Sonnenmilch auf Haut © Martin Benik / 123rf.com
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Repetitorium

HAUTKREBS – TEIL 1

Hautkrebs ist in Deutschland eine vielfach unterschätzte Gefahr. Die Diagnosezahlen sind alarmierend. Umso wichtiger ist es – auch für das Apothekenpersonal – die Erkrankungen, Diagnose – und vor allem die Therapiemöglichkeiten zu kennen.

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Der Barmer GEK Arztreport rüttelt auf: Hier zu Lande erhalten immer mehr Menschen – mehr als 200 000 jährlich neu – die Diagnose Hautkrebs. Allein 2012 sind rund 1,6 Millionen Deutsche an bösartigen Gewebeneubildungen der Haut erkrankt. Bei 318 000 von ihnen wurde ein malignes Melanom (schwarzer Hautkrebs) diagnostiziert. Im Vergleich zum Jahr 2005 entspricht dies einer Steigerung von 60 Prozent.

Die Anzahl der an Basaliomen (Basalzellkarzinomen, gehört zum „weißer Hautkrebs“) und Spinaliomen (Plattenepithelkarzinomen, ebenfalls eine Form des „weißen Hautkrebses“), erkrankten Personen ist seitdem sogar um 79 Prozent auf 1,3 Millionen gestiegen, so die Auswertungen. Sicherlich ist der Anstieg der Diagnosezahlen in den vergangenen Jahren auch auf bessere Früherkennung zurückzuführen. Seit dem 1. Juli 2008 erstattet die GKV Versicherten über 35 Jahren alle zwei Jahre ein Hautkrebs-Screening.

Die Sensibilität für das Thema ist in der Bevölkerung gewachsen. Dennoch resümiert der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Rolf-Ulrich Schlenker, angesichts der Zahlen: „Offensichtlich sind sich viele Bundesbürger der Gefahr von UV-Strahlung nicht bewusst.“ Umso wichtiger ist die Aufklärung und das Wissen um Hautkrebs in der Apotheke. Denn die Prävention wird auch dort eine immer größere Rolle spielen.

Das Basaliom Der Basalzellkrebs ist der mit Abstand häufigste bösartige Hauttumor. Er kommt statistisch genauso häufig bei Männern wie Frauen vor, wobei die Erkrankungszahlen sich im Alter zwischen 50 und 60 Jahren häufen. Typisch für diese Krebsart, die extrem selten Metastasen (Tochtergeschwülste) bildet und deshalb häufig als die harmlosere Form des „weißen Hautkrebs“ angesehen wird, ist, dass sie über Jahre und Jahrzehnte langsam wächst. Die Wahrscheinlichkeit geheilt zu werden, liegt derzeit bei bis zu 95 Prozent.

Trotzdem sollte niemand ein Basaliom unterschätzen. Sie entstehen – wie der Name bereits sagt – in der Basalzellschicht der Oberhaut, meist im Gesicht. Dort sind vor allem die „Sonnenterassen“ (Nase, Stirn, Schläfen, Unterlippe, Handrücken, bei Männern gerne auch Ohrspitzen, Nacken und gegebenenfalls Glatze) betroffen. Auch Nacken und Hände sind häufiger, seltener tritt diese Krebsart an Beinen oder Oberkörper auf. Ein Basaliom kann ganz unterschiedliche Formen annehmen.

DIE EINZELNEN ARTEN
Hautkrebs ist tückisch, denn er verursacht zunächst keine Schmerzen oder starke Beeinträchtigungen. Tatsächlich gibt es jedoch nicht simpel nur „den Hautkrebs“, sondern hinter diesem allgemein gehaltenen Begriff verbergen sich verschiedenste Tumorerkrankungen mit ganz unterschiedlichen Verläufen und Prognosen. Zu ganz seltenen Hautkrebsformen zählen Merkelzell-Tumore, Fibrosarkome, Karzinome der Talgund Schweißdrüsen sowie Hautlymphome. Früh erkannt haben aber alle, auch die drei häufigsten, hier primär behandelten Hautkrebsarten gute Heilungsaussichten.

Anfangs sieht er häufig aus wie ein kleiner, porzellanartiger Pickel, auf dessen Oberfläche winzige Blutgefäße zu sehen sind. Eine dünne verfärbte Hautstelle oder ein gelb-rötlicher Knoten mit nur wenigen Millimeter Durchmesser sind weitere mögliche Formen. Später sinkt die Hauterhabenheit häufig in der Mitte ein, Verkrustungen treten auf und es lassen sich knotige, flache, geschwürartige oder narbenförmige Varianten unterscheiden. Basaliome wachsen sowohl invasiv in die Tiefe als auch in die Breite. Mit der Zeit können sie sogar Knorpel und Knochen zerstören, schwere Geschwüre verursachen, die noch dazu stark bluten und kaum verheilen.

Das Spinaliom Der Stachelzellkrebs betrifft stärker Männer, insbesondere ab dem sechsten Lebensjahrzehnt. Er ist die gefährlichere Form des weißen Hautkrebses, jeder zehnte Erkrankte stirbt an den Folgen. Dieser in der Stachelzellschicht, also in einer der obersten Zelllagen der Oberhaut entstehende Tumor, zeigt als Vorboten oder Vorstufe (Präkanzerose) häufig eine scharf begrenzte Rötung der Haut, die sich zudem an diesen Stellen oberflächlich wie ganz feines Sandpapier anfühlt. Im weiter fortgeschrittenen Stadium bedeckt eine gelbbraune Hornkurste die trockenen, rauen bis zu zwei Zentimeter großen Hautstellen. Die Veränderungen können an verschiedenen Hautarealen auftreten, insbesondere solchen, die intensiver der Sonne ausgesetzt sind.

Bei Über-60-Jährigen lässt sich – laut Untersuchungen – bei jedem zweiten Bundesbürger mittlerweile diese Krebsvorstufe nachweisen. Wird dieses Vorstadium nicht behandelt, wächst die Präkanzerose (aktinische Keratose) bei etwa zehn Prozent der Betroffenen zu einem Plattenepithelkarzinom weiter. Allerdings können Spinaliome auch aus Viruswarzen, größeren Narben oder auf durch chemische Substanzen geschädigter Haut hervorkommen.

Jucken, Brennen, Schmerzen oder spontane Blutungen können ein Hinweis für einen wachsenden Tumor sein – und dürfen deshalb von Betroffenen nicht ignoriert werden. Plattenepithelkarzinome dringen von der Stachelzellschicht nämlich in tiefere Hautschichten vor, befallen ebenfalls Knochen und Knorpel und bilden – im Gegensatz zum Basaliom – Metastasen.

Der „Schwarze Hautkrebs“ Das maligne Melanom ist der aggressivste aller Hauttumoren. Tatsächlich gehen drei Viertel aller Todesfälle, die Folge einer Hautkrebserkrankung sind, auf diese Form zurück. Allerdings ist im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen, deren durchschnittliches relatives Fünf-Jahres-Überleben bei 55 Prozent liegt, das relative Fünf-Jahres-Überleben von Melanompatienten mit 90 Prozent immer noch vergleichsweise sehr gut.

Auffallend ist jedoch: Die Betroffenen werden immer jünger: Lag der Altersgipfel vor 30 Jahren noch im sechsten Lebensjahrzehnt, so liegt er jetzt bei den Vierzig- bis Fünfzigjährigen. Sogar 20-Jährige, die an einem malignen Melanom erkranken, sind keine Seltenheit mehr. Obwohl der „Schwarze Hautkrebs“ gut sichtbar auf der Haut wächst, kann er leicht übersehen werden, da er sich häufig aus Muttermalen oder Leberflecken heraus entwickelt.

Allerdings können maligne Melanome auch auf unauffälliger, gesunder Haut entstehen und an ganz „versteckten“ Hautpartien auftreten wie beispielsweise im Genitalbereich, am behaarten Kopf, unter Finger- und Fußnägeln oder gar den Fußsohlen. Statistisch gesehen befindet er sich bei Männern jedoch bevorzugt am Rumpf, bei Frauen eher an Armen und Beinen.

Beim „Schwarzen Hautkrebs“ handelt es sich um einen Tumor der pigmentproduzierenden Zellen der Haut, der Melanozyten. Verdächtig sind alle Pigmentflecken, die größer als zwei Millimeter sind, eventuell jucken, bluten, brennen oder plötzlich wachsen. Auch eine asymmetrische Form, eine unscharfe Begrenzung oder eine Stelle mit unregelmäßig verteilten braunschwarzen Pigmenten kann Zeichen einer Tumorbildung sein.

Im Initialstadium ist ein malignes Melanom zunächst noch auf die Oberhaut beschränkt, wächst eher in die Breite. In einem solchen Frühstadium bestehen noch gute Heilungschancen. Durchbricht der Tumor jedoch invasiv die Lederhaut und Unterhaut, streut seine Metastasen (Tochtergeschwülste) über die Blutbeziehungsweise Lymphbahnen, sinken die Heilungsmöglichkeiten rapide. Ein unbehandeltes malignes Melanom führt vergleichsweise rasch zum Tod.

Hautkrebs – Warum? Gesichert ist: Übermäßige Sonnenbestrahlung gehört zu den Hauptrisikofaktoren. Natürlich gilt: Ganz ohne Sonne kommt der Mensch nicht aus. Sie wärmt, streichelt die Seele, fördert die Lebenskraft und Energie. Auch sorgt sie dafür, dass der Körper Vitamin D bildet, das den Knochenbau stärkt. Andererseits: Überschreitet die Bestrahlung einen gewissen, von Mensch zu Mensch unterschiedlich hohen Grenzwert (die Erythemschwelle), treten akute Hautschäden auf.

Im Einzelnen: Die ultraviolette (UV-)Strahlung des Sonnenlichts wird nach ihren Wellenlängen eingeteilt in UV-A (400 bis 315 nm), UV-B (315 bis 280 nm) und UV-C (280 bis 100 nm). Während der UV-CAnteil des Sonnenlichts durch die Ozonschicht der Atmosphäre nahezu vollständig absorbiert wird, gelangen UV-A und ein Teil der UV-B-Strahlen bis zur Erdoberfläche. Die kurzwelligeren UV-B-Strahlen dringen in die Epidermis (Oberhaut) und dort bis zur Basalzellschicht vor, die längerwelligen UV-A-Strahlen können noch tiefer in die Dermis bis zum Corium (Lederhaut) eindringen.

 »Besonders gefährdet sind außer Strandurlaubern auch Berufsgruppen, die sich viel im Freien aufhalten, etwa Bauarbeiter, Gärtner sowie Landwirte.«

Die Folgen sind: eine Reihe schädigender Reaktionen. Die Epidermis besteht von außen nach innen aus den vier Zellschichten Hornhaut (Stratum corneum), Körnerschicht (Stratum granulosum), Stachelzellschicht (Stratum spinosum) sowie der Basalzellschicht (Stratum basale). UV-A-Strahlung verändert durch Photooxidation farblose Melaninvorstufen in braunen Melaninfarbstoff und bewirkt zudem eine Umschichtung der Melanosomen in den pigmentproduzierenden Zellen der Haut, den Melanozyten an die sie umgebenden Keratinozyten in der Basalzellschicht der Epidermis. Dies lässt die Haut „braun“ erscheinen.

Die UV-A-Strahlung bewirkt aber auch eine Schädigung und Abnahme der straffenden, kollagenen beziehungsweise elastischen Bindegewebsfasern der Haut, was wiederum wesentlicher Grund für vorzeitige Hautalterung und Faltenbildung ist. Bei chronischer UV-A-Strahleneinwirkung kommt es zudem zu unregelmäßiger Pigmentierung der Haut und auch zu vermehrtem Auftreten von Altersflecken.

Die UV-B-Strahlung ist für einen Sonnenbrand, also starke Hautrötung und Entzündung, sowie bei längerer Bestrahlung mit UV-B-Anteil für eine Hautverdickung, die „Lichtschwiele“ verantwortlich. Durch die UV-Strahlung wird die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (freier Radikale) induziert, die durch Oxidation verschiedene Zellbestandteile, insbesondere Proteine, Lipide und die Erbinformation der Hautzelle (Desoxyribonukleinsäure, DNA) schädigen.

Insbesondere UV-A-Strahlung führt zudem zu direkter Schädigung der DNA, genau genommen zu Strukturänderungen der DNA-Helix, die zu Hautkrebs führen können, wenn die körpereigenen Reparaturmechanismen nicht mehr ausreichen. Die Zellen entarten und beginnen zu wuchern. Hautkrebs ist – salopp ausgedrückt – also eine bösartige Wucherung der Hautzellen. Das veränderte Freizeitverhalten seit den 1970er-Jahren, mit viel intensiverem UV-Strahlen-Kontakt dank vermehrtem Strandurlaub am Meer, Skifahren im Gebirge, gilt insgesamt jedoch als wichtigste Ursache für die stetig steigenden Hautkrebspatientenzahlen.

Besonders gefährdet sind auch Berufsgruppen, die sich viel im Freien aufhalten, etwa Bauarbeiter, Gärtner sowie Landwirte. Auch die intensivere Nutzung von Solarien – auch und gerade bei jüngeren Menschen – trägt zur Entstehung bei, so die Analyse vieler Studien. Schon mehr als 800 Menschen starben, weil sie regelmäßig Sonnenstudios aufsuchten, warnt die Deutsche Krebshilfe. Bestimmte Stoffe, etwa Teer oder Zusätze in Parfums oder Gesichtswässern, können die negative Wirksamkeit der ultravioletten Strahlen sogar noch steigern.

Prävention und Therapie der einzelnen Hautkrebsarten sind Teil des zweiten und dritten Repetitoriumsteils.

ZUSATZ-INFORMATIONEN

Das Risiko

Wie groß das Hautkrebsrisiko dabei für den Einzelnen ist, hängst stark vom Hauttyp ab. Helle Haut ist besonders gefährdet. Bei einem sehr hellhäutigen Menschen mit leicht rötlichen Haaren und Sommersprossen (Hauttyp I) dauert es in Mitteleuropa ungeschützt, also ohne Sonnenschutzmittel, knapp zehn Minuten in der Mittagszeit bis ein Sonnenbrand entsteht. Menschen mit wenig empfindlicher, schnell bräunender Haut (Hauttyp IV) sind durch ihre Eigenschutzzeit von bis zu 50 Minuten hingegen sehr viel besser vor den UV-Strahlen der Sonne geschützt. Jeder Sonnenbrand erhöht das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken deutlich. Besonders gefährdet ist auch die Kinderhaut, die noch nicht über ausreichende natürliche Schutzmechanismen verfügt.

Zudem scheint es einen statistischen Zusammenhang zwischen Bluthochdruck und malignem Melanom (schwarzem Hautkrebs) sowie zwischen Fettstoffwechselstörungen und Plattenepithelkarzinomen (eine Art des weißen Hautkrebses) zu geben. Veröffentlichungen weisen ebenfalls darauf hin, dass humane Papilloma Viren (HPV) Plattenepithelkarzinome auslösen oder triggern können. Genetische Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle: Bei einem von zehn malignem Melanom-Patienten ist auch ein weiteres Familienmitglied ersten Grades (Eltern, Kinder) betroffen. Auch Immungeschwächte und insbesondere an der seltenen Erbkrankheit Xeroderma pigmentosum-Erkrankte haben ein stark erhöhtes Risiko im Vergleich zu Gesunden für bösartige Hautveränderungen, einschließlich malignem Melanom.

Einen Sonderfall stellen Organtransplantierte dar, da sie Medikamente einnehmen müssen, die das Hautkrebsrisiko um den Faktor 30 steigern. Ebenso sind an Colitis ulcerosa oder anRheumatoider Arthritis Erkrankte stärker gefährdet, da sie mitunter Arzneimittel einnehmen, die das Hautkrebsrisiko erheblich erhöhen.

Die Diagnostik

Berichtet ein Kunde, dass sich ein Muttermal vergrößert, verändert oder neu gebildet hat, sollte das Apothekenteam ihn umgehend an einen Hautarzt verweisen. Denn selbst bei dem kleinsten Anfangsverdacht auf Hautkrebs jeglicher Art sollte umgehend mindestens ein Allgemeinarzt, besser noch ein Dermatologe (Hautarzt) zurate gezogen werden. Dieser wird, um den Verdacht auf ein Basalzellkarzinom oder Stachelzellkrebs (die „weißen Hautkrebsarten“) zu bestätigen, eine Gewebeprobe entnehmen (Probebiopsie) und histologisch untersuchen (lassen).

Für die Untersuchung auf ein malignes Melanom existiert eine unspezifische ABCDE-Regel: Auf einen Tumor weist bei einem Fleck / Pigmentmal Asymmetrie (A), unscharfe Begrenzung (B), ein variables Pigmentmuster, also unterschiedliche Farbtöne (C = Colour, Farbe), ein Durchmesser über fünf Millimeter (D) sowie Erhabenheit (H) hin. Untersuchungen mit dem Dermatoskop oder Auflichtmikroskop, manchmal auch mit Aufnahme via Videokamera am Handdermatoskop, welches an einen Computer angeschlossen ist, können sich anschließen.

Bei Verdacht auf ein malignes Melanom kann das verdächtige Pigmentmerkmal auch direkt mit einem Sicherheitsabstand ambulant unter lokaler Betäubung entfernt (Exzisionsbiopsie) und anschließend das entnommene Hautgewebe histologisch untersucht werden. Insbesondere beim „schwarzen Hautkrebs“, häufig aber auch beim Plattenepithelkarzinom sind weitere Laboruntersuchungen und die Sonographie (Ultraschalluntersuchung) der benachbarten Lymphknoten sowie womöglich auch von inneren Organen notwendig, um zu kontrollieren, ob diese ebenfalls durch Krebszellen befallen sind. Besteht die Vermutung, dass der Tumor schon Metastasen in anderen Organen gebildet hat, kommen weitere bildgebende Verfahren (etwa Computertomographie, Röntgenaufnahmen, Kernspintomographie, Skelettszintigramm) zum Einsatz.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/14 ab Seite 68.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin

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