© Beat Ernst, Basel

Heilpflanzen

SÜSSHOLZ – HEILSAM UND LECKER

Süßholz ist eine traditionsreiche Heilpflanze, die den Magen beruhigt und bei Atemwegserkrankungen hilft. Zudem ist die daraus hergestellte Lakritz eine beliebte Nascherei – original oder industriell hergestellt.

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Glycyrrhiza glabra L. ist eine mehrjährige Staude aus der Familie der Schmetterlingsblütengewächse , die eine kräftige Pfahlwurzel mit meterlangen Ausläufern besitzt. Die Pflanze wird bis zu zwei Meter hoch und bildet wechselständige, unpaarig gefiederte Laubblätter, die bis zu 20 Zentimeter lang und mit klebrigen Drüsenhaaren besetzt sind.

Aus den Blattachsen entspringen blasslila gefärbte Blütentrauben. Die Pflanze ist im südlichen Europa und Kleinasien beheimatet, wo beachtliche Wildvorkommen zu verzeichnen sind. Darüber hinaus wird sie in zahlreichen europäischen Ländern sowie in China und Russland für die Drogenherstellung kultiviert.

Seit alters her geschätzt Die Chinesen haben von der Heilkraft der Süßholzwurzel bereits vor circa 5000 Jahren gewusst. Und noch heute ist sie bei ihnen als gan cao bekannt und eines der Basiskräuter in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Auch nutzten bereits die alten Kulturen in Vorderasien und rund um das östliche Mittelmeer den Saft der Wurzel als Hustenmittel, bei Rachenentzündungen und zur Wundheilung.

Später empfahlen die mittelalterlichen Kräuterbücher Süßholz als Expektorans, Nieren- und Blasenmittel sowie bei Leber- und Magenleiden. Hildegard von Bingen zufolge hatte die Pflanze eine Wirkung auf die Psyche und stimmte den Menschen mild.

Süßholz raspeln Es werden ausschließlich die getrockneten Wurzeln mit ihren unterirdischen Ausläufern verwendet (Liquiritiae radix), aus denen der Süßholzsaft (Liquiritiae succus), auch als echte Lakritze bekannt, hergestellt wird. Dafür wird die zitronengelb gefärbte Wurzel durch Raspeln zerkleinert, mit Wasser mehrere Stunden lang ausgekocht und der so gewonnene braune Saft im Vakuum zu einer zähflüssigen Konsistenz eingedickt. Dieser wird anschließend in Formen gegossen oder zu Lakritzstangen gepresst.

Süße Wurzel
Wie schon der deutsche Name verrät, schmeckt die sie sehr süß, worauf auch der Gattungsname Glycyrrhiza, von griech. glykys = süß und rhiza = Wurzel Bezug nimmt. Begriffe wie Liquiritia und Lakritze sind lediglich Umwandlung des griechischen Namens. Der süße Geschmack ist auf das darin enthaltene Glycyrrhizin zurückzuführen, ein Triterpensaponin, das die 50-fache Süßkraft von Saccharose aufweist. Glycyrrhizin ist eine von 400 Substanzen, die bislang in der Süßholzwurzel ermittelt wurde. Daneben sind Flavonoide, Cumarine, Schleimstoffe und Spuren von ätherischem Öl enthalten.

Davon zu unterscheiden sind die daraus hergestellten „verführerischen“ Lakritzprodukte der Süßwarenindustrie. Sie sind ein Gemisch aus dem eingedickten Süßholzsaft mit Zucker, Mehl, Stärke, Gelatine sowie Geruchs- und Geschmacksstoffen. In Skandinavien wird meist noch Ammoniumchlorid (Salmiak) beigemischt. Und auch bei uns fehlen in keiner norddeutschen Apotheke Salmiakpastillen, die aus einem mit Ammoniumchlorid und Anisöl versetzten Süßholzwurzelextrakt bestehen.

Pflanze mit Potenzial Auf das Glycyrrhizin werden auch die schleimlösenden, auswurffördernden, entzündungshemmenden und krampflösenden Eigenschaften der Heilpflanze zurückgeführt. Darüber hinaus hemmt es das Wachstum von Helicobacter pylori, der bei der Entstehung von Magengeschwüren eine Rolle spielt. Daher wird die Süßholzwurzel gemäß der Indikationsangaben der Kommission E bei Katarrhen der oberen Luftwege und bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren in Form von Fertigarzneimitteln und zahlreichen Teemischungen eingesetzt.

Zudem ist es Bestandteil abführender Teemischungen, da Süßholzwurzeln aufgrund der Oberflächenaktivität des Glycyrrhizins den Darminhalt besser benetzen und damit die Wirkung von Anthrachinondrogen verstärken können. In Studien lassen sich zudem antivirale Effekte nachweisen. Neuste Untersuchungen deuten noch auf eine blutzuckersenkende Wirkung der Pflanze hin, für die eine neu entdeckte Wirkstoffklasse, die Amorfrutine, verantwortlich sein soll.

Nur in Maßen genießen Glycyrrhizin hat auch mineralkortikoide Effekte, die bei längerer Anwendung und höherer Dosierung (mehr als 15 Gramm Droge oder 600 Milligramm Glycyrrhizin täglich) zu unerwünschten Wirkungen führen (Pseudo-Hyperaldosteronismus). Dabei kommt es aufgrund einer Natriumretention und einem gesteigerten Verlust von Kaliumionen zur Ödembildung und Blutdrucksteigerung.

Daher sollte die Anwendung von Zubereitungen aus Süßholzwurzel ohne ärztlichen Rat nicht länger als vier bis sechs Wochen erfolgen. Ebenso ist der übermäßige Genuss von Lakritz gefährlich. Produkte mit mehr als 200 Milligramm Glycyrrhizin pro 100 Gramm Lakritz müssen als „Starklakritz“ mit der Angabe einer Höchstverzehrmenge von 10 Gramm pro Tag deklariert sein.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/13 ab Seite 32.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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