Kinderwunschbehandlung
PTA-Fortbildung

Vom Kinderwunsch zum Wunschkind

Nicht immer tritt eine Schwangerschaft dann ein, wenn es dem Paar gerade am besten passt. Mal ist es zu früh, mal lässt das Wunschkind lange auf sich warten. Vielen Paaren, bei denen es nicht klappt, kann von pharmazeutischer und medizinischer Seite geholfen werden, doch irgendwann das eigene Baby in den Armen zu halten.

17 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. August 2022

Die Abläufe einer künstlichen Befruchtung:

  1. Down-Regulation: Die Ovulation im natürlichen monatlichen Zyklus der Frau wird durch die Gabe von GnRH-Agonisten beziehungsweise GnRH-Antagonisten verhindert. Sie können vor oder/und während der Stimulation verabreicht werden.
  2. Ovarielle Stimulation: In dieser Phase spritzt sich die Frau täglich über etwa ein bis zwei Wochen subkutan ein Follikelstimulierendes Hormon (FSH) (Gonadotropin). Dadurch reifen mehrere Eizellen gleichzeitig im Eierstock heran. Während der Stimulationsphase überprüft das Ärzteteam regelmäßig das Heranwachsen der Follikel mittels Ultraschall und bestimmt die Größe der heranreifenden Eibläschen. Bei Frauen mit einem Mangel an Luteinisierendem Hormon (LH) wird dieses Hormon zusätzlich gespritzt.
  3. Auslösen des Eisprungs: Abhängig von der Follikelgröße kann etwa ab dem neunten Zyklustag der Eisprung mit humanem Choriongonadotropin (hCG) ausgelöst werden. Nach 34 bis 36 Stunden entnimmt der Arzt in der Kinderwunschpraxis die Eizellen. Dafür werden mit Hilfe einer Hohlnadel an einer Ultraschallsonde durch die Scheidenwand mehrere reife Eizellen aus den Follikeln der Eierstöcke abgesaugt. Für diesen kleinen Eingriff bekommt die Frau meist eine kurze Narkose.
  4. Spermiengewinnung: Parallel werden die Spermien durch Masturbation gewonnen (bei der TESE-ICSI durch Biopsie) und aufbereitet. Eizellen und Spermienzellen (oder Spermatozoen) werden im Reagenzglas oder via ICSI vereint und in den Brutschrank gegeben. Am Folgetag erfolgt die Befruchtungskontrolle der Eizellen.
  5. Vorbereitung auf den Transfer: Um die Frau hormonell auf die Einnistung des Embryos vorzubereiten, bekommt sie ein Progesteronpräparat, entweder vaginal, subcutan oder oral.
  6. Embryonentransfer: Nach drei bis fünf Tagen findet in der Kinderwunschpraxis der sogenannte Embryonentransfer statt. Die Frau bekommt dann nach Absprache ein oder zwei Embryonen in die Gebärmutter übertragen. In ganz seltenen Fällen können auch drei Embryonen eingesetzt werden. Da das Risiko einer höhergradigen Mehrlingsschwangerschaft gegeben ist, dürfen in Deutschland nicht mehr als drei Embryonen eingesetzt werden. Jüngere Frauen bekommen meist nur einen Embryo übertragen. Überzählige befruchtete Eizellen können am ersten Tag nach der Follikelpunktion im Vorkernstadium (also vor der Vereinigung der Zellkerne; keine Embryonen!) in flüssigem Stickstoff eingefroren (kryokonserviert) und in einem späteren Kryozyklus transferiert werden. 
  7. Nach dem Transfer: Jetzt erhält die Frau bis zum Schwangerschaftstest, der frühestens zwei Wochen nach der Follikelpunktion durchgeführt wird, ein Gelbkörperhormon, meist Progesteron.
  8. Schwangerschaftstest: Über einen Bluttest prüft der Arzt anschließend, ob eine Schwangerschaft eingetreten ist. (Ein zu früh durchgeführter Schwangerschaftstest kann falsch positiv sein, da das hCG zur Ovulationsauslösung noch nachweisbar ist.)

Welche Medikamente werden eingesetzt? Die Arzneimittel für die Kinderwunschbehandlung beziehen die Patientinnen über die Apotheke. Fragen Sie bei der Abgabe der Medikamente sicherheitshalber noch einmal nach, ob die Kundin den Ablauf und die Applikation verstanden hat oder noch Fragen offen sind. Besprechen Sie gegebenenfalls noch einmal den Zeitpunkt und die Dosierung der Medikamente anhand des Stimulationsprotokolls. Machen Sie die Kundin auch auf Lagerungshinweise aufmerksam.

Für die Down-Regulation: Damit es während der Behandlung nicht zu einem vorzeitigen Eisprung kommt, wird die natürliche Ausschüttung mit der Verabreichung eines Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH)-Analogons oder -Antagonisten unterdrückt. GnRH veranlasst in der Hypophyse die Ausschüttung von LH und FSH (und dadurch der Sexualsteroide).

GnRH-Antagonisten hemmen direkt und kompetitiv die Ausschüttung von LH und FSH. Die Gabe eines Depot-Analogons hingegen führt durch die andauernde Stimulation zu einer Down-Regulation der hypophysären GnRH-Rezeptoren. Die natürliche LH- und FSH-Produktion sinkt dann innerhalb von zwei bis drei Wochen. Je nach Patientin wählt der Arzt die für sie geeignete Behandlung.

  • Langes Stimulationsprotokoll: Die Patientin bekommt etwa 7 bis 10 Tage vor der Stimulationsbehandlung einmalig ein Depotpräparat (Goserelinacetat, Leuprorelinacetat) subkutan injiziert oder tägliche Gaben bis zur Auslösung des Eisprungs eines GnRH-Analogons (subcutan oder nasal).
  • Kurzes Stimulationsprotokoll mit GnRH-Analoga: Die täglichen GnRH-Analogon-Injektionen beginnen mit der Stimulationsbehandlung und erfolgen bis zum Eisprung. Wirkstoffe: Triptorelinacetat (s.c.), Nafrarelinacetat (nasal). Diese Behandlung erfolgt meist bei älteren Frauen und Low-Respondern.
  • Antagonistenprotokoll (GnRH-Antagonisten): Dieses Protokoll wird heutzutage bei drei Viertel aller Stimulationsbehandlungen angewandt. Hierbei beginnt die tägliche Injektion des Antagonisten meist erst an Tag 5 bis 6 der Stimulationsbehandlung (Wirkung tritt sofort ein) und dauert bis zur Auslösung der Ovulation. Wirkstoffe: Cetrorelix (s.c), Ganirelixacetat (s.c.).
Bis das erste Ultraschallbild vorliegt, ist es oftmals ein steiniger Weg und bedeutet noch nicht, dass das Paar auch bald ein Baby im Arm wiegen kann, denn gerade bei älteren Schwangeren kommt es häufig zu Fehlgeburten.

Für die Stimulationsbehandlung: Um mehrere Follikel (10 – 15) gleichzeitig zur Reifung zu bringen werden bei IVF und ICSI das Follikelstimulierende Hormon (FSH) beziehungsweise Humanes (menschliches) Menopausen-Gonadotropin (hMG) eingesetzt. FSH wird inzwischen gentechnisch (rekombinant) hergestellt. Wirkstoffe sind Follitropin alfa, Follitropin beta, Follitropin delta. h

MG wird aus dem Urin postmenopausaler Frauen gewonnen und gereinigt. Es ist günstiger als gentechnisches FSH. Der Vorteil ist, dass geringe Mengen LH ebenfalls enthalten sind. Wirkstoff ist Menotropin. In besonderen Fällen wird luteinisierendes Hormon (LH) ergänzt, Wirkstoff ist Lutropin alfa.

Zur Auslösung der Ovulation: Diese wird durch die Injektion von humanem Choriongonadotropin (hCG, i.m) oder rekombiniertem hCG alfa (s.c) ausgelöst.

Tipps für die Injektion der Hormone Die Follikelstimulierenden Hormone spritzt sich die Frau in der Regel täglich selbst. Eine subkutane Applikation lässt sich am besten am Bauch, links oder rechts unter dem Bauchnabel oder am seitlichen Oberschenkel durchführen. Wichtig ist, dass man die Einstichstelle immer wechselt. Vor der Injektion sollen die Hände gewaschen und die Einstichstelle desinfiziert werden. Dann hebt man eine Falte an und spritzt im 90-Grad-Winkel ein, entfernt die Nadel und lässt anschließend die Hautfalte los.

Während der Lutealphase: Aus dem geplatzten Follikel entsteht nach dem Eisprung der Gelbkörper (Corpus luteum) im Eierstock und produziert Estradiol und Progesteron, das für die Vorbereitung der Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung des Embryos oder der Embryonen sorgt. Im IVF/IC-SI-Zyklus kann dies nach dem Eisprung durch eine weitere Injektion einer geringen Menge von hCG sowie durch perorale oder vaginale Gestagenpräparate unterstützt werden.

Ist der Schwangerschaftstest positiv, kann die Gestagengabe bei den meisten Frauen beendet werden, denn das körpereigene hCG übernimmt nun die Stimulation des Gelbkörpers und sorgt für eine ausreichende körpereigene Progesteronproduktion. Gelegentlich kann es notwendig sein, die exogene Gestagengabe (Progesteron oder Dydrogesteron) bis zur 8. oder 12. Schwangerschaftswoche fortzusetzen, zum Beispiel, wenn die Patientin in der Vorgeschichte mehrere Fehlgeburten hatte oder Blutungen in der Frühschwangerschaft auftreten.

Beratungstipp: Weisen Sie die Kundin ausdrücklich auf die vaginale Anwendung der Progesteron-Weichgelatinekapseln hin (Off-Label-Use). Die Wahrscheinlichkeit, mithilfe IVF oder ICSI schwanger zu werden, liegt in der Gruppe der 30-bis-34-Jährigen bei annähernd 40 Prozent, in der Altersgruppe 35 bis 39 im Mittel bei 33 Prozent. Bei 40-Jährigen liegt sie bei etwa 22 Prozent.

Leider kommt es in dieser Altersgruppe jedoch bei der Hälfte der Patientinnen zu einer Fehlgeburt, sodass die sogenannte Baby-Take-Home-Rate (also Anzahl der Lebendgeburten) nur bei 10 Prozent pro übertragenem Embryo liegt (alle Werte beziehen sich auf klinische Schwangerschaften pro Embryotransfer, Quelle: Deutsches IVF Register, Jahrbuch 2020)

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