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Kommunikation

DIE PRAKTISCHE

Frau Meyer hat ganz konkrete Vorstellungen: „Ich will ein Schmerzmittel kaufen, das ich nehmen kann und das den restlichen Mitgliedern meiner Familie genau so gut hilft! Das muss es doch geben!“

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Es wäre schön, wenn es so einfach wäre, wie Frau Meyer es sich vorstellt. Gibt es ein Arzneimittel, das jedem gleich gut hilft und für alle geeignet ist? Nein, wahrscheinlich nicht. Die Erklärung liegt in Pharmakokinetik und Pharmakodynamik.

Was ist Pharmakokinetik? Kurz ausgedrückt ist Pharmakokinetik die Zusammenfassung all dessen, was der Körper mit dem eingenommenen Arzneimittel macht. Dazu zählt die Aufnahme des Arzneimittels in den Körper, seine Verteilung im Organismus, sein Metabolismus und seine Ausscheidung. Es spielt manchmal schon eine große Rolle, was man gegessen hat, denn Nahrung kann die Aufnahme von Arzneimitteln erheblich beeinflussen. Daher müssen viele Arzneimittel nüchtern eingenommen werden.

Aber auch das genetische Muster jedes Individuums bestimmt, wie dieser auf Arzneistoffe reagiert. Zahlreiche Arzneimittel und auch Lebensmittel unterliegen einem Abbau durch die gleichen Enzyme – nimmt man sie gleichzeitig, kommt es zu Interaktionen und damit zur Verstärkung oder Abschwächung bestimmter Wirkungen. So werden mehr als 50 Prozent aller Arzneimittel durch CYP3A4 abgebaut – klar, dass es dann häufig zu Wechselwirkungen kommt! Und bei der Ausscheidung kann einfach der pH-Wert im Urin dafür sorgen, dass etwas mehr oder weniger gut ausgeschieden wird.

Was ist Pharmakodynamik? Eine einfache Umschreibung ist, dass Pharmakodynamik diejenigen Dinge umfasst, die das Arzneimittel mit dem Körper macht. Dabei moduliert es beispielsweise Rezeptoren und wirkt je nach Dosis anders – insbesondere dann, wenn es mit weiteren Arzneimitteln zusammen eingenommen wird. Zum Beispiel ist die ZNS-Dämpfung gesteigert, wenn man das Schlafmittel mit Alkohol einnimmt, oder die Blutungsneigung ist noch mehr verstärkt, wenn man neben Antikoagulanzien auch Acetysalicylsäure einnimmt. Aber auch körpereigene Stoffe können in ihren Konzentrationen schwanken und die Wirksamkeit von extern zugeführten Wirkstoffen beeinflussen, so zum Beispiel Kortison die Wirkung von nichtsteroidalen Antirheumatika.

Und was kann der Kundin am besten geantwortet werden? Wirkungen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln werden in klinischen Studien untersucht. Je mehr hochqualitative Studien durchgeführt werden, und je mehr Patienten darin eingebunden werden, umso sicherer ist die Aussage, die man daraus für weitere Patienten ziehen kann. Aber genau gleich kann ein Arzneimittel nicht bei allen Menschen wirken, denn jeder hat ein unterschiedliches genetisches Muster, jeder ernährt sich anders und nimmt vielleicht andere weitere Arzneimittel ein – die identische Wirkung kann also nicht erwartet werden. Und schließlich spielt auch die Erwartungshaltung eine große Rolle – denn der Placeboeffekt macht rund die Hälfte der gesamten Wirkungen und Nebenwirkungen aus.

Und so könnte Ihre Antwort lauten: „Da wir alle unterschiedlich sind, werden auch Arzneimittel ganz unterschiedlich wirken – das hängt mit vielen Dingen zusammen wie unseren Genen, unserer Lebensweise. Aber ich bin sicher, dass wir ein Arzneimittel finden, das allen Ihren Familienmitgliedern am besten hilft – dabei werden Sie mich sicher unterstützen. Und mit dem Preis hat das nichts zu tun. Also: Bitte sagen Sie mir das Alter Ihrer Familienmitglieder. Außerdem möchte ich genau wissen, welche weiteren Arzneimittel jeder einnimmt, sowie alles andere über deren Gesundheit, das ich wissen sollte, um das richtige Arzneimittel auszusuchen!“

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER Apotheke Sonderheft „Kommunikation und Zusatzverkäufe" auf Seite 26.

Dr. Anna Laven, Apothekerin und Kommunikationstrainerin

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