Ein Arzt erklärt etwas anhand eines Modells der Bauchspeicheldrüse.
Die Langerhansschen Inselzellen der Bauchspeicheldrüse produzieren bei Typ-I-Diabetes nicht genug Insulin. Organoide aus pluripotenten Stammzellen könnten Abhilfe schaffen. © Shidlovski / iStock / Getty Images Plus

Zuckerkrankheit | Zell-Transplantation

DIABETES-ORGANOIDE: AN MÄUSEN FUNKTIONIEREN SIE SCHON

Es wäre ein Traum für jeden Diabetiker: Wäre das Einsetzen künstlich hergestellter Organoide aus Stammzellen erfolgreich, müssten sie niemals mehr Insulin-Einheiten ausrechnen und spritzen.

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Was ein wenig nach Science-Fiction klingt, funktioniert, allerdings bisher nur an diabetischen Mäusen. Aus deren Zellen hat man nämlich Beta-Ähnliche Stammzellen gezüchtet, die dann speziell behandelt wurden – ohne diese Behandlung fehlt ihnen gleichsam die Kraft, um Insulin auszustoßen. Forscher des Salk Institutes for Biological Studies in La Jolla entdeckten jedoch einen genetischen Schalter namens ERR-gamma, der, wenn er umgelegt ist, die Zellen in Funktionsbereitschaft versetzt. Sie identifizierten auch noch ein Protein namens WNT4, das diesen Reifungsschalter aktivieren kann. „Wenn ERR-gamma aktiv ist, bekommen die Zellen die Energie, die sie für ihre Arbeit benötigen“, sagt Co-Autor Michael Downes. „Unsere hergestellten Zellen sind dann gesund und robust und können Insulin abgeben, wenn sie einen hohen Glucosespiegel wahrnehmen.“

Denn der Blutzucker ist der Treibstoff unseres Körpers; ein Problem ist in Zeiten der Überernährung allerdings seine Dosierung. Wichtigster Regulator ist dabei das Hormon Insulin. Es bringt den Zucker in die Körperzellen, um sie mit Energie zu versorgen. Für die Produktion des Insulins sind die so genannten Langerhansschen Inseln in der Bauchspeicheldrüse verantwortlich. Sie registrieren das Glucose-Niveau im Blut und steigern bei einem Überangebot die Produktion des Hormons. Dadurch nehmen die Körperzellen mehr Zucker auf und die Konzentration im Blut sinkt – das ist wichtig, denn wenn dauerhaft zu viel Glucose im Blut schwimmt, kann das die Organe schädigen.

Bei Spendergeweben kommt es zu Abstoßungsreaktionen, die durch Immunsuppressiva unterdrückt werden müssen.

Dieses System ist bei Menschen mit Diabetes gestört: Ihre Langerhansschen Inseln, die aus Betazellen bestehen, sind geschädigt oder völlig zerstört. Um ihren Blutzuckerspiegel zu regulieren, müssen sie deshalb Insulin von außen zuführen – hier muss man sich mit der Dosierung auskennen und allzeit wachsam sein, sonst droht entweder Über- oder Unterzuckerung. Schon vorher gab es die Idee, Diabetikern mit einer Transplantation von Betazellen zu helfen, aber wie auch bei anderen Spendergeweben kommt es dabei zu Abstoßungsreaktionen, die durch Immunsuppressiva unterdrückt werden müssen, was wiederum die Gesundheit belastet.

Jetzt also die Forscher aus La Jolla: Ihnen gelang es, aus pluripotenten Stammzellen menschliche Organoide herzustellen, die den menschlichen Pankreasinseln ähneln und sich für Transplantationen eignen. Dabei beschäftigten sie sich auch mit dem Problem der Immunabstoßung. Dazu führten sie Versuche an Diabetes-Mäusen durch, denen die Organoide transplantiert wurden. Sie entdeckten, dass ein spezielles Kontrollprotein namens PD-L1, das als Immunblocker wirkt, die Zellen schützen kann, wenn man sie auf gentechnische Weise damit ausrüstet. Eine Behandlung mit Interferon gamma rüstet sie danach anhaltend mit der Schutzfunktion aus.

Die auf diese Weise behandelten Organoide konnten den Blutzuckerspiegel langfristig regulieren.

Und das Wichtigste: Wenn die auf diese Weise behandelten Organoide den Tieren eingesetzt wurden, konnten sie den Blutzuckerspiegel langfristig regulieren, ohne Abstoßungsreaktionen hervorzurufen. „Wenn wir dies als Therapie beim Menschen etablieren könnten, bräuchten Diabetes-Patienten keine immunsuppressiven Medikamente mehr einzunehmen“, sagt Dowes.

Man darf gespannt ein, was sich aus diesem vielversprechendem Ansatz der Mäuseforschung für den Menschen entwickeln wird.

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Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: wissenschaft.de

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