Sildenafil kann die Wanderung von Blutstammzellen aus dem Knochenmark ins Blut fördern. © nito100 / iStock / Getty Images Plus

Forschungserfolg | Leukämietherapie

STAMMZELLEN SPRECHEN AUF VIAGRA® AN

Es wird mit Hochdruck geforscht: Wie kann man blutbildende Zellen auf schonende und einfache Weise gewinnen, um das Leben von Leukämie-Kranken zu retten? Hilfe kommt aus unerwarteter Richtung: Sollte Viagra® die Lösung des Problems darstellen?

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Das Medikament Viagra® hat bereits eine steile Karriere hingelegt: Einst gegen Bluthochdruck entwickelt, half der Wirkstoff Sildenafil auch gegen Erektionsstörungen und wird heute bei lungenkranken Frühchen eingesetzt oder um Bergsteiger vor der Höhenkrankheit zu schützen. Durch seine gefäßerweiternde Wirkung kann das Medikament aber offenbar auch die Wanderung von Blutstammzellen aus dem Knochenmark ins Blut fördern – was eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, um diese blutbildenden Zellen überhaupt erst gewinnen zu können.

Denn oft ist heutzutage keine Knochenmark-Entnahme beim Spender mehr nötig. Die Stammzellen werden vielmehr aus dessen Blut entnommen; dafür wird ihm vier bis sechs Tage ein Faktor gespritzt, der Granulozyten stimuliert und der bewirkt, dass sich die Blutstammzellen aus dem Knochenmark lösen und ins Blut weiterwandern.

Die Nachteile des Verfahrens: Unangenehme Nebenwirkungen, hohe Kosten und Langwierigkeit der Prozedur. Stephanie Smith-Berdan von der University of Santa Cruz und ihre Kollegen kamen nun darauf, das Potenzmittel mit seiner gefäßerweiternden Funktion zu testen. Dazu kombinierten sie es mit dem Wirkstoff Plerixafor. Das Medikament ist ebenfalls in der Lage, Stammzellen zur Einwanderung ins Blut anzuregen. Allerdings ist es nicht besonders effektiv, wenn es allein verabreicht wird. In Kombination mit Sildenafil zeigte sich: Nach einer einmaligen Einnahme beider Präparate hatten Mäuse rund 2500 Stammzellen mehr im Blut – das entsprach einem Anstieg um das 7,5-fache. Ein weiterer Pluspunkt: Die ganze Prozedur dauerte lediglich zwei Stunden. „Unsere Ergebnisse zeigen ein attraktives, eintägiges Behandlungsregime mit bereits zugelassenen Medikamenten auf“, konstatieren Smith-Berda und ihr Team. Die Forscher hoffen nun, dass die schnelle und unkomplizierte Behandlung in Zukunft mehr Menschen zur Stammzellspende motiviert. „Damit könnte die Zahl der Patienten, die von einer Knochenmarkspende profitieren, signifikant steigen“, sagt Smith-Berdans Kollegin Camilla Forsberg.

Das könnte dann auch eine gute Nachricht für all die Menschen sein, die an Sichelzellenanämie leiden. Da sie den Granulozyten-Wachstumsfaktor nicht vertragen, könnten sie geheilt werden, indem ihre Blutstammzellen entnommen, genetisch verändert und anschließend wieder transplantiert würden. Um eine solche Therapie anzuwenden, müssten die Stammzellen dieser Patienten aber auch ohne Komplikationen entnommen werden können. Dieser Forschungszweig ist auch deshalb sehr vielversprechend, da die beiden Medikamente in Europa und den USA bereits zugelassen sind.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: www.wissenschaft.de

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