
Sinnvolle Empfehlungen

In der Apotheke ist man häufig hin- und hergerissen. Auf der einen Seite möchte man dem Kunden die bestmögliche Empfehlung geben, im Idealfall nur auf Basis valider Studienergebnisse. Auf der anderen Seite hat man vielleicht schon selbst gute Erfahrungen mit einem Produkt gemacht und obwohl die Wissenschaft sich in diesem Fall ausschweigt, schiebt man zaghaft ein unter Umständen hochpreisiges Präparat über den HV-Tisch – als Zusatzempfehlung.
Auf fast keinen anderen Bereich passt diese Situation so gut wie auf den der Nahrungsergänzungsmittel, Mineralstoffe und Vitamine. Der Markt läuft regelrecht über, allein vergangenes Jahr kauften Deutsche rund 225 Millionen Packungen. Den Überblick zu behalten und im Zweifelsfall selbst entscheiden zu müssen, was wirklich geeignet und sinnvoll und was totaler Quatsch oder unter Umständen sogar gesundheitsgefährdend ist, stellt eine Herausforderung dar.
Doch im Gegensatz zu Ihrem Kunden sind Sie der Experte/die Expertin und wissen, was sich hinter den Bezeichnungen der Inhaltsstoffliste verbirgt – das haben Sie dem Internet oder der Drogerie voraus. Wir haben auch einmal genauer hingeschaut und dem Thema ein Sonderheft gewidmet – in der Hoffnung, Ihnen auf dem Weg durch das Wirrwarr aus Werbeversprechen helfen zu können.
Farina Haase | Apothekerin, Ernährungsberaterin, Redaktion
Vitamin C
DAS VITAMIN DER SEELEUTE
Seite 1/1 2 Minuten
Die Geschichte von Vitamin C hängt eng mit der Seefahrt zusammen. Ende des 18. Jahrhunderts fiel auf, dass bei der Weltumsegelung des James Cook kein einziger Seemann an Skorbut erkrankte. Und das war damals die Regel: Manchmal starben zwei Drittel der Mannschaft, nachdem sie zuerst kraftlos wurden, ihnen die Zähne ausfielen und sie über dauerndes Nasenbluten klagten. James Cook nahm auf Empfehlung eines Arztes genug Sauerkraut und Zitronen mit an Bord und sorgte somit unwissentlich für eine optimale Versorgung mit Vitamin C. Wissenschaftlich nachgewiesen wurde die organische Verbindung erst 1933, und die Entdecker bekamen dafür den Nobelpreis.
Diese Ascorbinsäure – die sich vom lateinischen anti scorbutus ableitet – ist eine essenzielle Verbindung, dem Menschen fehlt zur Eigenproduktion das Enzym L-Gulonolactonoxidase. Wir müssen Vitamin C also mit der Nahrung zu uns nehmen. Zum Glück ist sie in den meisten Obst- und Gemüsesorten reichlich vorhanden, so zum Beispiel in Weißkohl (45 Milligramm (mg) auf 100 Gramm (g)), in Tomaten (38 mg), in Johannisbeeren (177 mg) oder in Paprika (100 mg). Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für gesunde Erwachsene eine Aufnahme von 100 mg pro Tag und bei normaler Mischkost braucht es auch keine zusätzliche Zufuhr.
Erhöhter Bedarf Jedoch haben Schwangere und Stillende, Raucher und kranke Menschen einen erhöhten Bedarf. Denn die Ascorbinsäure sorgt dafür, dass unsere Kollagensynthese funktioniert – die sich lockernden Zähne bei den Seeleuten waren ein untrügliches Zeichen für Skorbut. Vitamin C wird außerdem für die Hydroxilierung von Steroiden benötigt; es sorgt dafür, dass bestimmte Aminosäuren gebildet werden können. Und indem es Cholesterol in Gallensäure umwandelt, senkt es den Cholesterol-Gehalt im Blut. Wir brauchen Vitamin C, damit die Eisenresorption im Dünndarm funktioniert – weshalb eine PTA gern zur Einnahme der Eisentablette ein Glas Orangensaft empfiehlt.
Bringt Immunsystem auf Zack Immer wieder wird auch diskutiert, ob Vitamin C dabei hilft, Erkältungskrankheiten schneller zu überwinden oder sie sogar hilft zu vermeiden, bewiesen ist das aber noch nicht. Doch schließlich ist jedes Vitamin, das unser Körper nicht selbst bilden kann, wichtig für die Erhaltung der Gesundheit und die Regenerationsfähigkeit, zumal auch die Wundheilung viel Vitamin C verbraucht. Im Falle der Ascorbinsäure kann davon ausgegangen werden, dass ein Überschuss nur einige Wochen abgespeichert werden kann und dann Mangelerscheinungen auftreten. Eine Hypervitaminose hingegen ist in der Regel nicht zu befürchten: Der Körper scheidet zu viel Ascorbinsäure, als wasserlösliches Vitamin, über den Urin aus.
Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Nahrungsergänzungsmittel, Vitamine und Mineralstoffe der PTA IN DER APOTHEKE auf Seite 65.
Alexandra Regner, PTA und Journalistin












