Eine Fehlgeburt ist für Betroffene eine schlimme Erfahrung. © fizkes / iStock / Getty Images Plus

Neue Indikation | Antidiabetikum

VERHINDERT SITAGLIPTIN FEHLGEBURTEN?

Der Wirkstoff Sitagliptin wird als Antidiabetikum bei Typ-2-Diabetes geschätzt. Doch nun geben Studienergebnisse Anlass zu großer Hoffnung: Der DPP-4-Hemmer könnte auch vor Fehlgeburten schützen.

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Der Leidensdruck bei Frauen, die wiederholte Fehlgeburten erleiden, ist hoch. Die Wissenschaft hatte bereits herausgefunden, dass ein Mangel an Stammzellen in der Gebärmutter die Ursache sein könnte, denn sie schützen die sogenannten Decidualzellen, die den Embryo umgeben, vor Stress und Entzündung. Ist diese Schutzfunktion nicht mehr vorhanden, kann es zu Blutungen und Fehlgeburten kommen.

Eine entscheidende Rolle dabei spielt das Enzym Dipeptidylpeptidase-4 (DPP-4), das auch das Hormon Glucagon-like-Peptid 1 abbaut und so den Blutzucker reguliert. Sitagliptin hemmt das Enzym bei seiner Arbeit. Forscher der Universität Warwick in Großbritannien fanden aber noch einen Nebeneffekt heraus: Die Anzahl von Stammzellen in der Gebärmutter nimmt bei der Einnahme von Sitagliptin zu – also verbessern sich die Bedingungen für den Embryo und es gibt weniger Fehlgeburten.

Man hat bisher nur eine kleine Studie mit 38 Frauen im Alter zwischen 18 und 42 Jahren evaluieren können, die jedoch Anlass zu Hoffnung gibt. Die Frauen hatten alle durchschnittlich fünf Fehlgeburten erlebt und erhielten nun über einen Zeitraum von drei Menstruationszyklen entweder eine orale Sitagliptin-Therapie oder Placebo. Vor und nach der Behandlung wurden Biopsien aus der Gebärmutter entnommen und diese auf vorhandene Stammzellen untersucht: Bei den Frauen, die das Gliptin einnahmen, stieg die Rate um bemerkenswerte 68 Prozent. Die Placebogruppe hatte hingegen keinen positiven Effekt zu verzeichnen. Und das Sitagliptin sorgte ebenfalls dafür, dass die Anzahl „gestresster“ Decidualzellen in der Gebärmutterschleimhaut sich halbierte. Zudem war auch die Nebenwirkungsrate minimal.

Ist der Wirkstoff deshalb ein neuer Hoffnungsträger? Zumal Frauen, die Sitagliptin einnahmen, auch danach keine Fehlgeburten mehr hatten? Die Wissenschaftler sind natürlich vorsichtig in der Bewertung, hoffen aber, möglichst bald mit einer größeren klinischen Studie starten zu können. Professor Dr. Jan Brosens von der Uni Warwick sagt dazu, dass Sitagliptin natürlich nicht alle Fehlgeburten verhindern könne, da es ja unterschiedliche Ursachen gibt: Zum Beispiel den Regulationsmechanismus der Natur, der fehlerhafte Embryos „aussortiert“. Liegt allerdings eine Störung der Gebärmutterschleimhaut vor, kann sich die Gabe des DPP-4-Inhibitors offenbar positiv auswirken. Dass es sich dabei um einen gemeinsamen Effekt der Arzneimittelklasse handelt – also auch andere Gliptine ebenso wirken - ist gut möglich.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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