Magen-Darm-Beschwerden
PTA-Fortbildung

Gut beraten zu Magen und Darm

Magen-Darm-Erkrankungen sind vielfältig, schließlich können im Gastrointestinaltrakt verschiedene Organe betroffen sein. In jedem Fall bedarf es einer kompetenten Beratung ­– ganz besonders, wenn jemand mit seinen Beschwerden nicht zum Arzt geht, sondern erst einmal in die Apotheke kommt.

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Zu viel Säure

Viele Menschen kennen das Brennen in der Speiseröhre – Sodbrennen oder saures Aufstoßen, häufig im nüchternen Zustand oder nach einer Mahlzeit, im Liegen oder beim Bücken. Begleitet werden die Schmerzen oftmals von einem Völlegefühl, teilweise auch mit Heiserkeit oder Reizhusten.

Für das klassische Symptombild gibt es viele Ursachen, zum Beispiel

  • eine fett- und säurereiche Ernährung,
  • Stress,
  • eine Schwangerschaft,
  • aber auch anatomische Anomalien wie die Magenpförtnerenge, Speiseröhrenkrämpfe oder ein Zwerchfellbruch.

Etwa die Hälfte der Betroffenen behandeln Sodbrennen selbst, ohne einen Arzt zu konsultieren. Daher tragen PTA und Apotheker bei der Beratung eine besondere Verantwortung, die Grenzen der Selbstmedikation zu überprüfen.

Wann zum Arzt?

Bei sporadischen Beschwerden nach einer fettreichen Mahlzeit, ohne eine manifeste Grunderkrankung können Sie Antazida oder Protonenpumpenhemmer für eine begrenzte Zeit von maximal 14 Tagen in der Selbstmedikation abgeben. Bei häufigen Beschwerden, starken Schmerzen, Blut im Stuhl, Krämpfen, Gewichtsabnahme, Ulcera in der Vergangenheit, im Kindesalter oder in der Schwangerschaft sollte zur Abklärung ein Arzt aufgesucht werden.

Menschen, die unter häufigen und intensiven säurebedingten Beschwerden leiden, können zum Beispiel eine gastrointestinale Refluxkrankheit (GERD) haben. Hier ist der Auslöser häufig ein gestörter Verschlussmechanismus des unteren Ösophagussphinkters, der zwischen Speiseröhre und Magen liegt.

Wie wirken Medikamente gegen Sodbrennen?

Therapeutisch greifen die medikamentösen Maßnahmen an zwei Stellen an.

  • Antazida neutralisieren überschüssige Magensäure
  • und Protonenpumpenhemmer vermindern die Säureproduktion.

Antazida

Bei gelegentlichen säurebedingten Beschwerden eignen sich Antazida besonders. Sie bestehen aus Magnesium- und Aluminiumhydroxid, Calciumcarbonat oder den Schichtgitterverbindungen Magaldrat beziehungsweise Hydrotalcit. Nach Einnahme als Pulver, Granulat, Kautablette oder Gel wirken sie sehr rasch und spürbar.

Während das langbekannte Calciumcarbonat zwar schnell, aber nur etwa zwei Stunden lang wirkt, da es zu einem Säure-Rebound führt, haben die Schichtgitterantazida eine Wirkdauer von etwa vier bis sechs Stunden. Außerdem kommt es unter Calciumcarbonat häufig zu Blähungen und Aufstoßen. Ein wichtiger Beratungshinweis bei der Abgabe ist, einen ausreichenden Abstand zu anderen Arzneimitteln einzuhalten.

Reaktionen, bei denen Komplexe gebildet werden, sodass weniger Wirkstoff resorbiert werden kann, sind bei gleichzeitiger Einnahme von

  • Bisphosphonaten,
  • Schilddrüsenhormonen,
  • Tetrazyklinen
  • oder Gyrasehemmern möglich.

Zu empfehlen ist, Kautabletten vor dem Schlucken zu einem Brei zu zerkauen. Gele können zur Verbesserung des Geschmacks im Kühlschrank aufbewahrt und vor der Einnahme im Tütchen etwas geknetet werden.

Alginate haben ein anderes Wirkprinzip. Sie bilden mit dem Mageninhalt ein hochvisköses Gel, das sich wie ein Deckel auf den Magenbrei legt und den Rückfluss in die Speiseröhre verhindert. Es gibt Produkte, die eine Kombination aus Alginat, Natriumhydrogencarbonat und Calciumcarbonat enthalten. Säureneutralisation und Gelbildung sind hier die beiden Prinzipien.

Antazida und Alginate können in der gesamten Schwangerschaft eingenommen werden. Allerdings sollte eine erste Abklärung der Beschwerden durch einen Arzt vorgenommen werden.

Protonenpumpenhemmer

Protonenpumpenhemmer (PPI) blockieren irreversibel die Protonenpumpe (H+/K+-ATPase), die in den Belegzellen des Magens sitzt. Omeprazol, Pantoprazol und Esomeprazol sind Vertreter dieser Wirkstoffgruppe.

Als Prodrugs werden sie erst nach der Resorption aus dem Dünndarm in die Wirkform umgewandelt. Sie sind als magensaftresistente Tabletten oder Kapseln verfügbar und sollten vorzugsweise etwa 30 Minuten vor der Mahlzeit eingenommen werden, damit die rasche Magenpassage und die anschließende Resorption im Dünndarm gewährleistet sind. Um den Überzug nicht zu zerstören, sollten Tabletten und Kapseln nicht geteilt, gemörsert oder gelutscht werden.

Kunden sollten wissen, dass die Wirkung nicht sofort spürbar ist, sondern erst nach zwei bis drei Tagen regelmäßiger Einnahme eintritt. Erklären Sie Ihrem Kunden, dass PPI ein anderes Wirkprinzip als Antazida haben und deshalb nicht akut gegen Sodbrennen nach einem fetten Essen wirken.

Pantoprazol oder Omeprazol in Dosierungen von 40 Milligramm erhöhen den pH-Wert im Magen so, dass sie damit die Resorption einiger Medikamente, wie zum Beispiel Azol-Antimykotika, vermindern. Ist die gemeinsame Gabe auf jeden Fall indiziert, dann kann das jeweilige andere Arzneimittel mit Cola oder einer vergleichbar säurehaltigen Flüssigkeit eingenommen werden.

Außerdem sind die Personen, die regelmäßig hochdosiert PPI einnehmen, anfälliger für virale oder bakterielle Infektionen des Magen-Darm-Traktes. Aufgrund des höheren pH-Wertes werden mit der Nahrung aufgenommene Erreger schwerer abgetötet. In der Selbstmedikation können Kunden Tagesdosierungen von 20 Milligramm über maximal 14 Tage ohne ärztliche Rücksprache anwenden. 

Protonenpumpenhemmer werden in Kombination mit Antibiotika auch zur Eradikationstherapie von Helicobacter pylori eingesetzt.

Bei Patienten mit Polymedikation ist sehr häufig ein PPI in der Therapie zu finden. Hier ist aber auch zu hinterfragen, ob die Indikation dafür immer noch besteht. Zum Teil werden PPI als Begleitmedikation zu nichtsteroidalen Antirheumatika verordnet und später nicht wieder abgesetzt, obwohl die Indikation nicht mehr besteht.

Tipps für die Beratung bei Sodbrennen

• Essen Sie kleine leichte Mahlzeiten, vermeiden Sie fettreiche und stark gewürzte Nahrungsmittel.
• Verteilen Sie die Mahlzeiten über den Tag und nehmen Sie sich Zeit zum Essen.
• Nehmen Sie die letzte Mahlzeit am Abend spätestens zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen ein.
• Schränken Sie den Alkoholkonsum ein und hören Sie auf zu rauchen.
• Schlafen Sie mit erhöhtem Kopfteil.
• Meiden Sie einschnürende und einengende Kleidung.
• Reduzieren Sie Stress und psychische Belastung.
• Achten Sie auf ein normales Körpergewicht.

Übelkeit und Erbrechen

Über das Brechzentrum im Gehirn wird zentral das Gefühl von Übelkeit und Brechreiz gesteuert. Es bekommt Signale vom Gastrointestinaltrakt, vom limbischen System oder dem Vestibularapparat. Stress, Ekel, die hormonelle Umstellung in der Schwangerschaft, ungewohnte Bewegungen, zum Beispiel auf einem schwankenden Schiff, oder emetogene Medikamente sind Trigger für Übelkeit. Diese ist meistens ein Vorbote des Brechreflexes.

Physiologisch betrachtet ist der Brechreiz ein Schutzmechanismus des Körpers, um schädigende Substanzen aus dem Gastrointestinaltrakt wieder zu entfernen. Deshalb führen zum Beispiel Infekte des Verdauungstraktes, Vergiftungen oder der Verzehr von verdorbenen Nahrungsmitteln ebenfalls zu Übelkeit und Erbrechen.

Wann zum Arzt?

In der Mehrzahl der Situationen sind die Beschwerden durchaus ein Fall für die Selbstmedikation. Dabei ist es jedoch wichtig, in der Apotheke Grunderkrankungen oder Medikamente als Auslöser auszuschließen. Droht ein massiver Flüssigkeitsverlust, sind alte Menschen, Säuglinge oder Kleinkinder davon betroffen oder treten begleitend Fieber und kolikartige Schmerzen auf, dann sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Mittel gegen Übelkeit

Gegen die Übelkeit können H1-Antihistaminika der ersten Generation, zum Beispiel Doxylamin oder Diphenhydramin, eingesetzt werden. Sie stehen in verschiedenen Darreichungsformen zur Verfügung: als Zäpfchen, Sirup, Dragees, Kapseln oder Kaugummis. Da sie auch müde machen, müssen Sie Ihre Kunden auf die Einschränkung der Reaktionsfähigkeit und Fahrfähigkeit hinweisen, insbesondere, wenn sie zur Vorbeugung von Reiseübelkeit eingenommen werden. Ein guter Tipp ist es, die Einnahme präventiv etwa eine halbe Stunde vor dem Start der Reise mit dem Auto oder Schiff vorzunehmen. Außerdem kann Alkohol die zentralen Wirkungen verstärken.

Wenn Kinder Antihistaminika der ersten Generation erhalten, sollten die Dosierungen genau nach Körpergewicht eingehalten werden, weil insbesondere im Alter zwischen einem und drei Jahren Überdosierungen lebensbedrohlich sein können.

Vitamin B6 oder Ingwerextrakte können ebenfalls leichte Übelkeitsbeschwerden mildern. Als Prophylaxe gegen Reiseübelkeit können diese Präparate wie auch die Antihistaminika gleichermaßen empfohlen werden. Metoclopramid ist als Prokinetikum stärker wirksam, muss aber vom Arzt verordnet werden.

Es steht in Tabletten- oder Tropfenform zur Verfügung. Zu beachten sind die extrapyramidalen Störungen, die als Nebenwirkungen auftreten können. Bei Parkinsonpatienten ist MCP kontraindiziert, da es Dopamin-antagonistisch wirkt und damit die Parkinsonsymptome verstärken kann. In der antiemetischen Therapie im Rahmen einer Krebsbehandlung kommen außerdem Domperidon oder Ondansetron zum Einsatz. Gegen Schwangerschaftsübelkeit und -erbrechen ist die Kombination von Doxylamin und Vitamin B6 über Verordnung des Arztes Mittel der ersten Wahl. Die maximale Tagesdosis beträgt vier mal zehn Milligramm. Gegen leichte Beschwerden können Ingwerextrakte oder Vitamin B6 eingesetzt werden.

Die größte Gefahr für die Gesundheit ist bei Erbrechen ein Elektrolyt- und Wassermangel. Deshalb liegt die Therapie der Wahl wie auch bei der Diarrhö in der Gabe von Elektrolytlösungen, die mehrmals am Tag getrunken werden. Fertigarzneimittel zur oralen Rehydratisierung enthalten definierte Mengen an Natrium-, Kalium-, Chlorid- und Citrationen kombiniert mit Glucose. Außerdem sollte Schonkost und zusätzliches Trinken von Tees oder Wasser empfohlen werden. Bei nachgewiesenen bakteriellen Infektionen werden auch Antibiotika verordnet.

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