Sodbrennen, Reflux & Magenschutz
PTA-Fortbildung

Ungeliebter Dauerbrenner

Rezeptfreie Präparate gegen Sodbrennen und saures Aufstoßen werden bestimmt auch in Ihrer Apotheke täglich abgegeben. Es gilt aber auch immer die Grenzen der Selbstmedikation zu erkennen.

18 Minuten

Goldstandard PPI PPI gelten inzwischen als die wirksamsten Therapeutika unter den säurereduzierenden Arzneimitteln. Sie sind den Antazida signifikant überlegen, da sie für eine starke und lange Symptomfreiheit von bis zu 24 Stunden sorgen. Somit gelten sie als Mittel der Wahl bei Patienten mit häufigeren und ausgeprägten Refluxsymptomen (z. B. bei GERD, Magen-Darm-​Ulzera). Bei leichteren und gelegentlichen Beschwerden (seltener als zweimal wöchentlich) ist ihr Einsatz nicht gerechtfertigt. Von den inzwischen sechs zugelassenen PPI stehen Omeprazol, Pantoprazol und Esomeprazol (S-Enantiomer von Omeprazol) in der Dosis von 20 Milligramm zur Behandlung leichter Beschwerden im Rahmen der Selbstmedikation rezeptfrei für eine maximale Anwendungsdauer von 14 Tagen zur Verfügung, wobei Esomeprazol die stärkste Wirksamkeit zugesprochen wird.

Alle PPI sind Prodrugs, die im sauren Milieu in einen aktiven Metaboliten, den eigentlichen Wirkstoff, überführt werden. In den Belegzellen der Magenschleimhaut hemmen sie irreversibel die membranständige Protonenpumpe, die H+/K+-ATPase, wodurch die Bildung von überschüssiger Salzsäure in den Belegzellen verhindert wird. PPI inhibieren nur aktive Pumpen. Da in der Regel nicht alle Pumpen gleichzeitig aktiv sind, werden nicht alle zugleich blockiert, sondern sukzessive bei wiederholter Anwendung. Damit wird die Säureproduktion nicht abrupt unterbrochen, sondern ihre Wirkung allmählich optimiert, was gleichzeitig den verzögerten Wirkeintritt erklärt. Es dauert etwa drei Tage, bis sich die Wirkung komplett aufgebaut hat. Zudem ist der Effekt aufgrund des Wirkmechanismus nachhaltig und begründet damit auch die lange Wirkdauer.

PPI als Magenschutz PPI werden zur Prophylaxe von Komplikationen (z. B. Schleimhautschäden) bei einer langfristigen oder hochdosierten Einnahme von NSAR verordnet. Ebenso stehen sie häufig gemeinsam mit Glucocorticoiden auf dem Rezept, wobei Rheumatologen betonen, dass Corticoide allein nicht zu Läsionen an der Magen-Darm-Schleimhaut führen. Erst in Kombination mit NSAR ist ein Magenschutz erforderlich.

Beratungshinweise PPI müssen aufgrund ihrer 24stündigen Wirkdauer nur einmal täglich eingenommen werden. Die Einnahme empfiehlt sich nüchtern, am besten morgens 30 bis 60 Minuten vor dem Frühstück. Dann können die PPI nach ihrer Resorption im Dünndarm noch rechtzeitig über die Blutbahn zur Belegzelle gelangen und die bei den Mahlzeiten aktiven Protonenpumpen hemmen. Aufgrund der Instabilität der PPI im sauren Milieu werden die Wirkstoffe in magensaftresistenten Darreichungsformen verabreicht, die weder zerbissen noch geteilt werden dürfen. Eine Ausnahme stellen Kapseln dar, die mit Pellets gefüllt sind (MUPS, Multiple Unit Pellet System, siehe auch S. 26: Artikel Darreichungsformen). Diese können geöffnet werden, da bei ihnen die einzelnen Mikropartikel magensaftresistent überzogen sind.

Da die maximale Wirkung innerhalb von zwei bis drei Tagen einsetzt, bietet sich in den ersten Tagen eine zusätzliche Einnahme der rasch wirkenden Antazida als Add-​on-Therapie an. Vorsicht ist bei der gleichzeitigen Einnahme anderer Medikamente geboten, da PPI als CYP2C19-Inhibitoren mit Arzneimitteln interagieren können, die durch das CYP-Enzym metabolisiert werden (z. B. Johanniskraut, Diazepam, Phenytoin). Problematisch sind auch Wechselwirkungen mit Wirkstoffen, die die Blutgerinnung beeinflussen (z. B. Clopidogrel). Soll der PPI abgesetzt werden, ist der Kunde auf ein langsames Ausschleichen seiner Medikation hinzuweisen. Bei abruptem Absetzen kommt es meistens zu einem Säurerebound, das heißt zu einer überschießenden Produktion von Magensäure.

Unerwünschte Langzeiteffekte PPI sind bei Dauereinnahme (ab circa einem Jahr) mit unerwünschten Langzeitfolgen assoziiert. So muss mit Clostridium-difficile-assoziierten Diarrhöen gerechnet werden, da sich die pathogenen Keime im Magen aufgrund der pH-Erhöhung vermehren können. Zudem gibt es Hinweise, dass ein erhöhtes Osteoporose- und Frakturrisiko mit der Einnahme verbunden ist. Sinnvoll ist daher die zusätzliche Einnahme von Calcium und Vitamin D. Ebenso sollten Magnesium und Vitamin B12 supplementiert werden. Beide Stoffe benötigen für ihre Resorption ein saures Magenmilieu, was unter einer PPI-Behandlung nicht mehr gewährleistet wird, da diese den intergastralen pHWert auf über pH 3 steigen lassen.

Eine verringerte Vitamin B12-Aufnahme ist zudem auf die unter PPI-Einnahme reduzierte Produktion des Intrinsic-Faktors zurückzuführen. Dieses Glykoprotein, das für die Vitamin B12-Resorption im Dünndarm notwendig ist, wird – wie die Magensäure – von den Belegzellen des Magens gebildet beziehungsweise durch PPI in ihrer Produktion unterdrückt. Zudem wird ein möglicher Zusammenhang bei der Entstehung von Nahrungsmittelallergien diskutiert. Als Auslöser wird die verringerte Aufspaltung der Eiweiße aus der Nahrung vermutet. Darüber hinaus scheint die Langzeiteinnahme von PPI mit einem erhöhten Demenzrisiko sowie mit einem Risiko für das Auftreten von Elektrolytstörungen und Verschlechterungen der Nierenfunktion assoziiert zu sein, wobei mögliche Kausalitäten noch nicht abschließend geklärt sind.

H2-Blocker als zweite Wahl Für Patienten, die PPI nicht vertragen oder die beispielsweise ein erhöhtes Risiko für Nierenschäden und Elektrolytstörungen besitzen, können die H2-Blocker Cimetidin, Ranitidin oder Famotidin eine Alternative sein. Ohne Rezept steht allerdings nur Ranitidin in einer Dosierung von 75 Milligramm zur Verfügung, dessen Einnahmedauer in der Selbstmedikation 14 Tage nicht überschreiten darf. Diese Substanzen blockieren in der Magenwand H2-Rezeptoren und unterbinden damit die Histamin- vermittelte Säuresekretion, sodass die Belegzellen der Magenschleimhaut weniger Säure produzieren. H2-Blocker haben allerdings seit Einführung der PPI an Bedeutung verloren und kommen nur noch selten zur Anwendung.

Sie sind nicht in der Lage, die Säureproduktion so lange wie PPI zu reduzieren (lediglich 8 bis 12 Stunden lang). Zudem lässt ihre Wirkung bereits nach wenigen Wochen nach. Vorteil der Substanzen ist aber ihr schneller Wirkeintritt nach 30 bis 60 Minuten, weshalb sie neben den Antazida eine Therapieoption bei akutem Sodbrennen sind. H2-Blocker sind zudem für Betroffene geeignet, die über nächtliche Säureattacken klagen. Ihre Einnahme erfolgt kurz vor dem Schlafengehen, damit sie die ganze Nacht über wirken können. Möglich ist auch eine zweite Gabe morgens, wobei eine Einnahme unabhängig von den Mahlzeiten möglich ist.

Pflanzliche Prokinetika Motilitätsregulierende Substanzen sind empfehlenswert, wenn eine verkrampfte oder träge Magen-Darm- Muskulatur Sodbrennen verursacht. In der Selbstmedikation hat sich ein pflanzliches Präparat mit einem besonders hohen Anteil an motilitätsregulierenden Komponenten bewährt. Das Phytotherapeutikum enthält eine Kombination von Pflanzenextrakten aus Bitterer Schleifenblume, Angelikawurzel, Kamillenblüten, Kümmel, Mariendistelfrüchten, Melissen- und Pfefferminzblättern sowie Schöllkraut und Süßholzwurzel (STW-5). Es reguliert die Motilität von Magen und Darm regionenspezifisch über eine krampflösende oder tonussteigernde Wirkung auf die Muskulatur. Somit kann der Speisebrei besser vermischt und zügig weitertransportiert werden. Der Druck auf den Magen und folglich auf den Ösophagussphinkter wird beseitigt und der Nahrungsbrei steigt nicht mehr auf.

STW-5 hilft vor allem bei akuten funktionellen, speziell motilitätsbedingten Beschwerden wie Magenschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Magen-Darm-Krämpfen, Übelkeit und Sodbrennen. Kehren die Beschwerden häufig wieder, eignet sich vor allem eine Produktvariante (STW-5II), die sechs der neun Heilpflanzenextrakte (teilweise in erhöhter Dosierung) enthält, welche vor allem antientzündliche und mukosaprotektive Eigenschaften aufweisen. Pflanzliche Präparate, die in verkapselter Form ätherische Öle der Pfefferminze oder Kombinationen aus Pfefferminz- und Kümmelöl beinhalten, richten sich zwar auch gegen funktionelle Verdauungsbeschwerden. Allerdings steht hier die Behandlung von Bauchkrämpfen und Blähungen, wie sie vor allem beim Reizdarm vorliegen, im Fokus. Da aber das Pfefferminzöl erst im Dünndarm freigesetzt wird, kann es auch bei Reizmagen, also der funktionellen Dyspepsie, eingesetzt werden, um leichte Krämpfe und Völlegefühl zu lindern.

Gode Chlond, Apothekerin

×