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PKA-Fortbildung 09 - 10/13

SICHERHEIT

Jeder Mitarbeiter hat Anspruch auf einen gesunden und sicheren Arbeitsplatz. In der Apotheke trägt die Apothekenleitung die Verantwortung hierfür. PKA können Verbesserungsvorschläge liefern und Laienersthelfer werden.

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Ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit kann für ein vergleichsweise kleines Unternehmen – wie Apotheken es im Regelfall sind – schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben. Hier wird sofort an Tätigkeiten mit Gefahrstoffen oder den Umgang mit brennbaren oder verätzenden Flüssigkeiten gedacht. Dabei erstreckt sich Arbeitsschutz auch auf die allgemeinen Unfallgefahren im Alltag, etwa physische Belastung durch langes Stehen in der Offzin, Stress, psychische Belastung, Hautschutz oder das Risiko einer Virusinfektion bei der Durchführung von Blutuntersuchungen.

Die Berufsgenossenschaft Im Sozialgesetzbuch VII ist festgeschrieben, dass jeder Unternehmer zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz verpflichtet ist. Folge ist, dass jeder Unternehmer Mitglied in der für ihn zuständigen Berufsgenossenschaft zu sein hat.

Für Apotheken ist die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtsp&ege (BGW) als öffentlich-rechtlicher Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig. Die Apothekenleitung zahlt an sie regelmäßige Pflichtbeiträge, um die private Einzelhaftung der Apotheke durch die Solidarhaftung der Berufsgenossenschaft zu ersetzen. Deren vorrangige Aufgabe ist

  • die Verhütung, also Prävention von Arbeitunfällen, Berufskrankheiten oder anderen arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren,
  • im Schadensfall für optimale medizinische Behandlung sowie eine angemessene Entschädigung des Opfers zu sorgen, und
  • Rehabilitations-, also Wiedereingliederungsleistungen zu erbringen, um den Opfern zu helfen ins Arbeits- und Privatleben zurückzufinden.

Jede Verletzung im Betrieb, jeder Unfall, der mit der Beschädigung in der Apotheke im Zusammenhang steht, also auch auf dem Weg zur Arbeit oder zur Ausbildungsstätte, auf Botengängen, muss deshalb sofort der Apothekenleitung gemeldet werden. Diese hat jeden Unfall – selbst wenn dieser im ersten Moment als banal und harmlos erscheint – der Berufsgenossenschaft anzuzeigen. Nur dann bestehen Ansprüche, falls der Unfall sich nachträglich doch noch als schwerwiegender herausstellt als im ersten Moment gedacht.

Umgekehrt ist die Apothekenleitung nach den Unfallverhütungsvorschri ften der BGW verppflichtet, alle Maßnahmen zu ergreifen, um optimalen Arbeitsschutz im Betrieb zu organisieren, die Gefährdungen zu beurteilen und Arbeitsunfälle auszuschließen. Eine gute Gefährdungsbeurteilung bietet zudem eine hervorragende Möglichkeit, zur Qualitätssicherung in der Apotheke beizutragen, Arbeitsabläufe zu verbessern und dadurch wirtschaftlicher zu arbeiten.

Die Gefährdungsbeurteilung Wie aber werden konkret Gefährdungen von Gesundheit und Sicherheit in der Apotheke festgestellt? Die Broschüre „BGWcheck – Gefährdungsbeurteilung in Apotheken“ enthält praktische, auf die Apotheke zugeschnittene Arbeitsblätter, die hier gute Hilfestellung bieten. Zunächst werden die vielen verschiedenen Arbeitsbereiche festgelegt und beschrieben, anschließend mögliche Gefährdungen ermittelt. Im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) stehen wesentliche Sicherheitsbestimmungen, die einzuhalten sind.

Hinzu kommen die berufsgenossenschaftlichen Vorschriften, aber auch etwa die Arbeitsstätten-, Bildschirmarbeitsplatz-, Lastenhandhabungs-, Gefahrstoff-, die Biostoff- und die Betriebssicherheits- sowie Medizinproduktebetreiberverordnung (bei Verleih von Babywaagen, Milchpumpen, medizinischen Messgeräten). Auch Mitarbeiterbefragungen und Begehungen sowie allgemeine Erfahrungswerte bieten wichtige Anhaltspunkte.

Anschließend sind die Gefährdungen zu beurteilen, die Risiken also abzuschätzen. Handelt es sich um akzeptable, allgemeine Lebensrisiken (Risikoklasse 1, Beispiel: In der Offzin könnte man sich durch den vielen Kundenbesuch mit Erkältungsviren anstecken) oder langfristig nicht tolerable Risiken (Risikoklasse 2, Beispiel: Inhaltsstoffe von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln können hautschädigend und -sensibilisierend wirken)? Sofort zu beheben sind nicht akzeptable Risiken (Risikoklasse 3, Beispiel: Gefahr von Stromunfällen durch beschädigte elektrische Geräte oder eine aus der Wand hängende Steckdose).

Risikoklasse 2- und 3-Fälle gilt es in einem angemessenen Zeitrahmen mit klarem Endziel zu beheben. Die hierfür notwendigen Maßnahmen können technischer Natur (Beispiel: Beseitigung der Gefahrenquelle, Ersatz durch ungefährlicheres Produkt, Sicherheitsschrank), organisatorischer Natur (Beispiel: Rauchverbot zur Verhinderung von Brand und Explosion) oder Personen- und Verhaltensbezogen (Beispielsweise: Schutzausrüstung, Hygienemaßnahmen) sein.

Der Merksatz von Arbeitsexperten „T–O–P = erst technisch (T) – dann organisatorisch (O) – dann personen- beziehungsweise verhaltensbezogen (P)“ ist ein praktischer Leitfaden, um einen optimal wirksamen Schutz zu erreichen. Wichtig ist, dass die Arbeitsschutzmaßnahmen nicht übergestülpt, sondern erklärt und vom Team akzeptiert sowie angewendet werden. Die Maßnahmen sollen und müssen sich in der Praxis schließlich bewähren.

BGW BIETET HILFESTELLUNG
Auf der Homepage der Berufsgenossenschaft  für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege  (BGW) www.bgw-online.de finden sich, wenn im  Menü „Branchen“ die „Pharmazie“ ausgewählt  wird, zahlreiche Broschüren und Arbeitshilfen, welche die Apotheke bei der Wahrnehmung des  Arbeitsschutzes unterstützen. Viele sind auch kostenlos als pdf herunterladbar. Beispiele:
+ BGW kompakt – Angebote, Informationen, Leistungen für Unternehmer in der Pharmazie, speziell Apotheken
+ Gefährdungsbeurteilung in Apotheken (Überblick über „kritische Stellen“ in der Apotheke in puncto Arbeitssicherheit)
+ Hautschutz- und Händehygieneplan für Apotheken
+ Vorsicht Stufe (Hinweise zur Vorbeugung von Sturz- und Stolperunfällen)
+ Achtung Allergiegefahr (Übersicht über verträgliche Einmalhandschuhe)
+ Abfallentsorgung: Informationen zur sicheren Entsorgung von Abfällen im Gesundheitsdienst
+ Unfallverhütungsvorschrift (BGV A1)
+ Grundsätze der Prävention (BGR A1)

Schri€lftiche Dokumentation ist hierbei Pflicht, wobei es heutzutage sinnvoll ist, die Gefährdungsbeurteilung etc. ins Qualitätsmanagementsystem (QMS) der Apotheke einzubinden. Die Integration des Arbeitsschutzes in das betriebliche Qualitätsmanagement nach den Kriterien der Berufsgenossenscha € für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), die hierfür „BGWqu.int.as“ entwickelt hat, darf mittlerweile auch von einigen Landesapothekerkammern zertifiziert werden. Eingebunden ins Qualitätsmanagement soll „qu. int.as“ entscheidend dazu beitragen, die Gesundheit der Beschäft€igen zu fördern und so die Leistungsqualität und Wettbewerbsfähigkeit von Apotheken zu steigern.

Gelebte Praxis Rettungswege und Notausgänge müssen deutlich und dauerhaft€ gekennzeichnet und selbst bei Stromausfall und Dunkelheit zu finden sein. Wege, Türen, Treppen dürfen nicht durch Waren oder Kartons versperrt werden, der Fußboden muss frei von Stolperstellen und rutschfest sein. Leitern müssen einwandfrei beschaffen und gegen Abrutschen gesichert sein. Alle Arbeitsmittel müssen sicher und geprüft€ sein. Als Arbeitnehmer haben Frisur und Arbeitskleidung zweckmäßig und der Tätigkeit unter Sicherheitsaspekten angepasst zu sein. Es können täglich neue Quellen au€ftauchen, an die bisher noch nicht gedacht wurde.

Jeder neue Arbeitsablauf, jedes neu angeschafte Gerät, jeder neue Arbeits- oder Gefahrstoff kann neue Gefährdungen bedingen. Als PKA sind Sie verpflichtet, sich auch aktiv am Arbeits- und Gesundheitsschutz zu beteiligen. Es gilt: Bei Antritt einer neuen Stelle, sonst ein Mal jährlich, sollten die Mitarbeiter über mögliche Gefahren und entsprechende Schutzmaßnahmen unterrichtet werden und dies schrift€lich mit Datum und Unterschri€ durch Arbeitgeber und -nehmer dokumentieren.

Notfall und Erste Hilfe Die wichtigsten Unfallverhütungsvorschrift en sowie Maßnahmen für die Erste Hilfe müssen für alle Mitarbeiter zugänglich an sichtbarer Stelle in der Apotheke ausgehängt beziehungsweise ausgelegt werden. Inhalt der Unfallverhütungsvorschri€ften sind dabei Sicherheitsbestimmungen für die Betriebsräume, deren Ausstattung, den Umgang mit Geräten, Maschinen oder gefährlichen Materialien. Im Notfallplan sind schri€ftlich Notrufnummern, Telefonnummer von Durchgangs- beziehungsweise Unfallarzt (bei Arbeitsunfall), Telefonnummer des zuständigen Krankenhauses, Aufbewahrungsort für Erste-Hilfe-Material sowie Namen der ausgebildeten Ersthelfer festzuhalten.

PKA sollten über den berufsbezogenen Arbeitsschutz- und die Unfallverhütungsvorschri€ften Bescheid wissen und sie auch anwenden können. Die Apothekenleitung hat dafür zu sorgen, dass bei einer Betriebsgröße von bis zu 20 anwesenden Mitarbeitern mindestens ein ausgebildeter Ersthelfer anwesend ist. Ist die Apotheke sogar größer, ist ein Ersthelferanteil von fünf Prozent vorgeschrieben.

ZUSATZ-INFORMATIONEN
Informationen zur Erste-Hilfe-Ausbildung 
Eine PKA kann mit der Ausbildung zum Ersthelfer sich somit eine wertvolle Zusatzqualifikation erwerben. Diese Ersthelfer-Ausbildung erfolgt an von der Berufsgenossenschaft anerkannten oder dazu ermächtigten Stellen wie Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Johanniter Unfall Hilfe (JUH) oder Malteser Hilfsdienst (MHD). Die Ausbildung geht inhaltlich über den bekannten Erste-Hilfe-Kurs für Führerscheinbewerber hinaus. Alle zwei Jahre ist eine Wiederauffrischung, also Fortbildung vorgeschrieben.

Primäraufgabe ist, Erste Hilfe bei verletzen Kollegen durchzuführen sowie den Erste-Hilfe-Kasten regelmäßig zu kontrollieren und aufzufüllen. Angst vor Fehlern braucht dabei niemand zu haben: Selbst wenn Fehler bei der Hilfeleistung unterlaufen, wird keiner hierfür zur Rechenschaft gezogen. Nur vorsätzlich unterlassene Hilfeleistung ist strafbar. Um korrekt handeln zu können, sollten allerdings alle Erste-Hilfe-Maßnahmen praktisch gut geübt und der Mut zur Hilfeleistung vorhanden sein. Schließlich sind für viele Folgeschäden eines Unfalls die Maßnahmen, die in den ersten Minuten als lebensrettende Sofortmaßnahmen getroffen werden, entscheidend.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/13 ab Seite 112.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin

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