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Was wäre die Welt ohne ...

... KARTOFFELN?

Sie ist ein wenig in Verruf gekommen. Doch was kann sie schon dafür, dass sie stärkehaltig und nahrhaft ist, das war jahrhundertelang ihre – Vorsicht, Wortspiel – Stärke. Was wären wir bloß ohne die Kartoffel?

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Die Leute gucken ja nicht richtig hin. Sehen nur den äußeren Schein. So wand sich einst die französische Königin Marie Antoinette die hübschen Blüten der Pommes de terre ins Haar und fand sich wunderbar. Dass man die dicken Knollen des buschigen Strauchs auch essen konnte, darauf kamen weder sie noch der Restadel. Die hielten sich Solanum tuberosum als Zierpflanze in ihren Lustgärten. Und wenn sie die grünen Früchte des Andengewächses doch verspeisten – roh, natürlich –, erlitten sie leichte Vergiftungserscheinungen.

Heute wissen wir: Man hätte sie nur kochen müssen. Friedrich der Große, der ja wahrscheinlich nicht umsonst diesen Beinamen trug, erkannte: Das Zeug hat das Potenzial zum Grundnahrungsmittel. Schon 1759 erließ er die sogenannten Kartoffelbefehle, „um den Unterthanen den Nutzen von Anpflantzung dieses Erd-Gewächses begreiflich zu machen.“ Ach, die Bauern ließen sich nicht so recht überzeugen, sogar bewachen ließ der Alte Fritz die Kartoffeläcker, aus List natürlich: Wenn diese Knollen so wertvoll waren, dass der König extra Soldaten abstellte, lohnte es, sie zu klauen.

Was der Landwirt bei Nacht und Nebel mitgehen ließ, pflanzte er ein – und schwupps, hatte die Kartoffel es auf die Teller geschafft. Vincent van Goghs erster Ölschinken hieß „Die Kartoffelesser“ und Johann Wolfgang von Goethe dichtete: „Morgens rund, mittags gestampft, abends in Scheiben - dabei soll’s bleiben. Es ist gesund.“ Oder „Lorbeer macht nicht satt: besser, wer Kartoffeln hat.“ (Verfasser unbekannt). Billig war der Erdapfel, lecker noch dazu, und satt machte er. Als man erst einmal erkannt hatte, dass das Nachtschattengewächs Dunkelzeiten brauchte, um zu gedeihen, ging es aber los. Die angepassten Sorten wuchsen hier so gut, dass Deutschland heute an Platz sechs der produzierenden Länder steht, als Exportland sogar an Platz drei.

Die Grumbeeren fanden Eingang ins Deutsche Sprichwortmuseum. „Rin in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“ meint, dass Anweisungen von einem zum anderen Moment über den Haufen geworfen werden. Der Begriff Couch-Potato beschreibt einen Menschen, der sich ungern vom Sofa erhebt, was dem Verein der Kartoffelfreunde bis heute ein Rätsel ist. Vielleicht, weil man aus Kartoffeln Chips machen kann und die sind fettig?

Franzosen dichten hier anders: „avoir la patate“ meint, dass jemand energiegeladen und in Form ist. Und unsere Verwünschung „Geh, wohin der Pfeffer wächst“ heißt in Portugal „vai plantar batatas“ – Geh Kartoffeln pflanzen. Auch gemein: Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln. (Jemand, der es eigentlich nicht verdient hat, ist erfolgreich). Und hier möchte ich doch mal Wikipedia zitieren: „Die kubischen Dimensionen der Solanum tuberosum stehen in reziproker Relation zur intellektuellen Kapazität ihres rustikalen Kultivators.“ Kartoffelige Grüße also!

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 04/2022 auf Seite 138.

Alexandra Regner, PTA und Medizinjournalistin

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