Blasenentzündung
PTA-Fortbildung

Leichtsinn mit Folgen

Auch wenn die Sonne schon angenehm wärmt, der Boden ist noch kühl. So manch eine, die es sich auf dem Rasen gemütlich macht, bereut es kurz danach. Dann zwickt es und sie ist da – die Blasenentzündung.

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Weitere Risikofaktoren Grundsätzlich kann eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme den Weg für Harnwegsinfektionen bahnen. Die Bakterien können sich dann in der Harnröhre leichter festsetzen als bei Personen, die ausreichend viel trinken und durch entsprechendes häufiges Wasserlassen krankmachende Keime ausspülen. Zudem schwächt psychischer Stress oder körperliche Belastung das Immunsystem und erhöht damit das Erkrankungsrisiko. Unterkühlung legt ebenso die Abwehr lahm, da sich bei Kälte die Blutgefäße verengen. Auf diese Weise verschlechtert sich die lokale Durchblutung der Blasenhaut, wodurch weniger Immunzellen in den Harnwegen patrouillieren und potenzielle Erreger liquidieren. Daher sind Blasenentzündungen nach längerem Tragen von nasser Badekleidung oder durch Sitzen auf kalten Steinen keine Seltenheit.

Männer und die Prostata Auch das männliche Geschlecht ist vor Blasenentzündungen nicht gefeit. Während junge Männer selten unter Harnwegsinfektionen leiden, nähert sich das Erkrankungsrisiko älterer Männer mit zunehmendem Alter dem der Frauen an. Ursache ist eine altersbedingte Vergrößerung der Vorsteherdrüse (Prostata). Sie führt über eine Einengung der Harnwege zu einer Behinderung des Urinabflusses mit verbleibendem Restharn in der Blase, in der Erreger die Gelegenheit erhalten, sich ungestört zu vermehren. Daher können bei Männern nächtlicher Harndrang, ein schwacher Harnstrahl und Schmerzen beim Wasserlassen Hinweise auf eine Prostataerkrankung sein. Zumeist handelt es sich um eine gutartige (benigne) Vergrößerung der Prostata (Prostatahyperplasie, BPH). Sie betrifft etwa jeden zweiten 50-jährigen Mann.

Besonders zwischen dem 40. und 50. Lebensalter wächst das Gewebe rasch. Später verlangsamt sich dieser Prozess, manchmal kommt er sogar zum Stillstand. Eine vergrößerte Prostata gehört auf jeden Fall in die Behandlung eines Arztes, um sie von einer Entzündung der Prostata (Prostatitis) oder von bösartigen Veränderungen (Prostatatumor) abzugrenzen und adäquat zu therapieren. Auch wenn die Prostatahyperplasie als gutartig diagnostiziert wurde, ist sie regelmäßig ärztlich zu überwachen. Der Arzt muss entscheiden, ob eine medikamentöse Therapie ausreicht oder eine Operation erforderlich wird. Auf jeden Fall ist eine begleitende Harnwegsinfektion zu behandeln.

Ebenso kann bei Problemen mit dem Wasserlassen eine Prostatitis vorliegen. Meist geht der Entzündung der Prostata eine Entzündung der unteren Harnwege voraus. Die Keime gelangen dann über die Harnröhre in die Prostata. Bei der akuten Prostatitis liegt eine vorübergehende, meist bakteriell ausgelöste Infektion des Prostatagewebes vor, die sich mit einer schmerzhaften Schwellung der Prostata, Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen, Fieber, häufigem Harndrang und einem abgeschwächten Harnstrahl äußert. Wird die akute Entzündung nicht ausreichend behandelt, kann sich daraus eine chronische bakterielle Prostatitis entwickeln, die wiederum häufig Ursache rezidivierender Harnwegsentzündungen ist.

ZWEI LEITLINIEN

Für die Therapie von Harnwegsentzündungen sind in Deutschland zwei Leitlinien relevant: Die S3-Leitlinie „Harnwegsinfektionen“ der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) sowie die S3-Leitlinie „Brennen beim Wasserlassen“ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Inhaltlich sind sie nicht ganz deckungsgleich. Die DEGAM-Leitlinie richtet sich vor allem an die hausärztliche Versorgung.

Sicherung der Diagnose Wer schon öfter eine Blasenentzündung hatte, weiß meist sofort bei den ersten Anzeichen, dass es wieder so weit ist. Eine eindeutige Bestätigung der Eigendiagnose und die Abgrenzung zu anderen urogenitalen Erkrankungen kann nur mit einem Bakteriennachweis per Urintest erfolgen. Für die Gewinnung der Urinprobe wird Mittelstrahlurin benötigt. Er gilt als keimfrei. Der erste und letzte Harnstrahl sind zu verwerfen, da diese mit Erregern von außen verunreinigt sein können. Außerdem sollten Frauen beim Urinieren zur Vermeidung möglicher Kontaminationen die äußeren Schamlippen mit den Fingern spreizen und Männer ihre Vorhaut zurückschieben.

Der Urin wird in einem sauberen Auffanggefäß gesammelt und unverzüglich mit einem Urinteststreifen untersucht. Dabei wird insbesondere Nitrit, ein Abbauprodukt vieler pathogener Bakterien, nachgewiesen. Zudem kann auf Leukozyten getestet werden, da diese ein Leitsymptom für Entzündungen darstellen. Ebenso gibt eine Überprüfung des pH-Wertes Hinweise auf Entzündungen (ins Alkalische verschoben). Weitere Option ist der Nachweis von Erythrozyten, die aus den Blutbeimengungen im Urin stammen.

Asymptomatische Bakteriurie In einigen Fällen können im Urin Bakterien nachgewiesen werden (Bakteriurie), ohne dass die Betroffenen Symptome verspüren. Hierbei spricht man von einer asymptomatischen Bakteriurie, die als eine Harntraktbesiedlung ohne Symptome definiert ist. In diesem Fall ist meistens weder eine weitere Diagnostik noch eine antibiotische Therapie nötig, da nur ein sehr geringer Prozentsatz der Betroffenen daraus einen symptomatischen Harnwegsinfekt entwickelt. Bei Schwangeren ist allerdings das Infektionsrisiko erhöht und die Gefahr für Geburtskomplikationen steigt deutlich, sodass diese Personengruppe antibiotisch behandelt werden sollte. Ebenso gelten Betroffene vor urologischen Operationen als behandlungsbedürftig.

Symptome ohne Bakteriennachweis In anderen Fällen ist die Bakteriendiagnostik negativ, dennoch verspüren Frauen Beschwerden, die den Harntrakt betreffen. Dann liegt keine Blasenentzündung vor, sondern andere urogenitale Erkrankungen können dafür verantwortlich sein. Bei intensivem Harndrang mit nur geringen Urinmengen ist beispielsweise an eine Blasenschwäche (Harninkontinenz) zu denken. Im Gegensatz zu einer Zystitis kommt es weder zu den typischen Schmerzen beim Wasserlassen, noch lassen sich im Urin Bakterien oder andere Zeichen einer Infektion feststellen.

Hingegen ist bei einer Harninkontinenz unfreiwilliger Urinabgang typisch. Ebenso ist das Vorliegen einer Reizblase (Dranginkontinenz) bei unkontrolliertem Harnverlust verbunden mit starkem Harndrang und Schwierigkeiten bei der Blasenentleerung möglich. Eine Reizblase stellt sich häufig nach wiederkehrenden Harnwegsinfektionen ein und ist wie eine Harninkontinenz durch das Fehlen einer bakteriellen Beteiligung gekennzeichnet.

Kalkulierter Einsatz Leitet der Arzt bei Harnwegsinfektionen eine Antibiose ein, wird diese in der Regel kalkuliert durchgeführt. Die Antibiotika werden also ohne vorherige mikrobiologische Erregerbestimmung ausgewählt, da man die Symptome einer unkomplizierten Blasenentzündung möglichst rasch lindern möchte. Die Wahl der Substanz erfolgt empirisch nach der größten Erregerwahrscheinlichkeit und der erwarteten Resistenzsituation. Daher sind die Ärzte auch aufgefordert, sich über das Erregerspektrum und die Resistenzentwicklung in ihrer Region zu informieren.

Ein Antibiotikum gilt als ungeeignet, wenn mehr als 20 Prozent der Keime dagegen resistent sind. Lediglich bei häufig wiederkehrenden oder komplizierten Infektionen sowie vor urogenitalen Operationen wird zusätzlich vorab das Erregerspektrum durch Anlegen einer Bakterienkultur identifiziert, um eine gezielte erregerspezifische Antibiotikatherapie einzuleiten. Ebenso empfehlen die Leitlinien, zur Diagnostik der Blasenentzündung bei Schwangeren eine Kultur anzulegen, die nach erfolgter Therapie sogar nochmals zur Überprüfung der Erregereradikation wiederholt werden soll.

Gute Compliance erforderlich Bei der Abgabe eines Antibiotikums ist es sinnvoll, den Kunden auf die notwendige Therapielänge hinzuweisen. Auch wenn die Symptome unter Antibiotikaeinnahme schnell zurückgehen, darf das Mittel ohne Rücksprache mit dem Arzt nicht vorzeitig abgesetzt werden, da dies resistente Keime und Rückfälle bedingen kann. Häufig benötigt die Behandlung einer Pyelonephritis eine längere Antibiotikaeinnahme als die einer Zystitis. So kann je nach Wirkstoffauswahl die Therapiedauer bei einer unkomplizierten Zystitis lediglich ein oder drei Tage, längstens fünf bis sieben Tage betragen.

Die Behandlung einer Pyelonephritis erstreckt sich hingegen mindestens über fünf bis hin zu 14 Tage (je nach gewähltem Antibiotikum und Verlaufsform). Dabei werden leichte bis moderate Verlaufsformen oral therapiert (fünf bis zehn Tage). Bei schweren Verlaufsformen wird mit einer parenteralen Therapie begonnen, die nach Besserung auf eine orale Behandlung umgestellt wird und eine Gesamttherapiedauer von bis zu zwei Wochen erfordert. Klagt der Betroffene trotz Antibiotikagabe unter einer Verschlechterung seines Zustandes, sollte er erneut den Arzt aufsuchen. Möglicherweise spricht der verordnete Wirkstoff nicht auf die vorhandenen Keime an, oder eine Infektion, die bislang nur die unteren Harnwege betraf, hat das Nierengewebe erreicht. Beide Fälle erfordern einen Substanzwechsel.

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