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Kolumne | PTA in Zeiten von Corona

WOCHE 4

Ach, ist das eine Wonne. Diese Flexibilität, mit der Medikamente abgegeben werden dürfen. Eine kleine Stimme flüstert in meinem Hirn: Der Rabattvertrag, der kann mich mal.

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02567024 ist zurzeit meine Lieblingszahl – Hauptsache, der Kunde bekommt ein Medikament mit gleichem Wirkstoff usw. Ziel: Möglichst jeder soll mit dem verordneten Präparat die Apotheke verlassen können, um Botendienst oder Abholer-Quittung zu vermeiden. Ein handschriftliches „Covid“ besiegelt die kreative Auslegung des Dokumentes. Ich stelle mir vor, wie die Krankenkassenmitarbeiter bei ihrer Pensionierungsfeier erzählen werden: „Damals in Corona-Zeiten, das war grauenvoll – wir durften nicht retaxieren!!“

Alle haben sich gewöhnt, alle haben sich eingerichtet, am Tag vor Karfreitag kommen vor allem ältere Leute, die noch schnell ihr Rezept beim Arzt geholt haben. Die Doktores haben bei uns im Ort heute extra länger auf. Wir bestellen beim Großhändler, was wir kriegen können, auch auf Vorrat, man weiß ja nie, was demnächst ausgeht. Fieberthermometer sind nicht mehr zu kriegen. Paracetamol tröpfelt nur noch… Einfache Masken sind tatsächlich angekommen und werden von uns kontingentiert zum Supersonderpreis abgegeben.

Unsere Autorin Alexandra Regner, PTA und Journalistin, berichtet in dieser Kolumne aus ihrem Apothekenalltag. „PTA in Zeiten von Corona“ erscheint einmal wöchentlich online auf www.diepta.de. Ihre letzte Kolumne finden Sie hier.

Doch auch diesen Gründonnerstag gab es sowohl Yin als auch Yang: Der eine Kunde, der zwei Nasenspray mit Panthenol kaufte und wegen des höheren Preises sagte: „Nehmt ihr Corona-Aufschlag oder was?“ Der andere, ein älterer Herr, der sehr höflich fragte, ob wir ihm die Bedienung seines neuen Inhalators mal erklären könnten… er käme einfach nicht damit zurecht. Die Apothekerin lässt ihn am Beratungstisch Platz nehmen, kniet sich mit etwas Abstand neben seinen Stuhl, damit sie auf Augenhöhe ist, und fängt ganz von vorn an. Der Mann hat dabei eine FFP2-Maske an, denn er ist Asthmatiker, die Apothekerin trägt einen Mund-Nasen-Schutz. Auspacken, Beipackzettel auffalten, Kunststoffteil in die Hand nehmen lassen, aufklappen, Funktionsweise erklären… also ehrlich, das ist wirklich ein bisschen viel für einen alten Menschen. Und dann auch noch die kleine Kapsel in die Öffnung fummeln. Den roten Knopf drücken, gleichzeitig den Wirkstoff in die Lunge ziehen. „Gut haben Sie das gemacht!“ lobt sie und der Kunde schaut sie an, als habe sie ihm gerade das Bundesverdienstkreuz verliehen. Bin total gerührt, als ich das sehe, und weiß auf einmal wieder, warum ich mich für diesen Beruf entschieden habe.

Mal sehen, wie es weitergeht mit Corona; welche Entwicklung die Fallzahlen nehmen, was bald wieder erlaubt sein wird, was Einschränkungen unterworfen und was verboten bleibt. Mir fällt ein Artikel ein, den ich kürzlich in einer Zeitung gelesen habe. Überschrift: „Ich möchte eigentlich gar nicht den Alltag, den wir vorher hatten“.

Dem könnte ich glatt zustimmen.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

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