Frauenhände halten Babyfüße.
Eine intensive Hebammenbegleitung kann dabei helfen, die Mutter-Kind-Bindung zu stärken. © Astakhova / iStock / Getty Images

Geburtshilfe | Schwangerschaft

„EINE GEBURT IM HEBAMMENKREISSSAAL IST SICHER.“

Für jede gebärende Frau eine Hebamme, die die ganze Zeit dabei bleibt - das ist nur in wenigen Kreißsälen in Deutschland so. Dabei kämen die meisten Gebärenden laut einer Studie auch ohne Arzt und große Eingriffe bei gleicher Sicherheit zu ihrem Baby.

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Eine Geburt im Kreißsaal nur mit einer erfahrenen Hebamme und ohne Arzt ist einer Studie zufolge sicher und verläuft im Durchschnitt schneller. Dabei kommen meist sogar weniger Schmerzmittel zum Einsatz. Diese Ergebnisse zum Forschungsprojekt „Hebammenkreißsaal“ der Universität Bonn stellte Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Montag in Düsseldorf vor.

Für die vom Land NRW mit rund 380.000 Euro geförderte Studie waren alle 612 hebammengeleiteten Geburten am Universitätsklinikum Bonn aus den Jahren 2010 bis 2017 analysiert worden. Sie sei die erste Uniklinik Deutschlands, die das Modell vor elf Jahren eingeführt habe, berichtete Laumann. „Die Studie zeigt: Eine Geburt im Hebammenkreißsaal ist sicher“, fasste Laumann das wichtigste Ergebnis zusammen. Das Angebot richte sich an gesunde Schwangere mit unauffälligem Schwangerschaftsverlauf, die eine unkomplizierte Geburt erwarten könnten. Das heißt zum Beispiel: Die Frauen sind nur mit einem Kind schwanger und der Kopf des Babys liegt unten - nicht in Steißlage. Mehrlinge seien per se Risikoschwangerschaften, erklärte Waltraut Merz, Privatdozentin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe an der Universität Bonn. Auch bei Frühgeburten sei stets ein Arzt dabei.

Die Studie belegt laut Landeszentrum Gesundheit NRW (LZG): Bei Gebärenden, die aus einem allein hebammengeführten Kreißsaal doch noch in ärztliche Obhut müssen, kommt es bei Neugeborenen oder ihren Müttern nicht häufiger zu Komplikationen als in allen anderen Fällen. Im Vergleich zur Kontrollgruppe seien seltener operative Eingriffe vorgenommen worden - auch weniger Dammschnitte und Periduralanästhesie (PDA).

Die praktische Erklärung der Wissenschaftlerin: Hebammen geben der Frau bei einer normalen Geburt mehr Zeit. Ein hinzugerufener Arzt hingegen sei eher darauf eingestellt, zu intervenieren, sagte Merz. Eine weitere Beobachtung der Expertin: Auch im Hebammenkreißsaal entscheide sich rund die Hälfte der Gebärenden für eine PDA. „Die Frauen wollen das Beste aus beiden Welten: Sowohl die Super-Betreuung, als auch eine extrem effektive Methode der Schmerzbekämpfung“, berichtete Merz. Die Düsseldorfer Hebamme Victoria Herrmann sieht auch Vorteile für die Mutter-Kind-Bindung: „Durch eine intensive Hebammenbegleitung entstehen bei den Frauen weniger Ängste, so dass die Frau deutlich positiver und selbstbewusster in die Phase des Mutterseins reinkommt“.

Laumann warb dafür, das Modell viel großflächiger anzubieten, um Frauen bei ihrem Wunsch nach einer interventionsarmen Geburt aus eigenen Kraft zu unterstützen. Nach Angaben des LZG werden bislang nur 23 solcher Angebote bundesweit vorgehalten (Stand: 2019). In NRW hätten neun Kliniken das Modell eingeführt. Hebammenkreißsäle gibt es in Bad Oeynhausen, Bonn, Düsseldorf, Gütersloh, Herdecke, Köln, Oberhausen, Paderborn und Velbert. 2017 hätten weniger als fünf Prozent aller 153 Kliniken mit Geburtshilfe in NRW das Konzept angeboten, obwohl es für alle geeignet sei, stellte das LZG fest.

Quelle: dpa

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