Eine ältere Dame mit einem Buch und ein Junge mit einem Tablet sitzen an den gegenüberliegenden Enden einer Parkbank.© kzenon / iStock / Getty Images Plus
Alt und jung - beide Gruppen erfahren Diskriminierung aufgrund ihres Alters. Bei Älteren kann das die Gesundheit gefährden.

Ageism | Benachteiligung

ALTERSDIKRIMINIERUNG BEDROHT DIE GESUNDHEIT

Viele Menschen weltweit sind Opfer von „Ageism“. Sie erfahren also aufgrund des eigenen Alters Diskriminierung, Unrecht und Benachteiligung. In Zeiten der Pandemie wird das Thema besonders brisant.

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Ageism kann verschiedene Formen annehmen: ein Senior, dem ein Job verwehrt wird. Das junge Mädchen, das verspottet wird, weil es eine politische Bewegung startet. Oder eine kinderlose Frau, die kurz vor ihrer Menopause steht, der man sagt: „Die Uhr tickt.“  Das Alter ist eben eines der ersten Dinge, das einem bei anderen Menschen auffällt. 

Doch wenn das Alter benutzt wird, um Menschen zu kategorisieren und zu unterteilen und zwar so, dass es zu Schaden, Benachteiligung sowie Unrecht führt und den Zusammenhalt zwischen den Generationen untergräbt, ist im Englischen von „Ageism“ die Rede. So heißt es im „Global Report on Ageism“ der Weltgesundheitsorganisation. Im Deutschen wird das meist als „Altersdiskriminierung“ bezeichnet, dabei wird dieses Wort den Dimensionen von Ageism nicht gerecht. Denn es geht um mehr als um Diskriminierung. Ageism bezieht mit ein, wie wir denken (Stereotypen) und wie wir fühlen (Vorurteile).

Meist Ältere von Ageism betroffen

Oft trifft dies ältere Menschen. Weltweit hat jede zweite Person altersfeindliche Einstellungen gegenüber älteren Menschen, heißt es im Report der WHO. Dort wird weiter erklärt:

„Faktoren, die das Risiko erhöhen, Ziel von Ageism zu sein, sind:
älter und pflegebedürftig zu sein,
eine niedrigere Lebenserwartung […] zu haben,
in bestimmten Berufen oder Arbeitszweigen wie dem High-Tech-Sektor oder dem Gastgewerbe zu arbeiten“.

Ageism und Sexismus überschneiden sich

Dennoch: Auch jüngere Menschen sind betroffen, vor allem Frauen. Denn im Leben von Frauen überkreuzt sich Altersdiskriminierung mit Sexismus. Man sollte weder „zu dick“ sein, noch „zu dünn“, geschminkt ja, aber bitte nicht „zu viel“. Trägt man Nicht-Körper-Betontes, gilt man als konservativ oder maskulin. Aber „zu sexy“ darf es auch nicht sein, denn damit fordere man etwas heraus. Und im Alter sexy kleiden? Bloß nicht, weil dafür ist man „zu alt“.

Wie die WHO berichtet, sickert Ageism  in viele Institutionen und Sektoren der Gesellschaft:
•    in das Rechtssystem, 
•    die Medien 
•    sowie die Gesundheits- und 
•    Sozialfürsorge.

Ageism in der Medizin

127 im Jahr 2020 untersuchte Studien zeigen, dass das Alter darüber entschied, wer bestimmte medizinische Verfahren erhielt. Eine Studie an fünf Kliniken in den USA hat erforscht, inwiefern das Alter von 9000 Patient*innen beeinflusste, ob sie lebenserhaltende Maßnahmen erhielten. Das Ergebnis fasst die WHO zusammen:

„Mit zunehmendem Alter der Betroffenen verwehrte das medizinische Personal eher die Unterstützung durch Beatmungsgeräte, Operationen und Dialyse.“

Die Folgen von Ageism sind laut der WHO ernsthafte und weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen, auf ihr Wohlergehen und die Menschenrechte. Ageism koste die Gesellschaft mehrere Milliarden Dollar. 
Senior*innen leiden aufgrund von Ageism unter schlechterer Gesundheit und Lebensqualität, sozialer Isolation, Einsamkeit, finanzieller Unsicherheit und frühzeitigem Tod. 
Die Folgen für Jüngere breiten sich auf die Arbeit, Gesundheit oder Wohnverhältnisse aus.

COVID-19 und Diskriminierung

Auch während der Pandemie werden knappe Güter wie Beatmungsgeräte oder Intensivbetten mancherorts „nur nach chronologischem Alter“ verteilt, heißt es im Bericht. Das ist laut WHO „unethisch“, da das chronologische Alter nur moderat in Zusammenhang mit dem biologischen Alter steht.

Altersabhängige Isolation

In manchen Ländern bestimmt das Alter sogar über die Isolationsmaßnahmen: „Im Vereinigten Königreich beispielsweise wurden Erwachsene ab 70 Jahren anfangs angewiesen, sich für vier Monate in Selbstisolation zu begeben; in Bosnien und Herzegowina durften ältere Personen ihr Haus […] für mehrere Wochen nicht verlassen; und in Kolumbien und Serbien zielten Lockdown-Maßnahmen lediglich auf ältere Menschen ab“, berichtet die WHO.

Stereotype Medien

Und auch die Medien zeichnen oftmals stereotype Bilder, indem sie ältere Erwachsene allgemein als gebrechlich, verletzlich und schutzbedürftig darstellen. Doch das wird der großen Vielfalt dieser Altersgruppe nicht gerecht.

Auf der einen Seite stehen die gefährdeten Senior*innen, auf der anderen Seite die Party-machenden Jugendlichen – das ist auf beiden Seiten altersdikriminierend und spielt Generationen gegeneinander auf. Natalia Kanem vom Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen fordert:

„Lasst uns diese Krise zu einem Wendepunkt dahingehend machen, wie wir ältere Menschen sehen, behandeln und auf sie reagieren.“

Gesetze und Richtlinien könnten die Probleme rund um Ageism lösen. Außerdem Aufklärung und Bildung. Auch Generations-übergreifende Aktivitäten könnten das Miteinander fördern. Der Kampf gegen Ageism soll eine Welt voller Würde für alle Altersgruppen schaffen.

Quellen:
https://www.pharma-fakten.de/news/details/1078-ageism-altersdiskriminierung-bedroht-gesundheit/
https://taz.de/Altersdiskriminierung-von-Frauen/!5714293/

 

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