eine lachende Frau unter einem Schirm im Regen
Warum sind manche Menschen sogar zu Regenzeiten zufrieden und glücklich, und andere nicht?

Corona | Psychologie

POSITIVE GEFÜHLE HELFEN BEI DER KRISENBEWÄLTIGUNG

Warum macht Stress - wie in der Corona-Krise - manche Menschen krank und andere nicht? Solchen Fragen geht das Leibniz-Institut für Resilienzforschung nach. Der Geschäftsführer gibt Tipps, wie sich die außergewöhnliche Lebenssituation gut ertragen lässt.

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Geduldig und sorgsam mit sich umgehen, gezielt positive Gefühle entwickeln und den Medienkonsum reduzieren - so kommen die Menschen nach Einschätzung von Klaus Lieb vom Leibniz-Instituts für Resilienzforschung (LIR) gut durch die Corona-Krise. "Zweimal am Tag Nachrichten schauen - morgens und abends - und sich nicht die ganze Zeit mit Corona beschäftigen, weil das die ganzen negativen Emotionen noch verstärkt", riet der wissenschaftliche Geschäftsführer des renommierten Instituts im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Die Menschen sollten sich auch nicht zu sehr mit traurigen Einzelschicksalen befassen, sondern mit Zahlen, Statistiken und ausschließlich mit bestätigten Informationen vertrauenswürdiger Quellen.

Im Zentrum der Resilienzforschung steht die Frage, warum Stress manche Menschen krank macht, andere unter gleichen Bedingungen aber gesund bleiben. Das Institut will das Verständnis von Resilienz mit Langzeitstudien vertiefen und ab Mai eine Ambulanz aufbauen.

Finanzielle Sorgen
Damit die Menschen gut - und ohne schwere psychische Krisen und akute Verzweiflungssituationen - durch die Corona-Krise kommen, müssten vor allem finanzielle Probleme gelöst werden, forderte Lieb. "Dafür tut der Staat ja auch eine ganze Menge." Das Gesundheitssystem müsse sich zudem dafür aufstellen, dass nach der Krise Depressionen, Ängste und posttraumatische Störungen behandelt werden könnten. Aus anderen Pandemien sei bekannt, dass diese oft erst Monate später aufträten. Für psychisch Kranke müsse gesorgt werden. "Und es muss aufgepasst werden, dass die Kinder aus benachteiligten Gruppen nicht noch weiter ins Hintertreffen geraten."

Chancen sehen
Die Krise biete aber auch viele Chancen, betonte der Wissenschaftler. "Das Positive ist zum Beispiel, dass man inne hält, dass man schaut, was ist eigentlich wesentlich, auf was kommt es an im Leben, was möchte ich eigentlich? Wie möchte ich eine Gesellschaft haben?" Die Krise beschleunige auch positive Entwicklungen wie die Online-Programme an den Hochschulen.

Akzeptanz
Wie sich Menschen in der Isolation, im Homeoffice, der Quarantäne und auf engem Raum am wohlsten fühlen, sei individuell ganz verschieden. "Die Ausgangsbedingungen jedes einzelnen und der Werkzeugkasten sehen unterschiedlich aus", sagte Lieb. "Sich zurückerinnern an frühere Bewältigungen von Krisen kann sehr hilfreich sein." Als Beispiele nannte der Forscher eine Einsamkeitskrise nach einer Trennung und den Stress nach einer Entlassung im Beruf. Wichtig sei es jetzt, die negativen Gefühle und den Stress zu akzeptieren - und den Blick dann aber ins Positive zu wenden, ohne sich dabei unter Druck zu setzen. "Man sollte geduldig und nachsichtig mit sich sein und nicht noch mehr Stress entstehen lassen, weil man seinem ehrgeizigen Tagesplan nicht hinterher kommt", sagte Lieb. Um mit neuen Routinen - etwa im Homeoffice - klar zu kommen, brauche es Zeit. Bis eine Verhaltensänderung sich richtig eingespielt habe, seien eigentlich mindestens drei Monate Übung notwendig - "das muss man wissen, um nicht ständig von sich enttäuscht zu sein".

Kontakt ohne Kontakt
Soziale Kontakt ließen sich vorübergehend auch gut über Video oder Telefon pflegen, sagte Lieb. «Man kann auch mal wieder einen Brief schreiben.» Zwar sei die Isolation gerade für ältere Menschen schwierig. "Viele Enkel rufen ihre Großeltern jetzt viel häufiger an als sonst." Und es gebe zudem eine große Solidarität und Unterstützung in der Bevölkerung. Schwierig sei dies allerdings für die Menschen in Alten- und Pflegeheimen, wenn keinerlei Besuch mehr erlaubt sei.
Die Mehrheit der Bevölkerung glaube nach Befragungen des LIR, die Krise bewältigen zu können, sagte Lieb. Allerdings fühlten sich gerade ältere Menschen - die noch die Nachkriegszeit erlebt hätten - eher gewappnet und verhielten sich daher oft unvorsichtig, obwohl sie zur Risikogruppe zählten. Das müsse man dieser Bevölkerungsgruppe immer wieder deutlich machen.

Quelle: dpa

 

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