Magen-Darm-Beschwerden
PTA-Fortbildung

Gut beraten zu Magen und Darm

Magen-Darm-Erkrankungen sind vielfältig, schließlich können im Gastrointestinaltrakt verschiedene Organe betroffen sein. In jedem Fall bedarf es einer kompetenten Beratung ­– ganz besonders, wenn jemand mit seinen Beschwerden nicht zum Arzt geht, sondern erst einmal in die Apotheke kommt.

18 Minuten

Nichts geht mehr

Die akute Obstipation ist in der Regel vorübergehend und kurzfristig zu behandeln. Ursachen können harmlos sein, wie eine Nahrungsumstellung im Urlaub, plötzliche Immobilität wegen einer Erkrankung oder in der Schwangerschaft. Sie sollten sie aber trotzdem nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Eine Verstopfung kann auch ein Alarmsymptom für ernsthafte Erkrankungen, zum Beispiel für Darmkrebses oder einen Darmverschluss, sein. Deshalb sollten Sie den Kunden bitten, unverzüglich den Arzt aufzusuchen, wenn die Obstipation akut auftritt oder von anderen Beschwerden wie

  • Fieber,
  • Schmerzen,
  • Erbrechen,
  • Übelkeit
  • oder gar Blut im Stuhl

begleitet wird. Auch Kinder und Schwangere, die unter starken Verdauungsproblemen leiden, sollten die Ursache vorsorglich ärztlich abklären lassen.

Chronisch verstopft

Typische Symptome einer Obstipation sind eine niedrige Stuhlfrequenz (weniger als drei Stuhlabsätze pro Woche) und ein harter steiniger Stuhl. Generell werden die akute und die chronische und bei letzterer die primäre und die sekundäre Obstipation unterschieden.

Die primäre oder auch idiopathische Obstipation lässt sich auf keine bekannte Ursache zurückführen. Pathologische Änderungen der Darmfunktion lassen sich medizinisch nicht feststellen. Formen der sekundären Obstipation sind die kologene (im Dickdarm entstehend) und die anorektale (After und Mastdarm betreffend) Obstipation. Bei einer kologenen Obstipation liegt häufig eine angeborene oder erworbene Schädigung der sensorischen und motorischen Nervenbahnen im Magen-Darmbereich vor.

Die betroffenen Menschen leiden häufig schon lange Jahre an Obstipation und haben eine verlangsamte Darmperistaltik und verlängerte Darmpassagezeit, weil das über sensible Nerven gesteuerte Reflexsystem nicht richtig funktioniert. Diese Art der Obstipation wird auch Slow-Transit-Obstipation genannt. Aufgrund der längeren Verweilzeit im Darmlumen wird der Fäzes stärker eingedickt und schließlich hart und fest.

Eine Transportstörung kann auch als

  • Folge einer ballaststoffarmen Ernährung,
  • aufgrund hormoneller Einflüsse,
  • eines gestörten Beckenbodensystem
  • oder als Nebenwirkung bestimmter Medikamente,
    - zum Beispiel Antidepressiva,
    - Opioide
    - und Eisen auftreten. 

Arzneistoffe, die eine Obstipation begünstigen

+ Opioide (z.B. Morphin, Codein)
+ Ionenaustauscher (z.B. Cholestyramin)
+ Antiepileptika (Gabapentin)
+ Trizyklische Antidepressiva (Amitriptylin, Imipramin)
+ Anticholinergika (z.B. Butylscopolamin)
+ Gestagene (z.B. Progesteron)
+ Neuroleptika (z.B. Haloperidol)
+ Calciumantagonisten (z.B. Verapamil)
+ Diuretika (z.B. Thiazide)
+ Eisen-, Calcium-, Aluminium-Salze
+ Parkinsonmittel (z.B. MAO-Hemmer, Levodopa, Bromocriptin)

Chronische Erkrankungen, die mit Nervenstörungen einhergehen, zum Beispiel Morbus Parkinson, Diabetes oder Multiple Sklerose können ebenfalls die Funktionen im Darmtrakt beeinträchtigen. Auch psychischer Stress ist ein Risikofaktor, der den Stuhl-Transport im Darm beeinflussen kann. Bei der anorektalen Obstipation steht die Störung des Defäkations- also Entleerungsmechanismus im Vordergrund. Erkrankungen im Analbereich wie

  • Fissuren,
  • Hämorrhoiden oder
  • Analstenosen

begünstigen diese Art der Obstipation, weil Schmerzen bei der Stuhlentleerung zu Verkrampfungen des Schließmuskels führen.

Medikamentös können die Veränderungen im Enddarmbereich nur begrenzt behandelt werden. Die aktuelle Leitlinie der Behandlung des Hämorrhoidalleidens sieht keine Evidenz für lokal anzuwendende medikamentöse Arzneimittel, die verschorfend oder lokalanästhetisch wirken. Sie lindern lediglich symptomatisch Brennen und Jucken im Analbereich. Viel wichtiger ist, dass in der Leitlinie auf die Verwendung von Laxanzien hingewiesen wird, um einen gut geformten, weichen Stuhl zu erreichen.

Beratungsfragen bei Obstipation

Fragen Sie Ihre Kunden,
+ wie lange die Obstipationsbeschwerden schon vorliegen,
+ wie häufig die Stuhlabgabe erfolgt,
+ ob der Stuhl eher hart ist und
+ ob es bekannte Ursachen dafür gibt, zum Beispiel Medikamente oder Vorerkrankungen.

Dann erfolgt die Entscheidung, ob Sie bereits in der Apotheke ein geeignetes Abführmittel empfehlen oder ob die Abklärung durch den Arzt bei chronischen oder akut bedenklichen Beschwerden erfolgen sollte.

Die Steigerung der Flüssigkeitszufuhr über die normalen 1,5 bis 2 Liter hinaus hat Studien zufolge keinen therapeutischen Effekt.

Mild und gut verträglich für Kinder, Senioren und Schwangere sind Ballaststoffe und Osmolaxanzien wie zum Beispiel Macrogole und Lactulose. Sie wirken osmotisch beziehungsweise binden durch ihre Hydrophilie Wasser, das dadurch im Darm verbleibt. Dadurch nimmt das Stuhlvolumen zu und der Defäkationsreiz im Enddarmbereich wird ausgelöst. Der Wirkungseintritt von Lactulose und Macrogolen erfolgt etwa nach ein bis zwei Tagen.

Macrogole werden praktisch nicht resorbiert und metabolisiert und somit unverändert ausgeschieden. Bei Patienten mit Polymedikation eignen sie sich gut zur Stuhlregulation, weil sie keine Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen eingehen. Auch wenn eine dauerhafte Einnahme nötig ist, zum Beispiel bei einer Obstipation unter Opioiden, sind Macrogole sicher und gut verträglich.

Die laxierende Wirkung von Natriumpicosulfat und Bisacodyl erfolgt über Stimulierung der Dickdarmmuskulatur und durch Hemmung der Wasserresorption aus dem Darm. Der abführende Effekt tritt etwa sechs bis acht Stunden nach Anwendung ein. Deshalb ist abends der optimale Einnahmezeitpunkt, um am nächsten Morgen Stuhlgang zu haben. Bisacodyl-Zäpfchen wirken schon nach etwa 30 bis 60 Minuten und sind für die akute Behandlung geeignet.

Da Natriumpicosulfat im Dünndarm nicht resorbiert wird, kann es auch als Lösung, in Tropfenform, angewendet werden. Diese Darreichungsform hat den Vorteil, dass sehr individuell und fein dosiert werden kann.

Pflanzliche Laxanzien enthalten Anthrachinone und wirken ebenfalls hydragog. Ist die Entleerung des Enddarms gestört, können Glycerol oder Sorbitol helfen, den Defäkationsreiz auszulösen. Sie stehen in Form von Mini-Klistieren oder Zäpfchen zur Verfügung. Sie lösen den Defäkationsreiz aus, ziehen aber auch Wasser in das Darmlumen und erweichen so den Stuhl. Der Vorteil ist die rasche Wirkung nach spätestens 30 bis 60 Minuten.

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