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Kolumne | PTA in Zeiten von Corona

WOCHE 2

Plexiglaswände bis zur Decke. Mundschutz und Handschuhe. Nur noch zwei Kunden auf einmal in der Apotheke. Die Chefin tut alles, um uns zu schützen – und natürlich auch die Besucher.

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Da nur noch zwei Kassen geöffnet sind, gibt es keine Pause mehr vorn am HV-Tisch. Sogar ein dringendes Bedürfnis wird zum Problem. Denn kaum ist der eine Kunde weg, schließt auch schon der nächste auf.
Trotzdem sind die Leute irgendwie ruhiger geworden. Ich habe den Eindruck, die Lage hat sich auch deshalb entspannt, weil sich die Menschen langsam an Corona gewöhnt haben. Sie halten ganz selbstverständlich Abstand und zücken fast schon routiniert ihre Eurocard, um kontaktlos zu bezahlen. Hamsterkäufe gibt es auch nicht mehr; in der Vorwoche gab es ja einen Run auf Paracetamol. Wir haben mittlerweile auch genug selbst hergestelltes Händedesinfektionsmittel vorn stehen. Was uns aber jetzt ausgeht, sind die Fieberthermometer.

Wir sind nun in zwei Teams aufgeteilt, deren Mitglieder keinen physischen Kontakt zu den anderen haben: Wenn einer von uns erkrankt, kann das andere Team weiterarbeiten. Eine Mannschaft ist jeweils den ganzen Tag in der Apotheke. Und dabei haben die, die vorn stehen genauso viel zu tun wie die Kolleginnen und Kollegen im Backoffice: Altenheime, Botenlieferungen, telefonische Bestellungen aufnehmen, Lieferungen auspacken, verbuchen. Desinfizieren.

Unsere Autorin Alexandra Regner, PTA und Journalistin, berichtet in dieser Kolumne aus ihrem Apothekenalltag. „PTA in Zeiten von Corona“ erscheint einmal wöchentlich online auf www.diepta.de. Ihre letzte Kolumne finden Sie hier.

Das Thema der Woche ist eindeutig die Maske. Unser Vorrat schwindet zusehends. Professor Alexander Kekulé, Viruloge, sagt im Fernsehen sinngemäß, wenn bei einem Kontakt beide eine einfache Maske trügen und dabei Abstand hielten, sei die Gefahr einer Ansteckung ziemlich gering. Professor Christian Drosten, Charité, findet die Idee auch gar nicht mehr so schlecht. Die koreanische Ehefrau des Ex-Kanzlers Gerhard Schröder geht überhaupt nur noch mit Maske raus; in ihrer Heimat sei das ganz normal, erzählt sie.
Und dann sehe ich in der Apotheke erstmals eine Frau mit selbstgenähter Stoffmaske. Sieht hübsch aus. Ich frage sie und sie erzählt begeistert. Da schaltet sich die Kundin von der anderen Kasse ein: „Meine Mutter hat eine Maßschneiderei. Die näht nur noch Masken im Auftrag, von morgens bis abends!“

Wir Kolleginnen beratschlagen uns. Schauen uns was im Internet an. Ganz schön teuer, die trigema-Masken.
Dann kommt ein Kunde, spendierfreudig, will uns etwas Gutes tun. Er rundet auf und sagt zu mir: „Der Rest ist für Ihre Enkel!“ Ich grinse unter dem grünen Papierschutz und entgegne: „Ich habe leider keine.“ Er versucht, aus der Situation rauszukommen und sagt: „Ach wissen Sie, so eine Maske macht einfach älter.“

Ich muss so sehr lachen, dass ich mich im Backoffice verstecke. Helfe ich halt, die Kisten auszupacken. Dabei reift bei einigen von uns der Entschluss, dass wir uns am Wochenende an die Nähmaschine setzen. Nach Dienstschluss besorge ich im nahe gelegenen Supermarkt zwei Packungen Baby-Gummilitze – bevor es die auch nicht mehr gibt, ich ahne Schlimmes – und schaue am Abend zu Hause noch lange YouTube-Tutorials zum Thema an.

Am Samstag kommt meine Tochter zu Besuch. Sie bringt statt Blumen eine Familienpackung Toilettenpapier mit – soweit ist es schon gekommen – und steht mir als Modell zur Verfügung. Ich finde das Ergebnis gar nicht so schlecht, und die kochfeste Rosenbettwäsche aus dem Supersonderangebot gelangt endlich mal zur Geltung. Wenn ich mir das 2x2-Meter-Stoffstück so anschaue, könnte das noch eine Menge Masken ergeben.

Der Zeitpunkt für eine Serienproduktion könnte eigentlich ganz passend sein. Denn wir wissen alle, dass es die Ruhe vor dem Sturm ist.

Alexandra Regner,
PTA und Jornalistin

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