Grippe und Grippeimpfung
PTA-Fortbildung

Dieses Jahr besonders gefürchtet

Welches Risiko hat die Influenza im Erkrankungsverlauf für die Betroffenen? Impfen – ja oder nein? Welcher Impfstoff ist für welchen Patienten geeignet? Gerade in diesem Herbst ist gutes Beratungswissen nötig!

18 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. November 2020

Bei Kindern Dass alte Menschen geimpft werden, ist unstrittig. Im Kindes- und Jugendalter wird genauer differenziert. Für Kinder von 2 bis einschließlich 17 Jahren ist ein attenuierter Lebendimpfstoff zugelassen, der als Nasenspray verabreicht wird. Die Viren sind hier nicht mehr vermehrungsfähig und können keine Influenza auslösen. Kontraindikationen für den Lebendimpfstoff sind Immunschwäche, schweres Asthma und eine Salicylat-Therapie. In dieser Altersgruppe können beide Impfstoff-Typen gleichermaßen verwendet werden. Es handelt sich nicht um eine Empfehlung zur generellen Impfung gesunder Kinder. Kindern und Jugendlichen wird die Grippeimpfung weiterhin nur dann angeraten, wenn diese zu einer der Indikationsgruppen mit bestehender Grunderkrankung zählen. Dann sollten Kinder ab sechs Monaten den Grippeschutz erhalten.

Begründet wird diese Beurteilung damit, dass Kinder und gesunde Erwachsene bis zum 60. Lebensalter in der Regel komplikationslose Verläufe einer Influenza-Erkrankung zeigen. Eine aktuelle Studie aus 2019 kam zu dem Schluss, dass Influenza bei Säuglingen möglicherweise bisher unterschätzt worden sei. Sie haben noch ein unreifes Immunsystem, die Atemwege und die Lunge sind noch nicht vollständig ausgebildet. Die Symptome unterscheiden sich bei Erkrankung deutlich von denen der Erwachsenen. So fehlen die typischen Atemwegssymptome, die eine Diagnosestellung erleichtern. Für Säuglinge ab einem Alter von sechs Monaten oder älter ist der Impfstoff Vaxigrip® Tetra indiziert.

Bester Zeitpunkt Herbst Am besten wird bereits im September und Oktober geimpft. Nach der Impfung dauert es etwa zwei bis vier Wochen bis die Antikörper zirkulieren und der Körper den Schutz aufgebaut hat. Dieser hält etwa sechs bis zwölf Monate an und muss jährlich aufgefrischt werden. Wer es im Herbst noch nicht geschafft hat, den Arzt aufzusuchen, kann die Impfung auch später noch nachholen. Liegt eine akute behandlungsbedürftige Erkrankung mit Fieber über 38,5 Grad Celsius vor, sollte die Impfung zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen werden. Immungeschwächte Menschen sollten keinen Lebendimpfstoff erhalten. Empfohlen wird, dass mit Lebendimpfstoff geimpfte Personen in den ersten zwei Wochen nach der Impfung nicht mit immungeschwächten Patienten in Kontakt kommen, um als Ausscheider diese nicht zu gefährden.

Die Influenza-​Impfstoffe werden abhängig von der Zulassung entweder tief subcutan, also in die tiefe Unterhautschicht und/oder intramuskulär in den Muskel des Oberarms gespritzt. Die tiefe subcutane Injektion ist auch gut für Patienten mit Antikoagulation geeignet. Egal wie geimpft wird, beide Applikationsarten sind gleich gut wirksam. Zu bedenken ist, dass es trotz der Impfung zu einer Grippeinfektion kommen kann. Mediziner sprechen von Impfversagern. Diese Personen scheiden dann natürlich auch Viren aus und können sie an andere übertragen.

Außerdem zeigen kleine Kinder mit einem unreifen Immunsystem sowie alte Personen mit einem langsam reagierenden Immunsystem ebenfalls häufig nur eine reduzierte Wirksamkeit. In der Regel sind die Verläufe bei Infektion aber de0nnoch milder als ohne Impfung. Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt die Kosten für Personen, für die die STIKO die Impfempfehlung ausspricht. Andere Patienten, die nicht klar zur Risikogruppe zählen, müssen mit Kosten von etwa 30 Euro rechnen.

Nebenwirkungen Früher gab es nach Impfungen häufiger Reaktionen auf die Konservierungsmittel, die für die bessere Haltbarkeit zugesetzt wurden. Verwendet wurden das quecksilberhaltige Thiomersal, Phenole oder Aluminiumsalze. Mit der Entwicklung von besseren Produktionsbedingungen zur Sterilisierung und der zunehmenden Verwendung von Fertigspritzen und Einmaldosen sind Konservierungsmittel heute nicht mehr im Einsatz. Werden heute Konservierungsmittel bei der Produktion verwendet, dann werden sie später herausgereinigt. Die Verträglichkeit der aktuellen Grippeimpfstoffe ist allgemein sehr gut.

Üblicherweise können lokale Reaktionen an der Einstichstelle auftreten: Rötung, Schwellung und leichte Schmerzen. Einige Patienten bemerken gelegentlich leichte Allgemeinsymptome wie bei einer Erkältung, zum Beispiel leicht erhöhte Temperatur, Müdigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen. Dies ist auf die Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem „Fremdkörper“ zurückzuführen, wobei diese Symptome eher bei der Lebendimpfung als bei der Verwendung des Totimpfstoffes auftreten. Bei Einsatz des Nasensprays bei Kindern wurde außerdem von verstopfter Nase und Schnupfensymptomen berichtet.

MODELLPROJEKT GRIPPEIMPFUNG IN APOTHEKEN

Im März verabschiedete der Bundestag das „Masernschutzgesetz“. Hier wurde unter anderem verankert, Apotheken im Rahmen von Modellprojekten Grippeschutzimpfungen zu erlauben. Das vorrangige Ziel des Bundesgesundheitsministers ist es, die Impfquote zu erhöhen. Viele Apothekerkammern mussten dafür ihre Satzung ändern, die die Ausübung heilberuflicher Tätigkeiten am Menschen untersagt. In Nordrhein hat der Apothekerverband als erstes zusammen mit der AOK Nordrhein ein Modellprojekt für den kommenden Herbst ins Leben gerufen.

Hier erhalten die teilnehmenden Apotheker zunächst eine umfassende Schulung durch Ärzte, in der Theorie und Praxis rund um das Impfen gelehrt werden. Sie sollen dann bereits im Herbst in ihren Apotheken unter definierten Vorgaben (Räumlichkeiten, Qualitätssicherung etc.) Grippeimpfungen anbieten. Dazu gibt es zur Qualitätssicherung eine Leitlinie der BAK mit begleitenden Materialien zur Umsetzung. Die Apotheken, die am Modellprojekt in Nordrhein teilnehmen, erhalten pro Impfung 12,61 Euro netto, die mit der Krankenkasse abgerechnet werden. Es sollen insbesondere Patientengruppen adressiert werden, die sich sonst nicht beim Arzt impfen lassen würden. Impfen dürfen nur die geschulten approbierten Apotheker, nicht die PTA.

Argumente für die Impfung Durch die Corona-Pandemie ist das Thema Impfung sehr viel präsenter in der Bevölkerung als in den vergangenen Jahren. In den Patientengesprächen sollten Sie Werbung für die Standardimpfungen, aber auch für die Grippeimpfung machen. Hier geht es zum einen um den individuellen Schutz, zum Beispiel eines Risikopatienten. Auf der anderen Seite steckt ein geimpfter Mensch keine anderen Menschen in seinem Umfeld an, ist also nicht Überträger. Deshalb ist es so sinnvoll, dass Personen mit vielen Kontakten im Gesundheitssektor, in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen selber geimpft sind. Je mehr Menschen geimpft sind, desto größer ist die Herdenimmunität.

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