Ein Mann verzieht das Gesicht während er in der einen Hand ein Glas Wasser und in der anderen eine Tablette hält.
Für manche Menschen löst allein der Anblick einer Tablette einen Würgereiz aus. © CarlosDavid.org / iStock / Getty Images Plus

Beratung

SIEBEN TIPPS FÜRS TABLETTENSCHLUCKEN

Sie kennen es sicherlich aus der Praxis: „Nein, nicht diese Firma! Die Tabletten kann ich nicht schlucken.“ Manchmal kann man ausweichen, bei vielen Arzneimitteln ist es aber aufgrund der verordneten Wirkstoffmenge nicht möglich, kleinere Kapseln oder Tabletten herzustellen. Das kann die Compliance erheblich gefährden.

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Eine Umfrage der Baden-Württembergischen Hausarztpraxen aus dem Jahr 2011 brachte ein erstaunliches Ergebnis zu Tage: Mehr als ein Drittel der Patienten hatten Probleme beim Schlucken von Tabletten oder Kapseln. Sind die Schleimhäute trocken, können die festen Arzneiformen im Rachen kleben bleiben, bei manchen Menschen löst bereits der Anblick Würge- oder Brechreiz aus – was also empfehlen?

Grundsätzliches erklären
Auch wenn es für pharmazeutisches Fachpersonal häufig so offensichtlich ist, dass es nicht angesprochen wird, gilt das nicht für den Patienten: Feste Arzneiformen wie Tabletten oder Kapseln sollten immer in aufrechter Haltung mit ausreichend Flüssigkeit aufgenommen werden. Das bedeutet: kein Schnapsglas, sondern ein kleines Bierglas voll. Um mögliche Interaktionen zu vermeiden, immer kühles Leitungswasser verwenden und von Säften, Softgetränken, Tee, Kaffee, Alkoholika oder Mineralwasser abraten.

Pop-Bottle-Trick
Mit Hilfe einer flexiblen Plastikflasche rutscht die Sache: Tablette auf die Zunge legen und Wasserflaschenöffnung fest mit den Lippen umschließen (die Öffnung darf nicht zu eng sein). Einen kräftigen Schluck einsaugen, wobei sich die Flasche etwas eindrückt, den Kopf dabei leicht nach hinten geneigt und Wasser sofort schlucken. Die Tablette folgt dem Zug und rauscht mit der Flüssigkeit immer der Schwerkraft folgend zum Zungengrund.

Kapsel-Nick-Trick
Ein Glas voll Wasser in der einen Hand, die Kapsel in der anderen Hand – so startet man. Dann die Kapsel in den Mund legen, einen Schluck Wasser hinterher, beides im Mund behalten. Den Kopf nun leicht Richtung Brust neigen. Dabei schwimmt die Kapsel Richtung Rachen und kann leichter geschluckt werden. Restliches Wasser mit aufgerichtetem Haupt schlucken.

Gleithilfen
Ja, auch für Tabletten gibt es Hilfsmittel. Während Kapseln, Dragees oder Filmtabletten häufig trotz ihrer Größe leichter geschluckt werden können, weil sie über einen Überzug verfügen, fällt das Schlucken einer nicht überzogenen Tablette häufig schwerer. Einzelne Firmen haben daher eine Art „mobilen Tablettenüberzug“ entwickelt: Man steckt das Medikament durch eine Öffnung. Sie wird dadurch mit einem feinen, unter Umständen aromatisierten Überzug versehen, der das Schlucken erleichtern soll. Aufgrund der Kosten stellt diese Methode wohl weniger eine Alternative für den Chroniker dar, jedoch für die kurzzeitige Einnahme eines Antibiotikums oder Schmerzmittels.

Mit Mus läuft`s
Gerade Menschen, die unter Dysphagie – Schluckstörungen – leiden, fällt es leichter, Tabletten zusammen mit einem Löffel Joghurt oder Apfelmus einzunehmen. Das kann auch durchaus empfohlen werden. Zumindest, wenn kein Interaktionspotenzial besteht. In manchen Fällen hilft es auch, bittere oder saure Lebensmittel zuvor zu sich zu nehmen, da sie den Speichelfluss anregen und so das Anhaften der Tabletten im Rachen oder der Speiseröhre verhindern.

Vorsicht beim Zerteilen
Viele Menschen zerteilen ihre Tabletten, um das Schlucken zu vereinfachen – bei Tabletten mit modifizierter Wirkstofffreisetzung kann dies unter Umständen lebensgefährlich werden. Zum Beispiel wenn statt einer konstanten Blutdrucksenkung über zwölf Stunden ein plötzlicher Blutdruckabfall erfolgt, da der retardierte Überzug durch das Teilen zerstört wurde. Sagen Sie daher – vor allem bei der Erstabgabe – dazu, ob die Tablette geteilt werden darf oder nicht.

Wenn alles nicht hilft
Doch manchmal klappt es trotz aller Tipps nicht. Dann hilft auch nicht: Augen zu und durch. Denn die Compliance leidet letztlich unter der erschwerten Einnahme. In vielen Fällen existieren die Wirkstoffe auch in flüssiger Form, als Suspension oder Pulver zum Einrühren in Essen oder Auflösen in Wasser. Auch kann eine Kapsel unter Umständen geöffnet werden und der Inhalt ohne Hülle eingenommen werden. Hier ist pharmazeutisches Know-How gefragt - und halten Sie am besten Rücksprache mit dem behandelnden Arzt.

Farina Haase,
Apothekerin/Online-Redaktion

Quelle: dpa

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