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Kolumne | PTA in Zeiten von Corona

WOCHE 9

Wir schauen uns an und atmen durch. Der große Corona-Run ist vorbei. Vielleicht, ganz vielleicht, kommen jetzt wieder halbwegs normale Zeiten.

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Langweilig ist es ja nie in einer Apotheke, aber die letzten Wochen waren wirklich außergewöhnlich. Vor zwei Monaten startete diese Kolumne und was haben wir in der Offizin nicht alles erlebt. Anfangs – es gab noch keine Maskenpflicht – tauchten vorzugsweise chronisch Kranke mit eng beschriebenen Rezepten auf: Bevor es „nichts mehr gibt, weil ja alles aus Asien kommt“ wurden noch mal schnell zwei 180-er Packungen Metformin, zwei Dreier-Gebinde Salbutamol oder zehn Packungen Paracetamol besorgt. Letzteres haben wir natürlich nur begrenzt ausgehändigt. In heller Panik kauften die Leute nicht nur Klopapier in rauen Mengen, sondern bunkerten auch Medikamente. Wenn es sein musste, gingen sie dafür auch mehrmals hintereinander zum Arzt. Bis die Hausärzte dem einen Riegel vorschoben und die Tabletten nach Tagen abzählten. Und die Bundesregierung die Kontingentierung bestimmter Arzneimittel veranlasste.

Immerhin fanden uns jetzt alle nett und dankten uns. Sogar der Gesundheitsminister. Wir bekamen Erleichterungen in der Rezeptbelieferung quasi hinterhergeworfen – von diesen paradiesischen Zuständen werde ich noch meinen Enkeln erzählen (sofern sie einmal auf medizinischem Gebiet tätig werden, man weiß ja nie)! War der Rabattvertragspartner gerade nicht in der Schublade, durften wir relativ freihändig ein baugleiches Präparat aushändigen – Hauptsache der Kunde musste nicht ein zweites Mal kommen. Im Labor kippten wir Ethanol und Wasser zusammen und durften das als Desinfektionsmittel verkaufen, was vorher streng verboten war. Und eine Serviceleistung wurde endlich extra honoriert: der Botendienst. Der bekam eine Sonder-PZN und darf jetzt übergangsweise mit aufs Rezept gedruckt werden. Es hat mich übrigens immer schon gewundert, dass dies vorher nie sein durfte, denn ein Apothekeninhaber muss ja immerhin ein Auto in der Garage haben und das entsprechende Personal beschäftigen. Das war vorher, finanziell gesehen, sein Privatvergnügen und lief unter Betriebskosten.

Die Schulen wurden geschlossen, sehr viele Geschäfte ebenfalls und wir hätten auch gerne mal ein bisschen Corona-frei gehabt. Stattdessen mussten wir noch mehr arbeiten, genau wie die SupermarktkassiererInnen, die Pflegedienste und Krankenhausmitarbeiter. An manchen Tagen hätte ich mich gern im Aufenthaltsraum eingeschlossen und den Schlüssel aus dem Fenster geworfen: Ich konnte nicht mehr. Der Lockdown ging so lange, bis mein Lieblings-Stoffgeschäft beinahe pleite war. Mein Lieblings-Chinese durfte immerhin noch Chop Suey zum Mitnehmen verkaufen, aber er bleibt weiterhin für Publikum geschlossen. Die Auflagen, sie sind einfach zu streng.

Und dann die Maskenpflicht. Zuerst der große Aufschrei: Die so genannten Experten, weil sie sagten „Das bringt ja doch nix“; die Leute, weil sie sich nichts vors Gesicht binden wollten. Doch plötzlich war sie da: die behördliche Vorgabe, in den Öffis, Supermärkten und Geschäften einen solchen Mund-Nasenschutz zu tragen. Und die Experten meinten jetzt, dass es womöglich doch gegen die Ausbreitung des Virus helfen würde, allerdings nur, wenn beide Seiten eine trügen. War das nicht schon vorher klar gewesen?

Deutschland ist, Stand jetzt, wirklich glimpflich davongekommen. Da wir ja gemeinhin ganz gern nörgeln, tun wir uns nur schwer damit, anzuerkennen, dass unsere rigiden Maßnahmen Erfolg hatten – Glück war vielleicht auch im Spiel. Man hätte dies noch tun können und jenes, man hätte nicht so streng sein dürfen – oder noch strenger? Wir in der Apotheke wischen uns den Schweiß von der Stirn. Wir haben getan, was wir konnten und sind Experten auf dem Gebiet von Masken-Material, deren Verwendungszweck und Haltbarkeit, Klassifizierung, Waschbarkeit und Desinfektion derselben geworden. Ich kann mich nicht erinnern, dass so ein Mund-Nasenschutz in der Ausbildung durchgenommen wurde, beispielsweise im Fach Medizinproduktekunde. Aber das wird jetzt bestimmt geändert – Testkäufe zur Beratung gab es ja bereits. Apropos Ausbildung: Vergangene Woche kam die frohe Botschaft, dass im Bundesland Hessen ab August die Schulgebühren für angehende PTA abgeschafft werden. Ich wünsche mir natürlich, dass alle anderen möglichst bald nachziehen.

Unsere Autorin Alexandra Regner, PTA und Journalistin, berichtete in dieser Kolumne aus ihrem Apothekenalltag. „PTA in Zeiten von Corona“ erschien insgesamt neunmal - einmal wöchentlich -online auf www.diepta.de. Alle Ausgaben Ihrer Kolumne finden Sie hier oder in unserem News-Archiv. 

Die letzten zwei Monate haben unser Team, meine Kollegen und mich, zusammengeschweißt. Das war wirklich schön. Die ganz große Anspannung ist nun vorbei, das Team wird nun ausgedünnt und ich selber werde nun nur noch als Springer arbeiten. Deshalb verabschiede ich mich an dieser Stelle. „PTA in Zeiten von Corona“ werde ich trotzdem bleiben und wenn immer etwas Außergewöhnliches passiert, melde ich mich gern wieder. Tschüss, liebe Kolleginnen und Kollegen, ihr seid so fleißig! Bleibt gesund!

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

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