Die Nachwirkungen von zu wenig Schlaf und zu viel Alkohol ähneln sich. Forscher fanden heraus, warum das so ist – und wie man es zum Vorteil von Menschen einsetzen kann.. © demaerre/ iStock / Getty Images Plus

Studie | Adenosin

WARUM HABEN SCHLAFMANGEL UND ZU VIEL BIER DIESELBEN AUSWIRKUNGEN?

Die Konzentration lässt nach, dafür nimmt die Müdigkeit zu: Das Phänomen kennt jeder, der entweder zu viel getrunken hat oder die Nacht durchgemacht hat. Über den Zusammenhang zwischen Schlafmangel und reichlich Alkoholgenuss lohnte es sich, eine Studie durchzuführen, fanden deutsche Forscher.

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Denn offenbar spielt zwischen beiden Effekten der körpereigene Botenstoff Adenosin eine Rolle. Je länger nämlich ein Mensch wach bleibt, desto mehr Adenosin sammelt sich im Gehirn – und das macht müde.

Warum nun vertragen einige Menschen sowohl Alkohol als auch Schlafmangel ganz gut, andere hingegen liegen schon bei wenig Müdigkeit und einem halben Glas Bier schachmatt in der Ecke? „Wir wollten herausfinden, ob zwischen beiden Phänomenen ein Zusammenhang besteht und haben dies in einem Kooperationsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und des Forschungszentrums Jülich untersucht“, fasst Eva-Maria Elmenhorst vom DLR zusammen. Ziel war es, Erkenntnisse zu gewinnen, die dabei helfen könnten, Unfälle zu vermeiden, die durch Übermüdung entstehen.

Die Forscher führten dazu mit 50 Probanden, die 38 Stunden nicht geschlafen hatten, einen zehnminütigen Reaktionstest durch. An einem anderen Tag nahmen die gleichen Studienteilnehmer dann ausgeschlafen eine individuell berechnete Menge Wodka zu sich, woraufhin wieder ihre Reaktionszeit ermittelt wurde.

Dabei zeigte sich: Wer unter Alkoholeinfluss beim Reaktionstest gut abgeschnitten hatte, dem konnte auch Schlafmangel wenig anhaben. Umgekehrt machte denjenigen Studienteilnehmern der wenige Schlaf besonders zu schaffen, die auch mit langen Reaktionszeiten auf Alkohol reagiert hatten. Ein Gegenversuch, bei dem die Probanden fünf Tage lang wenig schliefen, erbrachte ähnliche Ergebnisse.

„Es zeichnete sich somit ab, dass sowohl die Auffälligkeit für Alkohol als auch für Schlafentzug über einen gemeinsamen biochemischen Mechanismus gesteuert wurde“, sagt Co-Autor David Elmenhorst vom Forschungszentrum Jülich. Entscheidend dabei war der körpereigene Botenstoff Adenosin. Durch das Positronen-Emissions-Tomographie-Verfahren (PET) konnten die Wissenschaftler freiverfügbare Adenosin-Rezeptoren sichtbar machen. Bei sieben der Probanden konnten sie nachweisen, dass die Nervenzellen im Gehirn schon kurz nach Alkoholgenuss deutlich mehr Rezeptoren auf ihrer Oberfläche zur Verfügung stellten. Der Alkohol verstärkt dabei die ermüdende Wirkung des Adenosins – die individuellen Unterschiede in der Reaktion der Probanden sind dabei im Erbgut jedes einzelnen Menschen angelegt, erklärten die Forscher. „Das bestätigt unsere Annahme, dass die Anfälligkeit für Schlafmangel und Alkohol von Unterschieden im Adenosin-System abhängen“, erklärte Elmenhorst.

Praktische Bedeutung könnte die Studie nun erlangen, indem man Dienst- und Ruhezeiten etwa von Piloten oder Zugführern aus deren Veranlagung herleite und danach menschliches Versagen durch Übermüden verhindern könne. „Zusammen mit Partnern aus den USA arbeiten wir an Computermodellen, die für ein verbessertes Müdigkeits-Risiko-Management verwendet werden können“, so die Schlafforscher.

Alexandra Regner,
PTA/Redaktion

Quelle: www.wissenschaft.de

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