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Heilpflanzen

TYPISCHE WIESENPFLANZE

Die therapeutische Anwendung der Schafgarbe entspricht in etwa der der Kamille, weshalb der Korbblütler im Volksmund oftmals auch als Schwester der Kamille bezeichnet wird.

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Die Gemeine Schafgarbe (Achillea millefolium L. s.l.) ist eine sehr formenreiche Art, die nicht nur morphologisch, sondern auch chemisch und zytogenetisch vielgestaltig ist. Dies wird mit dem Namenszusatz s.l. (sensu latiore = im weiteren Sinne) verdeutlicht. Sie ist in Europa, Nord- und Vorderasien sowie Nordamerika weit verbreitet. Bei uns gedeiht die anspruchslose Pflanze vor allem auf Äckern, Wiesen, Weiden, an Bächen sowie auf Schuttplätzen und an Weg- und Straßenrändern.

Tausend Blätter Die Schafgarbe ist ein Korbblütler (Asteraceae), der sich mit seinem kriechenden Wurzelstock sehr schnell verbreitet. Aus dem Rhizom entwickelt sich im Frühjahr zuerst eine zarte Laubrosette, aus der wenig später ein zäher aufrechter Blütentrieb entspringt. Der behaarte Stängel wird etwa einen halben Meter hoch und trägt wechselständig zottig behaarte Blätter, die am unteren Teil des Stängels gestielt und weiter oben sitzend sind. Die länglich-schmalen, lanzettförmigen Blätter sind mehrfach fiederschnittig mit zahlreichen, sehr schmalen Fiedern. Dies erweckt den Eindruck von „tausend Blättern“, was auch der Artname millefolium (lat. mille = tausend, folium = Blatt) zum Ausdruck bringt.

Kleine Blütenköpfchen Endständig erscheinen zwischen Juni bis Oktober oben am stark verzweigten Stängel Doldenrispen, die aus mehreren Einzelblüten zusammengesetzt sind. Die einzelnen Blüten haben einen Durchmesser von fünf bis acht Millimetern und sind somit relativ klein. Es sind gewölbte Körbchen, die aus vier bis sechs weißen, rosafarbenen bis karminroten Zungenblüten und nur wenigen blassgelben Röhrenblüten bestehen.

Alte Heilpflanze Da die Pflanze gerne von Schafen gefressen wird, trägt sie den deutschen Namen Schafgarbe. Auch volkstümliche Bezeichnungen wie Schafzunge oder Schafrippl nehmen darauf Bezug. Der Wortteil „garbe“ verweist darüber hinaus auf die Heilkraft des Korbblütlers, denn es leitet sich vom althochdeutschen garawa = Heilende ab. Ihren Gattungsnamen Achillea erhielt die Asteraceae nach dem griechischen Helden Achilles, welcher der Sage nach während des Trojanischen Krieges eine Wunde des Telephos, dem König der Myser, erfolgreich mit der Schafgarbe geheilt haben soll. Damit spielt auch der botanische Name auf die heilende Potenz der Pflanze an.

Schwester der Kamille In der Antike (800 v. Chr. – 600 n. Chr.) war die Schafgarbe ein Symbol des Krieges, da die Pflanze als besonders heilsam bei Verwundungen durch eiserne Waffen galt. Auch Hildegard von Bingen (1098 – 1179) setzte Schafgarbe zur Wundheilung ein. Sie beschrieb sowohl eine äußerliche Behandlung in Form von Umschlägen als auch die innerliche Anwendung, bei der pulverisierte Schafgarbe in warmem Wasser oder Wein getrunken wurde. In der Volksmedizin ist das Korbblütengewächs seit langem nicht nur ein beliebtes Wundheilmittel, es wird wie die Kamille auch bei Magen-Darm-Gallestörungen, Magenverstimmungen und Appetitlosigkeit eingesetzt. Zudem gilt es als wirksam bei Hämorrhoidalblutungen sowie bei Menstruationsbeschwerden und wird zur Anregung der Nierentätigkeit verwendet. Noch heute wird Schafgarbe vielseitig gebraucht. Zur Anwendung kommen die getrockneten, blühenden Triebspitzen mit Blättern, Blüten und Stängeln (Millefolii herba – Schafgarbenkraut), deren Qualität im Europäischen Arzneibuch (Ph.Eur.) festgelegt ist.

Vielseitiges Wirkspektrum Die moderne Wissenschaft konnte inzwischen viele der seit langem gebräuchlichen Anwendungsgebiete der Schafgarbe bestätigen. Es wurden spasmolytische, antiphlogistische, karminative, cholagoge und antimikrobielle Wirkungen in verschiedenen Untersuchungen nachgewiesen. Für die Effekte spielt neben den Flavonoiden und Sesquiterpen-Bitterstoffen vor allem das ätherische Öl eine große Rolle, das mit 0,2 bis über ein Prozent im Schafgarbenkraut enthalten ist. Die Zusammensetzung des Öls ist in Abhängigkeit von der Unterart und vom Erntezeitpunkt sehr variabel. Insgesamt wurden über 100 Verbindungen identifiziert. Häufige Komponenten sind unter anderem 1,8-Cineol, alpha- und beta-Pinen, beta-Caryophyllen sowie Proazulene (Achillicin). Achillicin ist eine Vorstufe des Chamazulens, das bei Wasserdampfdestillation entsteht und dem Öl seine blaue Farbe verleiht.

Positiv monographiert Schafgarbe wird heute vor allem innerlich als Amarum bei Appetitlosigkeit und gastrointestinalen Beschwerden verwendet. Durch den Gehalt an Bitterstoffen ist es in der Lage, die Sekretion von Speichel im Mund und Verdauungssäften im Magen anzuregen. Zudem ergänzen das ätherische Öl und die Flavonoide mit ihrer spasmolytischen Wirkung den verdauungsfördernden Effekt, weshalb Schafgarbe ein bewährtes Mittel auch bei dyspeptischen Beschwerden wie leichten krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Bereich ist. Die antiphlogistischen und karminativen Proazulene sind dabei auch unterstützend wirksam. Äußerlich kann das Kraut bei schmerzhaften Krampfzuständen psychovegetativen Ursprungs im kleinen Becken der Frau in Form von Sitzbädern zur Anwendung kommen (siehe Indikationsgebiete der Kommission E und ESCOP). Die ESCOP empfiehlt Schafgarbenkraut außerdem zur Behandlung leichter Haut- und Schleimhautentzündungen.

Achtung Schafgarbendermatitis Als Korbblüter kann Schafgarbe aufgrund seines Sesquiterpenlacton-Gehaltes eine Kontaktallergie auslösen. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/17 ab Seite 32.

Gode Chlond, Apothekerin

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