Durch eine ungesunde Ernährung entstehen enorme Folgen für die Gesundheit, geben die Wissenschaftler nach detaillierter Analyse ihrer Ergebnisse zu bedenken. © nitr / 123rf.com

Immunsystem

ZU VIELE BURGER, POMMES UND CO. MACHEN DAS IMMUNSYSTEM AGGRESSIV

Man isst es eigentlich manchmal ganz gerne: Fastfood. Klar weiß man, dass ein Burger deutlich mehr Kalorien hat als vielleicht ein Salat. Lecker ist er aber trotzdem. Eine neue Studie der Universität Bonn zeigt nun, dass das Immunsystem auf eine fett- und kalorienreiche Kost ähnliche Reaktionen zeigt wie bei einer bakteriellen Entzündung. Und die macht das Immunsystem aggressiver.

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Bekommt man aufgrund von ungesundem Essen gesundheitliche Probleme und entschließt sich dazu, seine Ernährung auf gesunde Kost umzustellen, ist dies leider kein Garant dafür, dass nicht dennoch Probleme auftreten. Selbst, wenn bereits einige Zeit nach der Umstellung auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung ins Land gegangen ist, kommt es schneller zu Entzündungen. Diese wiederum haben einen großen Anteil an der Entstehung von Arteriosklerose und Diabetes.

Die Forscher der Universität Bonn präferierten in ihrem Mäusemodell die sogenannte westliche Diät. Darunter versteht man viel Zucker, viel Fett und wenig Ballaststoffe. Aufgrund dieser ungesunden Lebensweise entwickelten die Mäuse eine enorme körperliche Entzündung, ähnlich wie nach einer Infektion durch gefährliche Bakterien. Anette Christ, Postdoktorandin am Institut für Angeborene Immunität der Universität Bonn weist darauf hin, dass diese ungesunde Ernährungsweise zu einem nicht vorher einkalkulierten Anstieg einiger Immunzellen im Blut geführt hat. Zudem war es ein Hinweis auf eine Beteiligung von den Vorläuferzellen im Knochenmark im Entzündungsprozess. Um genau diese Veränderungen besser deuten zu können, haben sich die Wissenschaftler dafür entschieden, die Vorläuferzellen von Immunzellen aus dem Knochenmark von Mäusen, die die westliche Diät bekamen und die ein normales Futter bekamen, zu isolieren und zu untersuchen.

Prof. Dr. Joachim Schultze vom Life & Medical Sciences Institute (LIMES) der Universität Bonn und vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) erklärt, dass die Untersuchungen gezeigt haben, dass aufgrund der westlichen Diät eine Vielzahl von Genen, unter anderem die Erbanlagen, die für die Vermehrung und Reifung verantwortlich sind, aktiviert wurden. Daraus lässt sich für die Forscher schlussfolgern, dass das Essen von Fastfood dazu führt, dass der Körper eine enorme schlagkräftige Kampftruppe mobilisiert.

Alarmierend ist zudem, dass nachdem die Mäuse auf normale Kost umgestellt wurde, zwar die Entzündung verschwand, nicht aber die genetische Reprogrammierung der Immunzellen.

Immunsystem verfügt über Gedächtnis „Wir wissen erst seit kurzem, dass das angeborene Immunsystem über ein Gedächtnis verfügt“, erklärt Prof. Dr. Eicke Latz, Leiter des Instituts für angeborene Immunität der Universität Bonn und Wissenschaftler am DZNE. „Nach einer Infektion bleibt die Körperabwehr in einer Art Alarmzustand, um dann schneller auf einen neuen Angriff reagieren zu können“. Das sogenannte innate immune training, wie Experten diesen Prozess bezeichnen, wird demnach nicht durch ein Bakterium, sondern durch ungesunde Ernährung ausgelöst.

Bei der Untersuchung der Blutzellen von 120 Probanden wurde herausgefunden, dass offensichtlich eine Art „Fastfood-Sensor“ in den Immunzellen verantwortlich ist. Forscher fanden im Blut der Testpersonen Sensoren des angeborenen Immunsystems, sogenannte Inflammasome. In der Folge setzen die Zellen hoch entzündliche Botenstoffe frei. Zudem sind auch epigenetische Veränderungen am Erbgut feststellbar, bedeutet: Teile der DNA werden dadurch aktiviert oder deaktiviert. „Das Immunsystem reagiert in der Folge schon auf kleine Reize mit stärkeren Entzündungsantworten“, so Prof. Latz.

Durch eine ungesunde Ernährung entstehen enorme Folgen für die Gesundheit, geben die Wissenschaftler nach detaillierter Analyse ihrer Ergebnisse zu bedenken. Gefäßerkrankungen sowie Diabetes Typ-2 können in ihrer Entstehung rapide beschleunigt werden. So trägt die Entzündungsreaktion bei Arteriosklerose beispielsweise direkt zum Wachstum der typischen Gefäßablagerungen bei, da andauernd neue aktivierte Immunzellen in die veränderten Gefäßwände einwandern. Die Gefäßablagerungen, die Plaques, die hauptsächlich aus Lipiden und Immunzellen bestehen, platzen, wenn sie eine gewisse Größe erreicht haben. Dadurch besteht die große Gefahr, dass andere Gefäße verstopft werden und so Schlaganfälle und Herzinfarkte ausgelöst werden.

Schaut man sich die durchschnittliche Lebenserwartung in den westlichen Ländern an, die bekanntlich immer weiter gestiegen ist, muss man aufgrund dieser Erkenntnisse eine neue Schlussfolgerung ziehen: Menschen, die heute geboren werden, werden voraussichtlich ihre Eltern aufgrund von falscher Ernährung und Bewegungsmangel nicht überleben.

Für Prof. Latz haben diese neuen Erkenntnisse eine überdurchschnittliche gesellschaftliche Relevanz. Kinder sollten bereits frühzeitig, also bereits in der Schule über gesunde Ernährung informiert und über die Folgen aufgeklärt werden. Dadurch ist jeder Mensch, egal welchen Alters, selbst in der Lage, eine bewusste Entscheidung für die eigene Gesundheit zu treffen.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: www.wissenschaft.de
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