Ein Baby sitzt im Hochstuhl, vor ihm steht eine Schüssel, es hält einen Plastiklöffel in der Hand. Im Gesicht hat es viel Brei. Es lacht.
Das Zufüttern von Babybrei sorgt für Fragen - und für schmutzige Babylätzchen. © eranyardeni / iStock / Getty Images Plus

Baby | Ernährung

INFOS VON INFLUENCERN: IST WENIGER MEHR?

Ab welchem Monat soll das Baby seinen ersten Brei bekommen? Welches Gemüse darf das erste sein? Etliche Fragen wie diese beschäftigen junge Eltern. An Informationen mangelt es nicht - im Gegenteil. Doch gerade diese Flut verwirrt viele Eltern.

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Sich über die richtige Babyernährung zu informieren scheint heute leichter denn je. Neben Tipps von Hebammen und Ärzten sowie massenhaft Ratgeber-Büchern gibt es etliche andere Quellen etwa im Internet. Doch gerade die Fülle hat auch Tücken. „Es gibt Tausende von Büchern, die heutzutage jeder im Eigenverlag herausbringen kann. Dazu beschäftigten sich viele, oft sehr erfolgreiche Influencer mit dem Thema. Leider haben nicht alle eine entsprechende Ausbildung“, sagt die 36-jährige Bloggerin Jenny Böhme.

Leider haben nicht alle Influencer eine entsprechende Ausbildung.

Sie wollte bei ihrem ersten Kind alles richtig machen: „Ich habe viel recherchiert, Bücher gelesen und im Netz gesucht, doch 2011 gab es da noch nicht so viele Informationen“, erzählt die dreifache Mutter. Sie habe selbst viel ausprobiert und ihre Breirezepte schließlich in einem Familienkochbuch im Internet festgehalten. „Das Thema interessiert viele Mamas“, sagt die Betriebswirtin, die eine Weiterbildung zur Ernährungsberaterin absolviert hat.

Kinderärzte unsicher
Eine Befragung von 560 Kinderärzten in den USA zeigte kürzlich, dass auch unter ihnen keine einhellige Meinung herrscht. Etwa wenn es um die Frage geht, wie groß der zeitliche Abstand zwischen der Gabe neuer Lebensmittel sein sollte um Unverträglichkeiten zuerkennen. “Nur zwei von fünf Ärzten halten sich an die gängigen Richtlinien, drei bis fünf Tage zu warten“, sagt die Chicagoer Kinderärztin und Hauptautorin der Studie, Waheeda Samady. Mehr als die Hälfte der Ärzte gab an, Bedarf an einer Weiterbildung zum Thema zu haben.

Regina Ensenauer, Leiterin des Instituts für Kinderernährung in Karlsruhe, hält die Ergebnisse für “extrem spannend“. „Die Studie zeigt die Diskrepanz zwischen den Leitlinien und dem, was die praktisch tätigen Kinderärzte empfehlen“, erläutert die Ernährungsexpertin. „Man müsste auch in Deutschland genauer untersuchen: Was machen die Eltern, was empfehlen die Pädiater?“. In der Kinderärzte-Ausbildung spiele die Kinderernährung kaum eine Rolle. Später im Beruf müssten sie trotzdem auch Ernährungsberatung leisten.

Abwechslung und frühes Zufüttern können Allergien vorbeugen.

„Wir sagen Eltern inzwischen, dass sie keine wahnsinnigen Abstände einhalten und sich auch nicht Tage oder Wochen durch einen Brei durchkämpfen müssen, den das Kind vielleicht nicht mag, sondern dass sie ein neues Gemüse nehmen können“, sagt Jakob Maske, Berliner Kinderarzt und Sprecher beim Verband der Kinder- und Jugendärzte. In früheren Jahren seien die Empfehlungen strikter gewesen. „Es hat sich gezeigt, dass die Abwechslung und die frühe Zufütterung Allergien unter Umständen vorbeugen“, empfiehlt der Arzt. Doch was, wenn das Baby mit fünf oder sechs Monaten keinen Brei, sondern weiter nur Milch will?

Bauchgefühl
„Das Problem ist, dass man zu sehr auf Zeitpläne schaut und dadurch leicht sein Bauchgefühl und die Bedürfnisse des Kindes außer Acht lässt“, sagt Aleyd von Gartzen, Beauftragte für Stillen und Ernährung beim Deutschen Hebammenverband. Tendenziell werde Frauen das Bauchgefühl schon während Schwangerschaft und Geburt abtrainiert. «Eine Frau bekommt vermittelt: Ohne Hilfe von außen geht gar nichts“, sagt sie. Für die Babys sei die Umstellung vom Stillen auf das Füttern von Brei durchaus schwierig, erklärt von Gartzen. „Beim Stillen können sie selbstbestimmt sein, nun sollen sie plötzlich passiv dasitzen und die Arme stillhalten.“ Weil viele Kinder das nicht wollen und Eltern ihren Säuglingen mehr Eigenständigkeit zugestehen, ist auch hierzulande der Ernährungstrend Baby-led Weaning seit Jahren im Kommen.

Baby-led Weaning
Statt Brei kommen mundgerechte Stückchen von gedünstetem Gemüse oder auch Obst auf den Teller, die das Baby selbst mit den Fingern zum Mund führen kann. „Wenn Sie Ihrem Kind gesunde und ausgewogene Nahrungsmittel anbieten und es weiterhin nach Bedarf stillen oder die Flasche geben, dann holt es sich die Nährstoffe, die es braucht“, sagt von Gartzen. Doch der Trend hat nicht nur Befürworter. „Natürlich kriege ich ein Kind auch mit Baby-led Weaning groß. Doch es besteht die Gefahr, dass größere Essensteile in die Luftröhre gelangen und die Kinder sich verschlucken. Das kann gefährlich sein. “, sagt Kinderarzt Jakob Maske.

Die Bloggerin Jenny Böhme sagt: „Mein bisheriges Fazit: Eigentlich ist alles egal. Wir mischen bunt. Nur Honig gibt es nicht. Und noch keine Kuhmilch“, sagt sie. „Die Babys halten sich eh nicht an die Pläne. Jedes Kind isst anders.“

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Quelle: dpa

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