Blasenentzündung
PTA-Fortbildung

Leichtsinn mit Folgen

Auch wenn die Sonne schon angenehm wärmt, der Boden ist noch kühl. So manch eine, die es sich auf dem Rasen gemütlich macht, bereut es kurz danach. Dann zwickt es und sie ist da – die Blasenentzündung.

19 Minuten

Altbewährte Phytotherapie Auch wenn nur wenige pflanzliche Präparate explizit in der Leitlinie Erwähnung finden, haben sie sich seit langem etabliert und haben in der allgemeinen Behandlungspraxis und im Apothekenalltag eine große Bedeutung. Vor allem vor dem Hintergrund der steigenden Resistenzraten und der zunehmenden Selektion multiresistenter Erreger durch Antibiotika erhalten Phytotherapeutika bei der Behandlung eines unkomplizierten Harnwegsinfekts einen besonderen Stellenwert. Pflanzliche Präparate kommen sowohl bei einer unkomplizierten Zystitis zur Akuttherapie als auch zur Rezidivprophylaxe erfolgreich zum Einsatz.

Sie sind ein guter Tipp für die Selbstmedikation und ein bewährter Kombinationspartner für die in den Leitlinien ausdrücklich empfohlenen Analgetika. Vorteil der Pflanzen ist zudem, dass sie im Gegensatz zur rein symptomatischen Behandlung als Vielstoffgemische ein breiteres Wirkspektrum aufweisen. Die unangenehmen Symptome einer Harnwegsinfektion lassen sich durch ihre entwässernden (diuretischen), entkrampfenden (spasmolytischen), antibakteriellen und entzündungshemmenden (antiphlogistischen) Eigenschaften meist rasch und effektiv lindern.

Pflanzliche Präparate können zudem therapiebegleitend zur Antibiose angeraten werden, um diese wirkungsvoll zu unterstützen, besonders bei komplizierten und wiederholt auftretenden Infektionen. Traditionell findet bei Harnwegsbeschwerden eine Vielzahl von Pflanzen Verwendung. Sinnvollerweise werden Präparate mit mehreren Pflanzen ausgewählt, die ein breites pharmakologisches Wirkspektrum aufweisen und sich idealerweise in ihrer Wirkung ergänzen.

PROSTATAVERGRÖSSERUNG

Diagnostiziert der Arzt eine vergrößerte Prostata, muss er sie eingehend untersuchen, um bösartige Veränderungen rechtzeitig zu erkennen beziehungsweise auszuschließen. Die gutartige Prostatahyperplasie (BPH) ist auf winzige knotige Gewebeänderungen der Drüse sowie vermehrtes Muskelgewebe, das zur Prostata gehört, zurückzuführen. Sie kann mit einer Gewichtszunahme bis zum Fünffachen des Ausgangswertes einhergehen. Ursachen für die Wucherungen sind derzeit nicht genau bekannt, aber man geht von einem Missverhältnis der männlichen und weiblichen Sexualhormone aus. Insbesondere Dihydrotestosteron und das im Alter bei Männern in höherer Konzentration vorliegende Estradiol regen die Prostatazellen zum Wachstum an. Eventuell spielen auch entzündliche Prozesse eine Rolle.

Beim Vorliegen einer BPH sind pflanzliche Präparate wie Arzneikürbissamen, Brennnesselwurzel, afrikanisches Sternengras (Hyoxisrooperi-Wurzel), Gräserpollen und Früchte der Sägepalme eine gute Empfehlung. Sie werden wegen ihrer gewebsentwässernden, entzündungshemmenden und den Hormonstoffwechsel in der Prostata positiv beeinflussenden Wirkungen geschätzt. Auch wenn sie im Rahmen der Selbstmedikation eingesetzt werden können, ist eine engmaschige ärztliche Kontrolle weiterhin notwendig, da das Wachstum der Vorsteherdrüse nicht durch Phytotherapeutika gestoppt werden kann. Bei stärkeren Beschwerden werden alpha-1-Rezeptoren-Blocker verordnet, die über eine Entspannung des Gewebes eine erleichterte Blasenentleerung ermöglichen. Außerdem lässt sich mit ihnen das Wachstum der Prostata aufhalten oder sogar eine Verkleinerung der vergrößerten Drüse erzielen.

Zur Abgrenzung eines bösartigen Tumors wird jedem Mann ab dem 45. Lebensjahr eine Früherkennungsuntersuchung der Vorsteherdrüse angeraten. Da eine Tastuntersuchung nicht immer zwischen gut- und bösartigen Vergrößerungen der Prostata unterscheiden kann, erfolgt bei Verdacht auf Prostatakrebs eine Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) im Blut des Patienten. Dieses Eiweiß wird in der bösartig veränderten Prostata vermehrt produziert. Für eine aussagekräftige Beurteilung ist aber nicht der absolute Wert, sondern die Entwicklung des PSA-Wertes entscheidend. Steigt der Wert innerhalb eines Jahres deutlich an oder bleibt er über einen längeren Zeitraum erhöht, liegt die Vermutung auf Prostatakrebs nahe. Allerdings können auch andere Auslöser wie beispielsweise Entzündungen oder gutartige Prostatavergrößerungen zu erhöhten Werten führen, sodass der Nutzen der PSA-Bestimmung kontrovers diskutiert wird. Letztendlich liefert nur eine Gewebeprobe den eindeutigen Nachweis beziehungsweise Ausschluss bösartiger Veränderungen.


Blase durchspülen Gleich bei den ersten Anzeichen einer Blasenentzündung sollten die Betroffenen viel trinken, um die pathogenen Keime aus den Harnwegen auszuspülen. Damit kann ein Aufsteigen von Keimen aus der Harnröhre in die Blase vermindert und einer Entzündung entgegengewirkt werden. Eine Durchspülungstherapie erfordert reichlich Flüssigkeit (mindestens zwei Liter am Tag). Verschiedene Pflanzen stehen als Aquaretika zur Wahl. Vor allem haben sich Arzneidrogen mit einer diuretischen Wirkung wie Brennnesselblätter und -kraut, Schachtelhalmkraut, Birkenblätter, Goldrutenkraut, Hauhechelwurzel, Orthosiphonblätter oder Queckenwurzelstock bewährt. Sowohl Orthosiphonblätter als auch Goldrutenkraut wirken zudem leicht spasmolytisch.

Goldrutenkraut hat darüber hinaus noch ebenso wie Hauhechelwurzel antiphlogistische Eigenschaften. Gerade zur Prophylaxe rezidivierender Blasenentzündungen hat sich die Monotherapie mit Goldrutenkraut in Kapselform bewährt. Die durchspülende Wirkung der Pflanzen ist auf enthaltene Flavonoide zurückzuführen. Sie verstärken die Harnausscheidung über eine Erhöhung der Nierendurchblutung und der glomerulären Filtrationsrate sowie einer Hemmung der Wasserrückresorption im Sammelrohr im Sinne einer Verdünnungsdiurese. Dabei greifen sie im Gegensatz zu chemischen Diuretika nicht in den Elektrolythaushalt ein. Dennoch sollen auch harntreibende Arzneidrogen nur kurzfristig Verwendung finden. Kontraindiziert sind sie bei Patienten mit Ödemen infolge einer Herz- und Niereninsuffizienz.

Werden zusätzlich Antibiotika eingenommen, sollte die Flüssigkeitszufuhr 1,5 Liter nicht übersteigen, um die Wirkstoffspiegel des Antibiotikums in der Blase nicht zu stark zu verdünnen. Zudem würde das Antibiotikum bei übermäßiger Trinkmenge zu rasch aus den Harnwegen gespült, sodass seine Wirkdauer am Infektionsort nicht mehr gegeben wäre. Harntreibende Arzneidrogen werden traditionell als Nierenund Blasentees (lose, in Teebeuteln, als Pulver/Granulat) angeboten. Vorteil der Teezubereitungen ist, dass mit ihnen die notwendige Zufuhr ausreichender Flüssigkeitsmengen erleichtert wird. Werden feste (Dragees, Tabletten) oder flüssige Darreichungsformen (Tropfen, Frischpflanzensäfte) gewählt, sollten bei der Abgabe der Hinweis erfolgen, zusätzlich zur Einnahme reichlich zu trinken.

Harn desinfizieren Pflanzliche Präparate können aber mehr, als die Durchspülung der Harnwege anzuregen. Zudem stehen Phytotherapeutika mit antibakterieller Wirkung zur Verfügung, von denen die Leitlinie, wie bereits erwähnt, Bärentraubenblätter sowie die Fixkombination aus Kapuzinerkresse- kraut und Meerrettichwurzel favorisiert. Während Bärentraubenblätter maximal nur für einen Monat gegeben werden dürfen, eignet sich das Kombinationspräparat auch zur Langzeitanwendung bei häufig wiederkehrenden Infekten. Die beiden Pflanzen der Fixkombination enthalten Senföle, deren Isothiocyanate ein breites antibakterielles Wirkspektrum im grampositiven und gramnegativen Bereich aufweisen. Zudem verfügen sie über eine antientzündliche Wirkung.

Auch Bärentraubenblätter wirken antimikrobiell, wofür der Hauptinhaltsstoff Arbutin verantwortlich ist. Arbutin ist ein Prodrug, das erst im Körper in das aktiv wirksame Hydrochinon umgewandelt wird. Hydrochinon tötet insbesondere gramnegative Bakterien wie E. coli ab, sodass das Wachstum der häufigsten Erreger von Harnwegsinfektionen gehemmt wird. Enthaltene Tannine verhindern zudem ein Anheften der Erreger an der Schleimhaut (antiadhäsive Wirkung). Diese finden dann keinen Halt mehr an der Blasenwand und werden mit dem Harnstrahl herausgespült. Darüber hinaus haben sie antiphlogistische Eigenschaften. Erforderlich ist die Einnahme von mindestens 400 bis 700 Milligramm Arbutin am Tag, um eine ausreichende Menge an Hydrochinon im Harn zu gewährleisten.

Da die enzymatische Spaltung unabhängig vom pH-Wert des Urins ist, kann die früher empfohlene Alkalisierung des Harns entfallen. Eine optimale Wirkung ermöglichen Bärentraubenblätter in Drageeform, wobei vorzugsweise ein standardisiertes Fertigarzneimittel zu wählen ist. Wird ein Tee favorisiert, sollte ein Kaltwasserauszug (Kaltmazerat) angesetzt werden, der weniger magenreizende Gerbsäure extrahiert als ein herkömmlicher Teeauszug. Zudem hat sich eine Kombination aus den Extrakten von Rosmarinblättern, Liebstöckelwurzel und Tausendgüldenkraut bewährt, die zugleich antibakeriell, diuretisch und spasmolytisch wirksam ist. Ein derartig umfassendes Wirkspektrum weist auch die Dreierkombination aus Goldrutenkraut, Orthosiphonblättern und Hauhechelwurzel auf. Diese Kombination verfügt zudem noch über antiadhäsive und antiinvasive Eigenschaften, mit denen sie ein Einnisten von uropathogenen Erregern unterbindet.

Kinder mit einer Blasenentzündung gehören immer zum Arzt, da im Kindesalter häufig anatomische Anomalien manifest werden, die mit komplizierten Verläufen einhergehen.


Anhaften verhindern Eine Hemmung der bakteriellen Adhäsion lässt sich auch mit D-Mannose erzielen. Der Zucker bindet an die Fimbrien der entzündungsauslösenden Bakterien und verhindert damit, dass sie sich an der Blasenwand festsetzen. Stattdessen werden sie mit dem Urin ausgespült. Gleiches Wirkprinzip weisen zudem Cranberries auf, die in Deutschland auch als Kranichbeere, Großfruchtige Moosbeere oder nordamerikanische Preiselbeere bekannt sind. Enthaltene Pround Anthocyanidine werden für die antiadhäsive Wirkung verantwortlich gemacht und sollen damit eine protektive Wirkung vor wiederkehrenden Infektionen entfalten. Auf eine bereits bestehende Blasenentzündung scheinen sie jedoch keinen Einfluss zu haben.

Rezidive lassen sich auch über eine Ansäuerung des Urins mit chemischen Harndesinfizientien wie L-Methionin verhindern, da ein saures Milieu das Wachstum vieler uropathogener Keime eindämmt. Darüber hinaus soll die Aminosäure auch ihr Anheften am Epithel der ableitenden Harnwege unterbinden. Vor allem scheinen Patienten mit neurogener Blasenstörung und Kathetern zu profitieren. Zweifach wirksam ist auch eine Kombination aus Xyloglucan, Hibiskus und Propolis. Das Cellulose-Derivat bildet im Darm einen Gelschutz, der den E. coli-Bakterien das Anhaften, die Vermehrung und das anschließende Eindringen in die Harnwege erschwert. Hibiskusblüten und Propolis wirken harnansäuernd, wodurch die Bakterienproliferation gehemmt wird. Interessant ist auch der Ansatz mit einem Mannose-Gel die Hautbarriere im Intimbereich zu stärken und so die Ansiedlung von Keimen zu minimieren.

Schmerzen lindern Die Leitlinien empfehlen ausdrücklich bei unkomplizierten Verläufen die symptomatische Behandlung mit dem entzündungshemmenden und schmerzstillenden Ibuprofen und erwähnen zugleich eine Studie, die den guten Therapieerfolg der Substanz bestätigt. So zeigte eine Untersuchung, dass bei einer dreitägigen Einnahme von 400 Milligramm Ibuprofen 70 Prozent der Patientinnen beschwerdefrei waren (versus 80 Prozent durch Einmalbehandlung mit Fosfomycin).

Bei krampfartigen Schmerzen hat sich in der Praxis auch die kombinierte Gabe eines Analgetikums mit einem Spasmolytikum wie Butylscopolamin bewährt, das den Tonus der überaktiven Blasenwand senkt. Zusätzlich lindern lokale Wärme (z. B. Wärmflasche, Kirschkernkissen, warme Sitzbäder, feuchtwarme Umschläge) und Ruhe die Schmerzen.


Gode Chlond, Apothekerin


Die Autorin versichert, dass keine Interessenkonflikte im Sinne von finanziellen oder persönlichen Beziehungen zu Dritten bestehen, die von den Inhalten dieser Fortbildung positiv oder negativ betroffen sein könnten.

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