Grippe und Grippeimpfung
PTA-Fortbildung

Dieses Jahr besonders gefürchtet

Welches Risiko hat die Influenza im Erkrankungsverlauf für die Betroffenen? Impfen – ja oder nein? Welcher Impfstoff ist für welchen Patienten geeignet? Gerade in diesem Herbst ist gutes Beratungswissen nötig!

18 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. November 2020

Grippe oder Erkältung Sie erkennen rasch, ob ein Kunde eher unter Grippe oder einer Erkältung leidet. Die klassische Erkältung kündigt sich über zwei bis drei Tage an. Sie beginnt mit Halskratzen und Kribbeln in der Nase, es folgen nach zwei bis drei Tagen Schnupfen, Halsschmerzen und Husten. In dieser Phase fühlen sich die Patienten abgeschlagen und haben zum Teil auch eine erhöhte Temperatur. Hat das Immunsystem die Rhinoviren unter Kontrolle, klingen die Beschwerden innerhalb einer Woche ab. Bei der Influenza bemerken Sie sofort das schwere Krankheitsgefühl des Kunden und sollten besonders nach dem plötzlichen Beginn und nach Fieber fragen. Die Grippe ist kein Fall für die Selbstmedikation, der Erkrankte sollte vorsorglich zunächst zum Arzt geschickt werden. Die Therapie ist dann jedoch meist trotzdem symptomatisch.

Die Linderung der Beschwerden ist mit den Mitteln der Selbstmedikation in der Regel möglich. Kopf- und Gliederschmerzen können durch die Gabe von NSAR, zum Beispiel Ibuprofen gemildert werden. Sie wirken antiphlogistisch auch gegen Hals- und Schluckbeschwerden. Um das Fieber zu senken, ist auch Paracetamol eine wirksame Alternative. Von der Gabe von ASS sollte im Rahmen der Grippetherapie abgesehen werden. Insbesondere bei Kindern ist ASS bei fiebrigen viralen Infekten wegen des Reye-Syndroms kontraindiziert. Zur Befeuchtung der Schleimhäute und zum Flüssigkeitsausgleich können Sie dem Kunden raten viel zu trinken. Erkältungstees oder vitaminhaltige Heißgetränke lindern die Mundtrockenheit und den trockenen Husten. Auch pflanzliche oder chemische Antitussiva und Sekretolytika können empfohlen werden.

HOSPITALISIERUNG UND TOD

Mindestens 1,7 Prozent der über 60-Jährigen müssen aufgrund einer Influenza-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden. Die Letalität der Influenza beträgt circa ein Prozent. 80 Prozent der Todesfälle betreffen ältere Menschen (> 65 Jahre).

Schnupfen kann mit abschwellenden Nasensprays oder oralen alpha-Sympathomimetika behandelt werden. Schonung und Ruhe sind das A und O bei einem heftigen Influenzainfekt. Die meisten Erkrankten befolgen diese Empfehlung sowieso. Wer mit einer starken Grippe dennoch arbeiten geht, riskiert Komplikationen und die Ansteckung anderer Personen. Sportliche Anstrengungen sollten ebenfalls während und auch nach Abklingen der Beschwerden erst einmal ausgesetzt werden. Eine gute Unterstützung der Beratung ist der Steckbrief „Grippe“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Hier werden patientengerecht Informationen zur Krankheit, Therapie, Symptomen, Risikogruppen, Prävention und Übertragungswege bereitgestellt. Die Bürgerinformation ist zum <link www.infektionsschutz. de erregersteckbriefe grippeinfluenza>Download in verschiedenen Sprachen verfügbar.

STIKO-APP

Die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) gibt es auch in Form einer kostenlosen App. Die STIKO@rki-App wurde für die impfende Ärzteschaft entwickelt, um sie bei Fragen zum Impfen im Praxisalltag zu unterstützen. Mit wenigen Klicks bekommt der Nutzer die für die Beratung des einzelnen Patienten relevanten Informationen. Herzstück ist der interaktive Impfcheck: Nach Eingabe von Alter, Geschlecht und Impfhistorie des Patienten wird dessen Impfstatus überprüft, noch ausstehende Impfungen identifiziert und Empfehlungen zum Schließen bestehender Impflücken gegeben.

Antivirale Therapie Aufgrund stetiger Veränderung der Viren gibt es auch nur wenige zielgerichtete Arzneistoffe gegen die Influenza. Als antivirale Arzneimittel kommen die Neuraminidasehemmer Oseltamivir, Peramivir, Zanamivir und auch Amantadin in Frage. Anders als die Neuraminidaseinhibitoren ist Amantadin nur gegen Influenza-A-Viren wirksam. Vor allem wegen schneller Resistenzentwicklung unter der Anwendung und hohen Resistenzraten bei zirkulierenden Influenzaviren sowie der schlechten Verträglichkeit wird Amantadin heute nicht mehr empfohlen. Die Neuraminidasehemmer verkürzen die Krankheitsdauer um 0,5 bis 1,5 Tage, wenn sie innerhalb von 48 Stunden nach Symptombeginn zum Einsatz kommen.

Sie sind eher angezeigt bei schweren Verläufen oder Risikopatienten. Allerdings traten unter Neuraminidasehemmern Bronchitiden bei Erwachsenen und Mittelohrentzündungen bei Kindern nicht signifikant seltener auf. Die Virustatika blockieren die Neuraminidase, die für die Freisetzung neu gebildeter Viren aus der Wirtszelle verantwortlich ist. Die Hemmung dieses Enzyms verhindert die Ausbreitung der Viren in andere Körperzellen. Da sich die Bindungsstelle der Neuraminidase nicht durch Mutationen ändert, kommt es bei neuen Virusvarianten nicht wie bei den Impfstoffen zum Wirkungsverlust.

Die Arzneistoffe lindern die Beschwerden und verkürzen die Krankheitsdauer. Zanamivir wird wegen seiner geringen Bioverfügbarkeit zweimal täglich über fünf Tage inhaliert. Oseltamivir ist ein Prodrug und wird gut aus dem Magen-Darmtrakt resorbiert. Es wird ebenfalls zweimal täglich über fünf Tage oral zu den Mahlzeiten gegeben. Patienten können oft nicht zwischen bakterieller und viraler Infektion unterscheiden. So ist es auch ein wichtiger Hinweis, dass übliche Antibiotika, die Patienten bereits bei anderen Infekten erhalten haben, gegen die echte Grippe nicht wirken, sondern möglicherweise nur bei bakteriellen Superinfektionen zum Einsatz kommen können.

ANSTECKUNG VERMEIDEN

Neben der Impfung sind Abstand und Hygieneregeln die wichtigsten präventiven Maßnahmen. Wurden diese in den vergangenen Jahren nicht besonders intensiv verfolgt, so sind sie den meisten Menschen in Coronazeiten in Fleisch und Blut übergegangen. Häufiges und ausreichend intensives Händewaschen ist im Alltag meistens schon eine ausreichende Schutzmaßnahme. Desinfektion der Hände und Flächen ist bei intensivem Kontakt mit potenziell infektiösen Personen und im medizinischen Umfeld sinnvoll. Die Kontaktvermeidung durch Einhaltung eines ausreichenden Abstands von mindestens 1,5 Metern zu anderen Personen und Tragen eines Mund-Nasenschutzes sorgen für eine Reduzierung der Tröpfchen im Nahbereich.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

Die Autorin versichert, dass keine Interessenkonflikte im Sinne von finanziellen oder persönlichen Beziehungen zu Dritten bestehen, die von den Inhalten dieser Fortbildung positiv oder negativ betroffen sein könnten.

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