizen und Dinkel, die aktuell für Produktionen in Deutschland repräsentativ sind, an jeweils drei Standorten in Deutschland und in Frankreich angebaut und das daraus hergestellte Mehl analysiert.

„Die Proteinsequenzen bei Weizen und Dinkel erwiesen sich als sehr ähnlich. Das konnten wir nutzen, um mit Hilfe der Weizen-Datenbank Proteine in den Dinkelproben zu identifizieren“, sagt Dr. Jens Pfannstiel vom Modul Massenspektrometrie in der Core Facility Hohenheim (CFH). Insgesamt konnten die Forscher so 3050 Proteine in Dinkel und 2770 in Brotweizen nachweisen. „Erstaunlich war, dass rund ein Drittel aller Proteine sich bei Weizen und Dinkel in ihrer Expression signifikant unterscheiden“, so Pfannstiel weiter.

Auch die Umwelt hat einen Einfluss auf die Proteinbildung: „Für rund die Hälfte aller gebildeten Proteine ist der Anbau-Ort prägend. Das bedeutet aber auch, dass man diese Proteine nicht zielgerichtet beeinflussen kann“, so Professor Dr. Friedrich Longin vom Arbeitsgebiet Weizen an der Landessaatzuchtanstalt. Allerdings unterscheiden sich die Unterarten von Dinkel und Weizen in ihrem Proteinmuster. Zwei Drittel dieser Umwelt-abhängigen Proteinekamen nur in einigen, aber nicht in allen Sorten vor.Außerdem auch in unterschiedlichen Mengen. „Diese Proteine wiederum sind sehr interessant, da sie über die Auswahl der Sorte beeinflusst werden können“, sagt Longin.

Die Forscher haben darüber hinaus für die getesteten Sorten einen Allergenindex berechnet. Sowohl beim Dinkel als auch beim Weizen beobachteten sie eine sehr große Schwankungsbreite zwischen den Sorten: Der Gehalt an potenziell allergenen Proteinen kann sich bei den verschiedenen Sorten um das 20-Fache unterscheiden.

Leider wissen die Bäcker oft gar nicht, welche Sorte sie gerade verwenden. Dabei gäbe es die Möglichkeit, die Protein-Zusammensetzung und somit Qualität und Verträglichkeit von Weizenprodukten zu beeinflussen. Der Bäcker müsste lediglich geeignete Sorten wählen. Allerdings muss dafür laut Longin die Messtechnik einfacher und schneller werden.

Was die Überempfindlichkeitsreaktionen betrifft, besteht noch viel Forschungsbedarf. Aus diesem Grund soll im nächsten Schritt die Brotherstellung genauer untersucht und die Humanstudie durchgeführt werden.

Sabrina Peeters,
Redaktionsvolontärin

Quellen:
uni-hoheim.de
Afzal, M., Pfannstiel, J., Zimmermann, J., Bischoff, S.C., Würschum, T., Longin, C.F.H., 2020. High-resolution proteomics reveals differences in the proteome of spelt and bread wheat flour representing targets for research on wheat sensitivities. Scientific Reports 10

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